30 Seconds To Mars - Rockshow vs. Kindergeburtstag
Patrick Holenstein - Ist das nun grosses Kino oder Ablenkung von der Musik. Die Diskussion, ob grosse Stadionshows ihre Berechtigung haben, ist so alt, wie es den Mainstream gibt. 30 Seconds To Mars haben die Diskussion am Dienstag im Hallenstadion mal wieder ins Zentrum gerückt.
Es fliegen Ballons, flittern die Konfettis, turnen Artisten auf der Bühne herum und flimmern Visuals über die insgesamt sechs Screens. Die Band weiss sich zu inszenieren und das liegt nicht zuletzt an der Regie-Erfahrung des Frontmannes. Leto fordert die Leute zum Mitsingen auf unsd selbst, wenn die Reaktion etwas dürftig ausfällt, macht er – ganz Profi – munter weiter. Zudem versteht es der Schauspieler gekonnt, die Frauen zum Kreischen zu bringen. Ein „We Missed You“ reicht letztlich und das glaubt man ihm auch. Von Anfang an funktioniert die Show über zwei Aspekte. Einerseits ist da Jared Leto als Aushängeschild, der Hollywood-Beau mit dem Hang zu anspruchsvollen Rollen. Er ist der Frauenschwarm der Band. Und man fragt sich, ob er jetzt schauspielernder Sänger ist oder doch singender Schauspieler. Spielt aber keine Rolle. Bruder Shannon Leto andererseits sitzt hinter einer Schlagzeugburg und dort gehört er hin. Er trägt die Show musikalisch. Die gesamte Rhythmik der Band basiert grösstenteils auf seinem Spiel. Er variiert, haut Salven raus und sorgt dafür, dass die Musik abwechslungsreich bleibt. Leider geht dabei Gitarrist Tomislav Miličević etwas unter. Ihm hätte man ein schönes Solo hin und wieder sehr gegönnt. Zusammen funktionieren 30 Seconds To Mars aber durchaus und nach zwei Songs sitzt ihm Stadion niemand mehr.
Jared trifft akustisch ins Schwarze
Aber es ist eben halt eben doch ein Popcorn-Konzert oder wie es ein Zuschauer nebenan etwas zynischer formulierte: „Ein Kindergeburtstag“. 30 Seconds To Mars sind irgendwo aber in genau diesem Paradoxon gefangen. Sie geben dem Publikum, was es will, bringen die grosse Show mit Effekten und auch ein wenige Pathos, und das bringt ihnen Kritiker. Dabei steckt im grossen Konzerttross eigentlich ein sanfter Kern. Im akustischen Teil wird nämlich klar, was Jared Leto als Sänger und Frontmann wert ist. Alleine mit einer akustischen Gitarre singt er „Hurricane“, „From Yesterday“ und „The Kill“, variiert die Songs und trifft damit ins Schwarze. Zudem wirken die opulenten Songs im reduzierten Kleid zerbrechlich und zeigen ein komplett anderes Gesicht der Band. Von „Kindergeburtstag“ ist nichts mehr zu spüren. Der Kalifornier holt sich Leute auf die Bühne und witzelt, gibt sich sehr nahbar und versteht es mit Leichtigkeit, zu begeistern. So wird die akustische Einlage zum sympathischen Schaulaufen für Jared und eigentlich zum Höhepunkt der Show. Einfach entspannt und musikalisch gesehen nackt.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass 30 Seconds To Mars ihren Fans ein abwechlungsreiches Konzert bieten und selbst der eine oder andere von jenen, die von ihren Freundinnen zum Konzert geschleppt wurden, wippt vergnügt mit. Aber sie sind doch ein wenig im eigenen Erfolg gefangen und müssen dem Status gerecht werden. Mainstream hin oder her. So wird die leicht theatralische Show, die mit einem grossen Augenzwinkern verstanden werden will, zu einem sehr gelungenen Abend.