Kino: Perfect Mothers zu perfect
Christine Albrecht - Weisser Strand, blaues Meer, dazwischen zwei beste Freundinnen im besten Alter. Beide haben mit jungen Männern eine Affäre. Und zwar mit dem Sohn ihrer Freundin. "Perfect Mothers" klingt sehr aufregend und tabubrechend, doch der neue Film von Anne Fontaine ist eine Spur zu kitschig geraten.
In der Geschichte, die auf Doris Lessings Die Grossmütter beruht, geht es um Roz und Lil, die, in einem idyllischen australischen Badeort aufgewachsen, schon seit ihrer Kindheit eine tiefe Freundschaft pflegen. Selbst als ihre beiden Söhne erwachsen sind, ändert sich nichts daran, und folglich sind auch ihre beiden Söhne unzertrennlich geworden.
In der ersten halben Stunde des Films geschieht nicht viel. Der Film scheint eine einzige Touristenreklame für den unbekannten australischen Badeort zu sein. Da reiten zwei muskelbepackte junge Männer die Wellen und am Strand räkeln sich die beiden Mütter in der Sonne. Alles ist schön und auch ein wenig langweilig.
Doch dann beginnt Ian mit Roz, der Mutter seines besten Freundes, eine Affäre. „Do you have everything?“ fragt ihn Roz - „no“ lässt Ian kitschig-romantisch verlauten und küsst die schöne Mutter. Was dann folgt, lässt sich erahnen. Die Touristenreklame ist jetzt endgültig vorüber und wird durch einen schmalzigen Groschenroman ersetzt.
Als Tom seine Mutter mit seinem besten Freund erwischt, beginnt er selbst und nicht nur aus Trotz eine Liaison mit dessen Mutter. Ärger und Probleme sind vorprogrammiert. Doch eine Weile geht alles gut. Die beiden Söhne scheinen kein Problem mit der Affäre ihres besten Freundes zu haben und auch die beiden Ehemänner sind praktischerweise aus der Welt geschaffen: Der eine wird schon zu Beginn des Filmes beerdigt und der andere ist aus beruflichen Gründen am anderen Ende des Landes.
Doch das Luftschloss, das sich das Quartett sorgsam aufgebaut hat, droht zusammen zu brechen, als Tom sich im fernen Sidney zu einer Gleichaltrigen hingezogen fühlt. Endlich passiert etwas in dieser unerträglich schönen Welt, denkt man als Zuschauer, doch die Handlung entwickelt sich viel zu langsam und voraussehbar. Es überrascht nicht, dass auch Ian eine Frau in seinem Alter kennen lernt. Spannend bleibt, wie der Film die Situation auflösen wird.
Perfect Mothers ist ein Film, der durch den Tabubruch gerne polarisieren würde. Mit einigen expliziten Sexszenen zwischen Paaren mit einem empörend großen Altersunterschied würde er dem Publikum gerne einen schockierten Aufschrei entlocken. Das klappt aber nicht ganz. Das Ganze ist schlicht und einfach zu kitschig. Auf der einen Seite Ian und Tom, die zu gebräunt, zu muskelbepackt und zu schön sind. Auf der anderen Seite die beiden Frauen Roz und Lil, die für den Normalmenschen einfach zu unwirklich erscheinen: Sie sind für ihr Alter zu schön, ihre Haut zu glatt und ihre Figur zu athletisch.
Nun gut, man könnte argumentieren, dass Fontaine vielleicht aber auch lediglich eine unkonventionelle Liebe zeigen möchte, um dabei die Liebe in all ihren Formen zu feiern. Doch auch dafür ist der Kitsch das grosse Hindernis. Die Liebesbeziehungen sind zu glamourös und zu unrealistisch inszeniert um beim Zuschauer Empathie hervorzurufen.
Immerhin bietet der Film einige wirklich atemberaubende Aufnahmen. Die Schönheit des Australischen Ortes bietet allerhand Material für gelungene Bildkompositionen. Doch auch das rettet den Film nicht mehr ganz. Vielleicht ist das hochsommerliche Australien für den Schweizer November dann doch zu weit weg.
Bewertung: 1 von 5
- Titel: Perfect Mothers
- Land: Frankreich
- Regie: Anne Fontaine
- Drehbuch: Christopher Hampton
- Darsteller: Naomi Watts, Robin Wright, Xavier Samuel, James Frecheville, Ben Mendelsohn, Sophie Lowe
- Verleih: Pathé Films AG
- Start: 28. November 2013