Die Nachtigall hört ich sogar im Traum!
Annekatrin Kaps - Die Männerstimmen in Knickerbockers und Fünfziger Jahre Chic und Larynx klassisch schwarz gekleidet – nicht nur optisch war der zweite Chorgesangsabend beim Stimmenfestival in Kaiseraugst voller starker Kontraste.
Ob ahnungsvoll schwebend wie bei Schuberts Hymne, schwermütig bis verhalten fröhlich mit sonoren Bässen bei Chesnokovs Spaseniye soledal oder mit der dezent dissonanten Polyphonie des Bündner Gion Antoni Derungs, schon im geistlichen Teil überzeugten sie durch eine beindruckende musikalische Bandbreite. Ganz zu schweigen von Zikr, einem von einer orientalischen Gitarre und Djembè begleiteten Wechselgesang, dessen spannungsvoller Rhythmus von Allah-Rufen zusätzlich befeuert wurde.
Noch mehr Applaus gab es für das ursprüngliche Auftragswerk einer estnischen Segelregatta. Satte Bassklänge, von den Tenorstimmen hell überlagert, brummende Motorengeräusche, Möwengekreische und eine das Rennen moderierende Sprechgesangsstimme sorgten für Lachsalven und begeisterte Bravorufe.
Mit dem Pseudo Yoik, einer Art stampfenden Tanz von Alt und Jung imitierenden finnischen Sommermärchen, setzen die Männerstimmen musikalisch noch eins drauf. Den krönenden Abschluss bildete eine rührselige Schweizer Zugabe, bei denen die Sänger alle musikalischen Register zogen, knödelnde Tenöre inklusive. Das Publikum war hingerissen und applaudierte stehend.
Den zweiten Teil des lauen Sommerabends bestritt das Vokalensemble Larynx, die für witzige und eigenwillige klassischen Interpretationen in Basel bestens bekannt sind. Das zehnköpfige Ensemble begann mit Max Regers Der Mond ist aufgegangen und gewann mit den zarten Frauenstimmen, gestützt von den sparsam begleitenden Männern dem sattsam bekannten Lied eine verzauberte Interpretation ab.
Feinstes Pianissimo, schwelgerische Bassstimmen, und sehnsuchtsvolle Tenöre fingen nicht nur In stiller Nacht subtilste Nuancen Ton für Ton ein. An einigen Stellen überdeckte zwar ein zu ausgeprägtes Soprantremolo die warmen Altstimmen. Doch die verhaltene Dynamik und verheissungsvollen Aufbrüche faszinierten die mucksmäuschenstill lauschenden Zuhörer. Nicht zu vergessen den poetischen Text von Peter Cornelius, dessen Der Tod, das ist die kühle Nacht, verhalten dissonant vertont, zum niederknien schön gesungen wurde.
Der dramatisch rot beleuchteten Treppenstufen des römischen Amphitheaters hätte es zur Illustration ebenso wenig wie die kitschig blauen und pinken Lichter bedurft. Einzig die filigran beleuchteten Bäume oberhalb des Theaters ergänzten passend die leicht sentimentale Stimmung. Der Reigen der Abendlieder schloss mit Rheinbergers Komposition, den aussergewöhnlich präsenten und sinnlichen Interpretationen hätte man trotz Zugabe gern weiter gelauscht. So klingt Romantik heute.