Techno-Pionier Carl Cox exklusiv im Interview
students Redaktion - Er gilt als einer der erfolgreichsten Techno-DJs der Welt, ist seit 36 Jahren aktiv und äusserst erfolgreich im Business, und: Er wird Zürich diesen Samstag als Mega-Act beehren!
students.ch: Hallo Carl, wie geht es dir heute? Weil gestern hab ich gelesen, du seist gestorben...
Carl Cox: Schon wieder?! Das ist bestimmt das vierte oder fünfte Mal. Nach solch einer Meldung flippen die Leute immer völlig aus. Sie kondolieren auf meiner Homepage und meiner Facebook-Seite. Glaubt nicht einfach alles, was in der Klatschpresse steht...
students.ch: Wie reagierst du auf solche Situationen?
Carl Cox: Das Schlimmste ist immer, wenn meine Eltern solche Meldungen hören. Letzthin hat ein Magazin behauptet, ich sei verheiratet. Meine Mutter hat mich stinkwütend angerufen und gefragt, wieso sie und mein Vater nicht eingeladen wurden! Wie ich ihnen das bloss antun könne... Das sind schwierige Momente. Anscheinend hab ich auch drei Kinder - von wem auch immer - was meine Eltern auch fast auf die Palme trieb, denn sie haben ja schliesslich ein Recht, ihre Enkelkinder zu sehen.
students.ch: Wenn man deinen Namen googelt, ist auffällig, wie besonders die britische Boulevardpresse mitmischt. Da stehen einige unglaubliche Geschichten drin! Nach all diesen Jahren des Erfolges und deiner Berühmtheit: Stört es dich noch?
Carl Cox: Es stört mich, ja. Aber ich versuche immer wieder, Falschnachrichten zu berichtigen. Gewöhnen kann man sich wohl nie daran.
students.ch: Du bist der bestbezahlte DJ der Welt und selbst nach 36 Jahren immer noch an der Spitze. Wie kannst du dir solch einen überragenden Erfolg erklären?
Carl Cox: Als ich neun Jahre alt war, habe ich angefangen mich für Musik zu interessieren. Zu dem Zeitpunkt besonders für die, die mein Vater gehört hat. Meine Interessen gingen von R'n'B über HipHop, bis hin zu Funk und der Populärmusik der 1960er Jahre. Ich denke, mein Interesse gleicht einer musikalischen Reise («musical journey»). Und weil ich immer für alles offen war, hat sich dies auch in meiner Erfahrung und meinem Schaffen manifestiert. Wenn ich ein neues Album produziere, denke ich bereits über das Folgende nach. Wenn ich meine Tracks live spiele, variiere ich ganz oft. Die Leute lieben es, diese Abwechslung zu erleben. Ich habe schon oft gehört «That's what he's talking about» und dann springen und hüpfen sie rum. Man muss immer offen für Neues sein!
students.ch: Deine Eltern stammen aus Barbados, du bist in der Nähe von Manchester aufgewachsen und zeitweise lebst du in Australien. Du legst auf der ganzen Welt auf. Hast du ein Ort, wo du dich zu Hause fühlst?
Carl Cox: Seit einigen Jahren verbringe ich den europäischen Winter in Melbourne, Australien. Diese Temperaturen, der Strand, die Leute: Ich glaube, ich habe mich nie wohler gefühlt. Selbst wenn ich gerne in meiner alten Heimat Grossbritannien und sehr häufig auf Ibiza bin, so fühle ich mich doch in Australien am besten aufgehoben.
students.ch: Nach der Street Parade wirst du dein Set an der Electric City spielen. Du warst bereits zuvor einige Male an der Parade vertreten. Wieso kommst du immer wieder zurück und was gefällt dir am Meisten?
Carl Cox: Zugegebenermassen, das Schweizer Publikum ist sehr schwierig, weil es wahnsinnig anspruchsvoll ist. Man kann nicht einfach hingehen und sein Set runterbrettern. Aber ich mag es wenn ich die Leute begeistern kann, denn dann sind sie ehrlich dabei. Vor zwei Jahren habe ich direkt nach Avicii gespielt. Der Junge war fast am Verzweifeln.
students.ch: Was war für dich dein bester Auftritt von allen?
Carl Cox: Meine Millenium-Tour 1999: Ich habe die Zeit ausgetrickst und mehrere Shows am Silvester-Abend zwischen Sydney und Hawaii gespielt. Das Ganze wurde zudem im Radio übertragen. Das war der Hammer!
students.ch: Was glaubst du, wie hat sich die Techno-Szene in den letzten 30 Jahren verändert?
Carl Cox: Damals nannten wir es nicht «Techno»: Wir spielten EBM, Trap, Drum and Bass oder Dubstep. Verschiedenste Leute haben sich für spezifische Richtungen interessiert. Heute ist es eine andere Generation. Man kann mit einem Laptop auf der Stage stehen und einen ähnlichen Effekt erzielen. Ich trete heute noch mit drei Plattentellern auf, auch wenn es Oldschool ist. Ich denke, heute hat es sich mehr vermischt.
students.ch: Und zum Schluss: Möchtest du deinen Fans in der Schweiz noch etwas sagen, bevor du dieses Wochenende an die Street Parade kommst?
Carl Cox: Nach 22 Jahren können wir stolzer denn je sein, denn wir sind nach wie vor relevant! Es ist so ein aufregendes Gefühl, dass die Street Parade keine Modeerscheinung war! Ich werde zu 110% dabei sein und euch die Energie spüren lassen. «I'm ready to rock!»
jm