Kino: Man of Steel
Gregor Schenker - Diese Woche kommt der neue Superman-Film in die Schweizer Kinos. Robert Salzer und Gregor Schenker haben sich „Man of Steel“ angesehen und fetzen sich nun auf Students.ch wie Superman und General Zod in Metropolis. Ein Kampf auf Leben und Tod!
Supergregor: Ganz genau, du Schrecken aller Witwen. Nur damit du es weisst: Wer gegen Man of Steel ist, der ist auch gegen Jesus!
General Robert: Ganz genau, du kleiner Gutmensch. Das ist aber kein Argument für den Film. Wenn ich in die Kirche gehe, weiss ich, worauf ich mich einlasse. Wenn ich ins Kino gehe und Superman auf dem Plakat steht, erwarte ich sicher nicht Jesus!
Supergregor: Das zeigt nur, dass du nichts über Superman weisst. Schon seine Schöpfer gaben ihm damals, im Jahre 1938, Elemente christlicher Mythologie mit. Denn immerhin kommt er vom Himmel auf die Erde, hat übermenschliche Kräfte und bekämpft das Böse auf der Welt.
Die Filmemacher tun nichts weiter, als das Göttliche an Superman auf die Spitze zu treiben. Sie machen ihn zum Jesus unserer Zeit. So vollbringt er in Man of Steel sein erstes Wunder, als er (selbst noch ein Junge) eine Busladung Kinder vor dem Ertrinken rettet. Eine der Mütter führt das logischerweise auf göttliche Einflussnahme zurück.
General Robert: Und man kann weitere solche Wundertaten bewundern, während Clark Kent aufwächst. Ob ein Wirbelsturm übers Land fegt oder eine Bohrinsel Feuer fängt – er ist immer grad zur Stelle, wenn es Menschen zu retten gibt. Die einen verehren ihn für sein Tun, die anderen fürchten ihn, wie es schon bei Jesus war.
Und natürlich wächst Superman in einer Bilderbuchfamilie auf. Die Mutter möchte man herzen, sobald sie die Leinwand betritt, und der Vater ist genau so aufrecht und liebevoll, wie man ihn sich als Kind immer gewünscht hat. Was für ein widerlicher Kitsch! Die beiden ziehen ihn auf wie ihren eigenen Sohn, aber irgendwann findet Clark heraus, dass er eigentlich einen himmlischen Vater hat. Wie Jesus. Halleluja.
Supergregor: Und es geht weiter mit den Parallelen: Jesus war 33 Jahre alt, als er am Kreuz starb. Genau so alt ist Clark, als er sich der Welt offenbart. Das heisst, als ihn höhere Mächte dazu zwingen, sich zu offenbaren.
General Robert: Hier kommt General Zod ins Spiel. Aber dafür müssen wir kurz zurück zum Anfang von Man of Steel, der sich auf dem fernen Planeten Krypton abspielt. Supermans Eltern schicken ihren Sohn in einem Weltraum-Binsenkästchen (wie Moses auf dem Nil) in Richtung Erde. Krypton ist nämlich dem Untergang geweiht. General Zod rebelliert gegen die Herrscher, die angesichts des Weltunterganges untätig bleiben, und wird dafür mitsamt Gefolge in die Phantomzone, eine Art Schwarzes Loch, verbannt. (Zu Unrecht, finde ich.) Genau diesees Schwarze Loch rettet den Rebellen jedoch das Leben. Nach der Zerstörung des Planeten kommen sie frei und machen sich auf die Suche nach Superman, denn er trägt einen Code in sich, mit dem man Krypton wieder auferstehen lassen kann. Als sie ihn auf der Erde aufspüren, stellt General Zod den Menschen ein Ultimatum: Liefern sie ihm Superman nicht aus, löscht er sie alle aus. Der fackelt nicht lange, sehr bewunderswert.
Supergregor: Clark hadert mit sich selbst. Soll er sich verstecken, wie es ihm sein Vater beigebracht hat, oder sich stellen? Soll er sich den Kryptoniern anschliessen oder die Menschheit verteidigen, für die er ein Aussenseiter ist?
