Ein Zürcher in... Luzern
Marco Büsch - Die zweitletzte Schweizer Städtereise führte mich nach Luzern, schweizerischer geht’s nicht mehr. Touristischer aber manchmal auch nicht.
Das Überqueren der Reuss über die Kapellbrücke ist ein ständiges Ausweichen vor überenergischen Touristen und oftmals der Versuch, niemandem ins Bild zu laufen, was schwerlich immer klappt. Aber die Gemälde, welche im Giebel des Brückendachs hängen, sind diese kleinere Tortur durchaus wert. Das nächste Ziel war die Spreuerbrücke, welche ihren Namen vom mittelalterlichen Gesetz her trägt, dass nämlich nur dort die Spreu in die Reuss geworfen werden dürfe. Hier trennte sich also quasi die Spreu vom Weizen (haha!). Zwischen den beiden Brücken fand ein Markt statt und ich fand auch den wunderbar finsteren Bogen, welcher wirklich sehr sehr finster ist und ein wenig riecht. Auf einer Tafel steht geschrieben, dass hier ein kleiner Junge die österreichischen Verschwörer der «Luzerner Mordnacht» belauscht habe und «[z]um Schweigen gezwungen, habe er sein Geheimnis in der Trinkstube zu Metzgern dem Ofen verraten». Ich für meinen Teil fand in der dortigen Toilette nur einen Italiener vor, welcher sich gerade in ein enges Goldkostüm zwängte, um wahrscheinlich danach als unbewegliche Goldstatue aufzutreten. Zum Schweigen gezwungen, habe ich danach aber keinem Kind auf dem Markt erzählt, dass diese Statue gar nicht echt ist.
Weiter ging die Reise zum Bourbaki-Panorama (Löwenplatz 11) und zum Gletschergarten (Denkmalstrasse 4), welche gleich beieinander liegen und mit einem Kombi-Ticket nur 21 Franken Eintritt kosten. Für mich war dies leider ein bisschen zuviel, war ich doch früher schon einmal im Bourbaki-Panorama. Nun, es ist sehenswert, eindeutig, aber nicht zweimal. Das Löwendenkmal ist dafür gratis und umso imposanter: Der 10-Meter lange sterbende Löwe ist ein Meisterwerk der Bildhauerei und ist ein Denkmal für die gefallenen Schweizer Soldaten, welche Louis XVI in der Zeit der französischen Revolution bis zum Tode verteidigten. In einem Land, welches solch einen Wert auf seine demokratische Geschichte und die Wehrhaftigkeit gegen die Monarchie legt, scheint aber ein solches Denkmal doch ein wenig zweifelhaft. Mark Twain soll dieses Denkmal «the saddest and most moving piece of rock in the world» genannt haben und dem kann ich mich nur anschliessen. Ein weiterer Höhepunkt ist das Becken vor dem Denkmal, dessen Boden mit Münzen übersät ist. Ob man nun wie beim Trevi-Brunnen in Rom die Münze mit der linken Hand über die rechte Schulter werfen muss, konnte ich nicht in Erfahrung bringen, aber das Glitzern der Münzen sah auch so bezaubernd aus.
Um das Verkehrshaus (Lidostrasse 5) machte ich an diesem Tag einen Bogen, wäre dies doch alleine schon einen Tagesausflug wert. Dafür besuchte ich das Strandbad Lido (Lidostrasse 6a), «perfect for a splash or sunbathe» gemäss dem Reiseführer. Hier begegnete ich dann für einmal mehr Luzernern als Touristen, eine angenehme Abwechslung. Den Abschluss machte ein Besuch auf der Terrasse des Art Deco Hotel Montana, in welchem ich mir zwar keine 1’365-Franken-Suite leistete, dafür aber einen Drink und vor allem die dazugehörige Aussicht über Luzern und den Vierwaldstättersee. Dieser Abstecher ist wirklich zu empfehlen; es fährt sogar eine Zahnradbahn hinauf.
Luzern ist sehr sauber, malerisch, traditionell und herzig und doch modern und touristisch – manchmal fast ein bisschen zu touristisch. Da lobe ich mir mein Zürich, wo nur ab und zu ein grosser Reisecar vor – zum Beispiel – dem Fraumünster anhält und Hunderte fotografierender Asiaten ausspuckt und nach zehn Minuten mit ihnen wieder weiterfährt.
Aber seien wir ehrlich: Wer beinahe nur Orte besucht, welche in einem Reiseführer stehen, der muss sich nicht wundern, wenn er auf andere Touristen trifft. Und überhaupt bin ich froh, wenn die Touristen – nach ihrem Luzerntrip in ihre Heimat zurückgekehrt – einen Fotoabend mit Bildern der Kapellbrücke machen und erzählen, so sähe die Schweiz aus: Ich wünschte mir nämlich manchmal auch, die Schweiz sähe überall so malerisch aus.
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