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28. November 2013, 15:14 Kultur Movie

Kino: Das merkwürdige Kätzchen

Gregor Schenker - Die Schweizer Zwillingsbrüder Ramon und Silvan Zürcher haben ein märchenhaftes Kammerspiel über die totale Alltäglichkeit gedreht. Die poetisch überhöhten Nebensächlichkeiten der Nicht-Handlung ziehen einen sofort in den Bann.

Im Grunde passiert in diesem Film nichts: Die erwachsenen Geschwister Karin und Simon sind bei ihren Eltern und der kleinen Schwester zu Besuch. Der Schwager repariert die Waschmaschine. Das Schnurren der Katze fasziniert den Familienhund. Der Nachbarsjunge kickt einen Fussball durchs offene Küchenfenster. Verwandte kommen zum Abendessen. Und am Schluss putzt man sich die Zähne.

Der Schweizer Jungfilmer Ramon Zürcher schrieb und inszenierte seinen ersten Langspielfilm an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (im Rahmen eines Seminars mit dem ungarischen Kultregisseur Béla Tarr – da erwartet man Ungewöhnliches). Produzent war sein Zwillingsbruder Silvan. Die beiden erzählen eine Nicht-Geschichte der totalen Alltäglichkeit, der systematischen Banalität. Einfach das Porträt eines Tages im Leben einer Familie. Nichts als Nebensächlichkeiten.
So ist Das merkwürdige Kätzchen auch abgefilmt: Ein Grossteil der ganzen Mini-Geschehnisse spielt sich ausserhalb des Fokus ab. Spricht zum Beispiel jemand, so ist die Kamera öfters auf das Gegenüber gerichtet. Oder auf jemand Drittes, der gar nicht ins Gespräch involviert ist.

Es kommt einem mitunter vor, als stünde die Kamera ganz beliebig irgendwo im Zimmer herum. Als gerieten die Protagonisten rein zufällig in die langen statischen Aufnahmen. Wenn es einen Konflikt zwischen ihnen gibt, dann den, dass sie oftmals ebenso aneinander vorbei reden wie die Kamera am Geschehen vorbei filmt. Wenn Das merkwürdige Kätzchen etwas zeigt, dann die Unmöglichkeit echter Kommunikation selbst in der Familie. Aber das nur ganz nebenbei.

Bei aller Alltäglichkeit, der Film hat nichts Dokumentarisches: Die Schauspieler wirken nie wie Durchschnittsmenschen. Sie drücken sich öfters in einer betont gewählten, sauber artikulierten Sprache aus. Besonders dann, wenn sie von ihren kleinen Erlebnissen berichten. So erzählt Karin davon, wie sie im Park eine Orange gegessen und die Stücke der Schale weggeworfen hat. Oder ihre Mutter davon, wie sie mit der Oma im Kino war und der Nachbar seinen Fuss (unabsichtlich?) auf ihren Fuss gesetzt hat.

Ab und zu legt der Film eine kleine Pause ein und zeigt eine Reihe von Grossaufnahmen verschiedener Objekte, die eben noch eine Rolle spielten. Da fokussiert der Film plötzlich auf nebensächliche Dinge, während er die zentralen weitgehend ignoriert hat.

Alles in allem überführt Das merkwürdige Kätzchen einen völlig normalen Tag in eine Abfolge von poetisch überhöhten Kleinstmomenten. Ein märchenhaftes Kammerspiel, zusammengesetzt aus minimalen, mitunter problematischen menschlichen Interaktionen. So wird der banale Alltag hochgradig faszinierend.


Bewertung: 5 von 5



  • Titel: Das merkwürdige Kätzchen
  • Land: Deutschland
  • Regie/Drehbuch: Ramon Zürcher
  • Darsteller: Jenny Schily, Anjorka Strechel, Mia Kasalo u.a.
  • Verleih: Look Now!
  • Start: 28. November 2013
Fotos von Look Now!
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