Backstreet Boys: Party like it’s 1999
Dominique Rais - Backstreet Boys - Nostalgie pur. Jugenderinnerungen erwachten zum Leben und man kam nicht umher sich in der Musik fallen zu lassen. Auf ihrer Reunion-Tour haben die einstigen Jungs vor ausverkauftem Haus begeistert und Frauen in kreischende Teenies verwandelt. Ein unbezahlbares Erlebnis.
Wer dachte, das würde ein reiner Mädelsabend werden, um in längst vergangenen Zeiten zu schwelgen, weit gefehlt, denn unter den 8'850 Konzertgängern waren auch ausgesprochen viele Männer. Auch wenn da Frauen die Meinung äusserten: „Die meisten sind doch sicher schwul.“ Ääähm, sicher auch, aber nicht nur. Einige wurden bestimmt von ihren Freundinnen mitgeschleppt oder waren, auch wenn sie das heute nicht mehr zugeben würden, früher vielleicht doch insgeheim Fans der Boygroup. So oder so, fest steht: es war ein Konzert voller Nostalgie. „Party like it’s 1999?“, fragte Kevin Richardson, der nach 6-jähriger Pause wieder den Weg zurück zu den Backstreet Boys fand. „Aber sicher doch“, war dem Johlen und Kreischen zu entnehmen.
Aber bevor in Jugenderinnerungen eingetaucht wurde, die zweifelsohne für derbe Flashbacks sorgten, wurde man wortwörtlich auf die Folter gespannt. Noch vor dem eigentlichen Support-Act, The Exchange, kam Brian Littrel auf die Bühne, stellte seinen Zögling vor, der die Menge mit seinem Gesang schon mal vorab auf Backstreet Boys Kurs bringen sollte. Kinder haben ja diesen gewissen Jö-Effekt, aber irgendwo ist dann auch Schluss, denn der Kleine hat zwar Papas Gene, aber das Chromosom für die Musik ist wohl im Littrell-Genpool ersoffen. Warum er beim Publikum trotzdem für Kreisch-Attacken sorgte ist mir schleierhaft. Zu sagen bleibt: nicht jeder Knirps kann ein Brian Littrell sein.
Was man bei Brians Sohn noch unter „Welpenschutz“ abbuchen könnte, funktionierte aber beim Support-Act längst nicht mehr. Schön und gut A cappella hat was und auch Beatboxen kann echt cool sein. Aber mit einem Abklatsch von bekannten Songs die Menge in Stimmung zu bringen, stellte dann doch das eigentliche Können der Jungs in den Schatten und hatte schlicht einen bitteren Nachgeschmack. Wem es zu dem Zeitpunkt noch nicht abgelöscht hat, der bekam mit der Aussage, „Let’s be friends forever“, noch Nachschlag, der so zuckersüss war, dass man nicht anders konnte, als einen abrupten Zuckerschock zu bekommen. Auch wenn das ein Backstreet Boys-Konzert war, wir sind keine 13 mehr und naiv, alles was wir wollten, war noch einmal die Unschuldsjahre aufleben zu lassen, nicht wie Teenies behandelt zu werden. Hier gilt, die 90er hatten ein paar Boybands um die man schlicht nicht drumherum kam, das ist auch gut so, aber das ist jetzt 20 Jahre her. 2014 braucht wirklich keine Boygroups mehr dieser Art.
Genug der Ausschweifungen. Kurz vor 9 Uhr hiess es dann endlich: Let the show begin! In weissem Anzug mit schwarzem Hemd und schwarzen Lackschuhen kamen die einstigen Mädchenträume auf die Bühne. Die Jungs sind mittlerweile Männer geworden, nichts erinnert mehr an den einstigen Schlabberlook mit Jeans, die in den Kniekehlen hängen und T-shirts die mehr an Nachthemden erinnern als an sonst was. Doch eines ist nach wie vor unverändert geblieben. Junge, wie auch gestandene Frauen bringen sie noch immer zum Kreischen.
Nostalgie und Jugenderinnerungen waren die zwei Schlagwörter des Abends – zu Recht. Denn was wäre eine Reunion-World-Tour ohne die grossen Backstreet Boys-Hits aus Jugendtagen. Alle waren sie dabei, von „Incomplete“ über „As Long As You Love Me“ bis „Quit Playing Games (With My Heart)“ und „Everybody (Backstreet’s Back)“. Aber nicht nur die Klassiker sondern auch neue Songs wie „In A World Like This“, ab der gleichnamigen Platte, sorgten für Begeisterung. Und textsicher war das Publikum von Anfang bis Ende, kein Song der nicht mitgesungen wurde, kein Song ohne kreischenden Applaus, kein Song ohne auflodernde Jugenderinnerungen.
Es war definitiv die Nacht der Nächte: sich noch einmal jung und unschuldig fühlen und ohne sich für Kreischattacken rechtfertigen zu müssen - die Backstreet Boys haben es Wirklichkeit werden lassen. Die Tanzschritte waren noch immer die gleichen wie damals, die Texte haben wieder genau so berührt wie damals, als man die Anlage bis zum Anschlag auftrete und lauthals, die Backstreet Boys-Poster anhimmelnd, versuchte die Worte, oftmals mehr schlecht als recht, mitzusingen. Nur der einstige Oberlippenflaum ist mittlerweile einem kräftigen Bart gewichen. Aus den einstigen Jungs sind eben Männer geworden. Ehemänner und pflichtbewusste Väter. Einmal Backstreet Boys Fan immer Backstreet Boys Fan war die These, die sich ausnahmslos bestätigen liess.