Skandinavische Psychedelik trifft bizarren Folk
Annekatrin Kaps - Mit Stimmengewalt pur und faszinierenden Songs traten Petter Carlsen und Olivia Pedroli zum Stimmenfestival im Rosenfelspark auf. Trotzdem könnten die Schweiz und Norwegen musikalisch kaum unterschiedlicher sein.
Doch von dem Horrortrip liessen sich die Norweger nicht aus der Ruhe bringen, selbstvergessen steht Carlson hinter seiner rotglänzenden Ersatzgitarre, die er eigentlich gar nicht gebraucht hätte. Nicht mit dieser rufenden, schmelzenden Stimme, die mühelos den Park füllt. Die über den klopfenden Drums und den fast unwirklich schönen Melodien schwebt und bei From the outside eben auch das Innere hörbar macht.
Auch Christians Wibe am Bass wirkt wie der nette Nachbarsjunge von nebenan und spielt mit konzentrierter Entrücktheit. An den Drums sitzt Welte Holte bei einigen Songs sogar mit dem Rücken zum Publikum. Das ist beim Auftakt der Rosenfelspark-Konzerte zwar recht übersichtlich verteilt, aber sichtlich angetan. Und goutiert die verhaltene Tristesse und träumerische Intensität der Stücke mit begeistertem Applaus.
Norwegische Melancholie und britische Coolness gehen eine faszinierende Mischung ein, der man sich nicht entziehen mag. Ein Vibraphon steuert mit heller Leichtigkeit gegen den immer dezent durchscheinenden Weltschmerz. Der von Petter Carlson mit traumwandlerischer Sicherheit auch gern in höchsten Tenorlagen unaufgeregt besungen wird. Die skandinavische Antwort auf Sting, gemixt mit New Wave - im Rosenfelspark war sie nicht zu überhören.
Das gilt ebenso für die Stimme von Olivia Pedroli. Komplet in Schwarz gekleidet, sorgten allein ihre kupferroten Haare für einen starken Kontrast. Ganz zu schweigen von ihrem Timbre, meist ein warmer, rauchiger Alt, der sich überraschend schnell zu einem gurrenden, flirrenden Sopran wandelte. Ein bisschen Jazz, viel Blues und eine gehörige Portion Folk mixt die Neuchâterlin nonchalant zusammen.
Nicht alles davon klingt gefällig, in Go schrammt sie fast schreiend an einem imaginären Abgrund vorbei. Halb verstörende Klanggebilde steigen auf und verglühen, die surreale Stimme bleibt. Eigensinnige Dissonanzen untergraben bluesige Idyllen, dazu sanfte Gitarrenklänge mit einer ganz eigenen Joan-Baez-Version, sie machen den grossen Reiz von Pedrolis Musik aus.
Die von Klavierkaskaden, schmissigen Schlagzeug und süffigen Celloklängen begleitet wird. Das ist eine Weile schön, dann gerät alles eine Spur zu opulent. Ähnlich dem dicht funkelnden Sternenhimmel als Bühnenhintergrund, der arg schwülstig ausschaute. Am authentischsten wirkt die Schweizerin, wenn sie wie bei Birds mit schillerndem Blues und verhaltenen Gitarrenklängen ganz bei sich ist. Bis zum gesummten Background der übrigen Musiker als Refrain, was schlicht und ergreifend kitschig wirkte. Kam aber beim überwiegenden Teil der Zuhörer gut an. Für die Mehrheit scheint weniger eben doch nicht mehr zu sein.