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5. August 2013, 10:39 Kolumnen

Ein Zürcher in... Fribourg

Marco Büsch - Fribourg ist keine Weltstadt, aber durchaus eine Tagesreise wert. Besonders wenn man in den Semesterferien einen Tag voller Ruhe und Erholung gebrauchen kann. Ein Besuch im schönen «Free Town».

Wie ich aus meiner vorletzten Reise nach Genf (hier nachzulesen) schon gelernt habe, gibt es für den SBB-Ticketautomaten kein «Genf», sondern nur ein «Genève». Nach dieser einschneidenden Erfahrung bin dieses Mal gleich dazu übergegangen «Fribourg» als Zielort anzugeben, nun erschienen aber zwei Angaben: Einmal «Fribourg/Freiburg» und einmal «Freiburg», welches aber tatsächlich nochmals dasselbe war, nicht etwas das im Breisgau. Willkommen in «Fribourg/Freiburg», wo die Schweiz wirklich noch bilingue ist und gemäss «Fribourge tourisme» 70 Prozent der Einwohner französisch sprechen und 30 Prozent deutsch. Und tatsächlich: Es ist nicht immer einfach, herauszufinden, ob man jetzt ins Deutsche wechseln darf oder nicht. So standen wir zum Beispiel einige Minuten vor dem Kiosk und rätselten darüber, was denn nun Briefmarke auf französisch genau heisst (le timbre), wurden aber dann von der Verkäuferin auf deutsch angesprochen. Der Lonely Planet meint hierzu: «Nowhere is Switzerland‘s language divide felt more keenly than in Fribourg (Freiburg)». Der Lonely Planet meint aber auch «Fribourg» heisse auf englisch übersetzt «Free Town», diese Meinung teile ich hingegen nicht wirklich, wobei auch ich kein Sprachprofessor bin.

Auf unserer Erkundungstour durch die Strassen von Fribourg stellten wir zuerst fest, dass an diesem sonnigen Samstag Nachmittag kaum Betrieb herrschte, nun gut, es waren ja auch Semesterferien und dies hat wohl einen ziemlich starken Einfluss auf so ein kleines Städtchen, in welchem auf knapp 40‘000 Einwohner 10‘000 Studenten kommen. Als herrlichen Kontrast zur fast schon schläfrigen Ruhe der Innenstadt entdeckten wir einen lustigen kleinen Laden namens Asphalt Kreatorz (Route-Neuve 7), welcher neben selbstgemachten Shirts und allerlei Graffitizubehör, alte Gameboy- und Playstation-Spiele verkauft und damit wahrscheinlich urbaner ist als die meisten Läden in Zürich es je sein werden. Sogar einen eigenen Blog führt der Laden: asphaltkreatorz.blogspot.ch. Schweizer Kleinstädte sind doch immer wieder für eine Überraschung gut.

Danach galt unser erster Abstecher – dem Lonely Planet folgend – dem Turm der Cathédrale de St Nicolas de Myre (Rues de Chanoises 3), einer gotischen Kathedrale aus dem 13. Jahrhundert. Der Turm ist mit seinen 74 Metern Höhe ziemlich imposant und bietet eine wunderschöne Aussicht über Fribourg und Umgebung. Er bietet aber auch einen Aufstieg über eine Wendeltreppe mit 368 Stufen, gemäss Lonely Planet. Ein Mädchen, welches uns anfangs entgegenkam, zählte hingegen über 420 Treppenstufen, wobei das Zählen vielleicht durch die ständigen Drehungen ein wenig ungenau wurde. Es sind jedenfalls ziemlich viele Stufen, das kann ich bezeugen – jedoch auch, dass es sich durchaus lohnt!

Alsdann wurde zu Mittag gegessen im Café des Arcades (Rue des Ormeaux 1), welches seit 1861 «alive and kicking» ist und äusserst gelungene Omelettes und Salate zu fairen Preisen serviert: Die Empfehlung des Lonely Planet kann nur weitergegeben werden. Nach dem Essen weilten wir wenige Minuten in der Franziskanerkirche Église des Cordeliers (Rue de Morat 4), leider zur falschen Zeit, hätten wir uns doch sonst die Beichte abnehmen lassen können auf deutsch, französisch und sogar polnisch. So ging es ohne Beichte weiter zum Espace Jean Tinguely – Niki de Saint Phalle (Rue de Morat 2), welches zu dieser Tageszeit zwar kaum besucht war, jedoch gemäss Lonely Planet als «top choice» gilt. Und wahrlich: Neben den faszinierenden Gebilden des Paares und weiterer befreundeter Künstler, erwacht das Kind in einem spätestens dann, wenn man versucht möglichst schnell auf alle roten Knöpfe hintereinander zu drücken, welche die grossen Gebilde in Bewegung versetzen und einen herrlichen Lärm verursachen. Hauptsache die Werke stehen niemals gänzlich still, denn Kunst ist Bewegung oder so ähnlich. Diesem Leitspruch wird hingegen im Musée d‘Art et d‘Histoire (Rue de Morat 12), welches nebenan liegt, wenig Rechnung getragen und so wird es wohl nur begeisterte Fans der «excellent collection of late-Gothic sculpture and painting» in Extase versetzen, wir begnügten uns jedenfalls schnell einmal damit, im wunderschönen kleinen Park vor dem Museum eine Pause einzulegen.

Als letztes stand ein Rundgang durch die Altstadt Fribourgs auf dem Plan, bei welchem wir die brasserie du belvédère (Grand-Rue 36) entdeckten, welches meines Erachtens im Lonely Planet zu Unrecht nicht unter den Tipps genannt wird, denn sie mag gegen aussen vielleicht einen nicht so schmucken Eindruck machen, aber innen erinnert sie stark an das Cabaret Voltaire und die Aussicht, welche man von der Terrasse aus geniesst, scheint auch einmalig zu sein. Nach einem Besuch auf dem hiesigen Flohmarkt und einer Fahrt mit dem Furnicular (Zahnradbahn) (place du Pertuis), welche «bags of great Old Town views» beinhaltet hat, wollten wir zum Abendessen im Le Mondial (Rue de l‘Hopital 39) den vom Lonely Planet gerühmten Burger des Hauses zu uns nehmen, jedoch hatte es geschlossen. Das macht ja auch Sinn, denn das Café liegt vis-à-vis der Universität Fribourg und wenn diese geschlossen hat, warum nicht gleich auch selbst schliessen? So blieb als schnelle Lösung nur der Asiate an der Ecke übrig, auch keine schlechte Wahl.

Trotz der geringen Grösse Fribourgs ist das Städtchen durchaus einen Tagesausflug wert, sei es, um den Turm der Kathedrale zu erklimmen, das Tinguely-Museum zu besuchen oder durch die Altstadt zu flanieren: Der Puls der Universitätsstadt scheint in den Semesterferien zwar ein wenig gar langsam zu schlagen, jedoch kann der gemeine Stadtzürcher dies durchaus einmal als wohltuende Pause von der ganzen ultraurbanen Hektik der «Grossstadt» ansehen. Fribourg: Hier, wo die Autos einem noch zu jeder Zeit Vortritt geben und die Kellnerin einem noch auch französisch bestellen lässt, um dann im breitesten berndeutsch zu antworten.

Weitere Kolumnen gibt es auf meinem Blog nachzulesen: Hier!

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