Magazin durchsuchen

Neuste Blogs

18. November 2013, 23:27 Konzert Music

Bungee-Springen mit Placebo

Dominique Rais - Immer mal wieder was Neues – Molko & Co. präsentierten dem Publikum einen musikalischen Bungee-Sprung.

Kleine Boxen. Grosse Boxen. Und dazwischen drängte sich das Schlagzeug von Placebo-Drummer Steve Forrest. Eine Licht- und Lasershow sorgte für die optische Untermalung. Nett fürs Auge, aber Placebo würden auch ohne funktionieren. Zuvor versuchte die Londoner Indie-Rock Band Toy das 5’200-köpfige Publikum anzuheizen. Der Applaus bei Toy hielt sich jedoch in Grenzen, war es die Musik, die das Publikum nicht ganz mitreissen wollte oder lag es schlicht und einfach an der Unbekanntheit der Band hierzulande? - Das liess sich nicht so genau sagen.

Doch um ehrlich zu sein, um Toy zu sehen kamen die Zuschauer auch in erster Linie nicht, sondern Placebo sollte die Hauptattraktion des Abends sein. Mit 5'200 Konzertbesuchern war noch jede Menge Luft im Hallenstadion, doch genau die Luft brachten Placebo ordentlich zum Kochen.

Abrupt. Wie aus dem Nichts ging das Licht aus und Placebo betraten um Viertel nach neun die Bühne und gaben den Startschuss für ihre 100-minütige Show. Wobei Show an der Stelle wohl eher sarkastisch zu verstehen wäre, denn wer dachte abseits der Songtexte würde eine Kommunikation stattfinden wurde gänzlich enttäuscht. „Nüchtern“ darf man an dieser Stelle zweifellos zum Wort des Abends küren.

Nun aber von Anfang an. Placebo schmetterten „B3“ und heizten dem Publikum gleich zu Beginn ordentlich ein. Gerade zu perfekt kam auch der nahtlose Übergang zu "For What It's Worth" – Gänsehaut pur. Nach den ersten zwei Songs waren die Erwartungen dann auch dementsprechend hoch – wie sich herausstellen sollte zu hoch. Denn was dann folgte war mit einem Bungee-Sprung vergleichbar.

Nach dem ersten Adrenalin-Kick fiel die Spannung ab und liess Placebo in den Seilen hängen. Das Gefühl von Antriebslosigkeit mache sich trotz des wuchtigen Sounds breit. Der Grund dafür fand sich schnell, denn in der ersten Hälfte des Konzerts fanden sich fast ausschliesslich neue Songs, die dem Publikum wohl noch nicht geläufig waren.

Nach über 12 Millionen verkauften Alben und fast 20 Jahren Banderfahrung präsentierten die Briten altes und neues Songmaterial gekonnt technisch versiert. „Loud Like Love“ heisst die neue Platte, doch mit der Liebe hat das neue Album gar nicht so viel am Hut. Vom emotionalen Tiefgang den man von der Band kennt, geht's auf der aktuellen Platte viel mehr um Gesellschaftskritik. Die neuen Songs konnten bis auf „Too Many Friends“, unterstrichen durch das melodiöse Wehklagen der Geige, nicht wirklich mitreissen. Da half auch die Unterstützung der drei zusätzlichen Live-Musiker nicht.

Ab und an leuchtet, wie bei „Every Me, Every You“ ein Hoffnungsschimmer auf, zum Publikum durchzubrechen, der wurde jedoch sogleich auch wieder im Keim erstickt. Placebo gelang es nicht länger als eine Songlänge das Publikum euphorisiert zu halten. Erst gegen Ende schaffte es das Trio dann doch noch sich aus den Seilen zu befreien und nochmals durchzustarten. Bei Songs wie "Song To Say Goodbye" und „The Bitter End“, da war er wieder, der Aha-Moment.

Kommentare
Login oder Registrieren