DVD der Woche: Odette Toulemonde

Sie hat jedes Wort von ihm gelesen, seine Bücher regelrecht verschlungen und in ihren Alltag integriert. Doch als Odette Toulemonde ihr Idol, den Schriftsteller Balthazar Balsan tatsächlich in der Buchhandlung beim Signieren seiner Werke trifft, da bringt sie kein Wort heraus, nicht mal ihren eigenen Namen – so fassungslos vor Glück ist sie. Hinterher stürzt diese Episode den grössten Fan natürlich ins bodenlose Unglück, aber ein neues Buch ihres Lieblingsautors tröstet über die grössten Schmerzen. Eben dieses Werk wird inzwischen nationwide am Fernsehen vom Literaturpapst Olaf Pims verrissen, klischeehaft, kitschig, lächerlich sei es – ein Werk für Verkäuferinnen, Coiffeusen und derart armselige Geister! Wer Hirn und Stil hat entsorgt das zwischen zwei Deckel geklemmte Papier aber in die „poubelle“! Balthazar ist am Boden zerstört, zu allem Überfluss betrügt ihn seine Frau mit dem fiesen Kritiker und sein Sohn wird wegen des peinlichen Vaters in der Schule geplagt. Ja liebt ihn denn keiner? Doch! Odette hat ihm bei der Lesung einen Brief übergeben, der Balsam für die Seele des armen Literaten ist. Und daher fährt er unverzüglich nach Charleroi um den grössten Fan zu besuchen!

Endlich! Eine Unterschrift von Balthazar Balsan! Nur hat der noch gar kein Auge für seinen grössten Fan!

„Jeder Autor hat die Fans, die verdient!“, gifteln die Verleger über Balthazar. Nun, wenn das wahr ist, kann Balthazar Balsan literarisch so viel nicht falsch gemacht haben. Odette ist trotz lästernden Arbeitskolleginnen, freudlosem Job und arbeitsloser Tochter mit ekligem Freund eine gut gelaunte, hilfsbereite, ja zufriedene Person. Sie meistert die Hindernisse in ihrem Leben so gut wie möglich und stutzt sich ihr Gärtchen zum Paradies. Wir müssen nicht mit ihren Vorlieben für farbige Gläser, bunte Tapeten und Puppen übereinstimmen, doch grundsätzlich kann Balthazar einiges von ihr lernen. Zum Beispiel, dass die Olaf Pimps der Welt nicht den Planeten regieren und dass es eine höchst drollige Idee ist, dass ein schwedischer Verein den Nobelpreis verteilt. Wie wichtig ist überhaupt so ein Preis, wenn man grundsätzlich nicht mit sich selbst im Reinen ist?

Bücher können das Leben verschönern! Odette weiss das - und wir stimmen ihr zu!

Eric-Emmanuel Schmitt, der Autor von Büchern wie Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran predigt natürlich auch in seinem ersten Film nach eigenem Drehbuch Glück und Glücklichwerden. Natürlich läuft die Sache rasch darauf heraus, dass der verfeinerte, vermeintlich stilvolle Intellektuelle wegen seiner vielen selbst auferlegten Codes unglücklich ist, während der einfache Kleinbürger sein Herz auch an so simplen Freuden wie einem Sonnenuntergang laben kann. Schmitt ist zugleich aber entwaffnend offen und überaus charmant. Der Film ist bewusst und selbstreflexiv kitschig, er spielt liebevoll mit dem hin- und hergerissenen Zuschauer, der nicht weiss, ob er den Finger heben oder geniessen soll. Wer also ein dickes Ende erwartet, wird nicht enttäuscht. Der Schluss ist High-End-Kitsch mit einem riesigen Augenzwinkern des Regisseurs, frei nach dem Motto: „Ich weiss, was ihr alle, auch die Miesepeter unter euch, eigentlich wollt und ich bin mir nicht zu gut, es euch zu liefern!“

Odette Toulemonde – ein Feel Good Movie erster Güte – ist neu auf DVD erschienen!

• Titel: Odette Toulemonde
• Regie und Drehbuch: Eric-Emmanuel Schmitt
• Darsteller: Catherine Frot, Albert Dupontel und Jacques Weber
• Sprachen: Deutsch, Französisch mit deutschen Untertiteln