General Robert: In dieser schwierigen Situation geht er in die Kirche und sucht Rat bei einem katholischen Priester. Typisch für so einen Schwächling.
Supergregor: Und während er mit dem Priester spricht, sieht man hinter Clark ein Kirchenfenster mit Jesus. Da wird es einem im Kino ganz warm ums Herz.
Clark ringt sich schliesslich dazu durch, sich als Superman zu offenbaren, und arbeitet mit dem US-Militär zusammen. Denn er ist nicht nur Jesus, er ist auch ein guter Amerikaner. Er ist der american Jesus. Darum trägt er auch einen blauen Anzug und ein rotes Cape. *salutier*
Was folgt, ist eine gewaltige Konfrontation zwischen Superman und den kryptonischen Rebellen.
General Robert: Soll heissen, zwischen dem Vertreter amerikanischer Werte und christlicher Moral einerseits und gottlosen Materialisten andererseits. Zods rechte Hand sagt einmal zu Superman: „Du bist an eine Moral gebunden, wir aber nicht. Das gibt uns einen evolutinären Vorteil. Und die Geschichte lehrt uns, dass die Evolution immer gewinnt.“
Man of Steel ist nicht nur ein christlicher Film, er betreibt Propaganda für den Kreationismus.
Supergregor: General Zod hat ja nicht nur die Evolution auf seiner Seite (*spuck*), sondern auch eine überlegene Technologie. Zudem entwickeln er und seine Handlanger mit der Zeit dieselben Kräfte wie unser Held. Der Mann aus Stahl hat es nicht leicht. Wenn sich diese Titanen schliesslich im Kampf Mann gegen Mann messen, fährt der Film ein Actionspektakel auf, gegen das selbst The Avengers alt aussieht.
General Robert: Das Spektakel wird aber schnell langweilig. Nachdem Zod Superman das dritte Mal durch eine Hauswand geschleudert hat, hat man es langsam mal gesehen. Ist ein bisschen Abwechslung zu viel verlangt? Die inzwischen obligatorischen Anleihen an 9/11 entlocken mir auch nur ein Gähnen.
Supergregor: Superman würde nicht schon seit 75 Jahren durch Hauswände krachen, wenn das langweilig wäre. Ausserdem war die Zerstörungsorgie noch nie so grandios überkanditelt wie im Finale von Man of Steel.
General Robert: Dieses Finale verdient seinen Namen nicht, da wie bei jedem Superheldenfilm eh klar ist, wer gewinnt.
Supergregor: Nur ein Bösewicht würde sich daran stören, dass das Gute gewinnt.
General Robert: Ausserdem wirkt die Action nicht, weil viele Einstellungen grausam verwackelt sind oder die Kamera immer wieder reinzoomt. Das ist lästig.
Supergregor: Ich gebe zu, wenn es eine Sache an dem Film gibt, die ich nicht verteidigen kann, dann sind es die Zooms in den Actionszenen. Egal, ob ein Raumschiff auf der Erde landet, ob Superman herumfliegt oder sonst irgendwas passiert – überall hat's Zooms. Zooms, Zooms und nochmal Zooms. Mir ist davon ganz schlecht geworden.
General Robert: Moment mal ... heisst das, Zooms sind dein Kryptonit?
Supergregor: Was? Nein ... äh ... überhaupt nicht.
General Robert: *nimmt mehrere Videokameras hervor und zoomt damit auf Gregor*
Supergregor: NEEEIIIIN! *stürzt geschwächt über die Brüstung und landet in einem See aus Lava*
General Robert: Dieses Mal gewinnt das Böse! MUAHAHAHA!
- Titel: Man of Steel
- Land: USA
- Regie: Zack Snyder
- Drehbuch: David S. Goyer
- Darsteller: Henry Cavill, Michael Shannon, Amy Adams, Russell Crowe
- Verleih: Warner Bros.
- Start: 20. Juni 2013