Ich kann kaum mehr als zwei Akkorde spielen
Patrick Holenstein - Die beiden Brüder Rory und Eoin Loveless vom Garage-Rock Duo Drenge haben uns zu einem Interview in der Tiefgarage am Montreux Jazz Festival empfangen.
Manche Brüder spielen zusammen mit Lego oder Computerspielen. Die beiden Brüder Eoin und Rory Loveless von Drenge haben schon früh zusammen eine Band gegründet, um die Welt zu sehen und aus ihrem Dorf rauszukommen, wie sie uns im Gespräch erzählt haben. Ursprünglich sollte das Interview am Montreux Jazz Festival draussen an der Seepromenade stattfinden. Aufgrund eines Platzregens haben wir es kurzerhand in eine Tiefgarage verlegt – was beim Garage-Rock, den sie spielen, auch durchaus passend ist.
Eine persönliche Frage gleich zu Beginn: Seid ihr momentan verliebt?
Eoin: Ja, ich bin momentan verliebt.
Rory: Ich bin jetzt gerade ins Montreux Jazz Festival verliebt, aber mein Herz wird morgen gebrochen sein, wenn wir um 09:30 Uhr nach zwei Stunden Schlaf abreisen. Heute ist alles gut, aber morgen werde ich traurig sein.
In euern Texten scheint es, als ob ihr nicht viel auf Liebe und das Verliebtsein gebt, jedoch singt ihr viel darüber. Hattet ihr Liebeskummer, als die Songs entstanden sind?
Eoin: Ich denke nicht, dass wir Liebeskummer hatten. Vielmehr waren wir unglücklich.
Rory: Unglücklich, wütend, zynisch und unmotiviert. Wir standen auf der Seitenlinie und wünschten einen erneuten Ruck.
Eoin: Das Äquivalent ist, wenn man ein Fussballteam nicht mag, dieses jedoch die Liga gewinnt, dann sagt man zwar, dass das Team nicht wirklich gut ist, jedoch möchte man ein Fan davon sein.
Rory: Das ist ein sehr komplizierter Vergleich!
Ihr seid Brüder und euer Bandname ist das dänische Wort für „Jungs“. Wie seid ihr denn eigentlich auf diesen Namen gekommen?
Rory: Uns wurde die dänische Kultur etwa ein Jahr bevor wir mit der Band gestartet haben nähergebracht. Unsere Schule hat ein Austauschprogramm mit einer dänischen Schule. Wir haben auch einige dänische Filme geschaut und ich habe mich sehr für die Sprache interessiert und fand, dass dieser Name lustig und anders klingt. Es ist kein typischer Bandname mit „The“. Deshalb haben wir uns für Drenge entschieden.
Euer Familienname ist Loveless (Lieblos) – war es nie eine Option, den Familiennamen auch als Bandnamen zu haben?
Rory: Ich denke das wäre zu offensichtlich gewesen. Es gibt so viele Bands, die sich „The irgendwas Brüder“ nennen.
Eoin: Zum Beispiel Radkey. Die heissen Radke und haben einfach einen „Y“ an das Ende ihres Nachnamens gesetzt.
Rory: Radkey ist aber ein super Bandname. Das andere Ding ist, dass „Loveless“ ein Album von My Bloody Valentine ist. Und wir wollten da nicht in Verbindung gebracht werden, da es eine andere Musikrichtung ist.
Eoin: Aber es hätte den Leuten auch eine Andeutung geben können. Und das haben wir vermasselt. Speziell in England sollten Bandnamen nicht so ernst genommen werden.
Rory: Ja ich finde das schon etwas frustrierend bei manchen Bands, die ganz euphorisch sagen „Wir heissen so und so“ und dann erklären sie ihre Songs und Ideologien. Ich sage dann einfach, dass ich Rory heisse und erkläre nicht meine Songs und was ich in meinem Leben mache.
Ihr seid in einem kleinen Tal aufgewachsen, dass sich Hope Valley nennt. Wie stark hat euch dies beeinflusst?
Rory: Um ehrlich zu sein, würde ich sagen, dass uns der Name schon etwas beeinflusst hat. Es handelt sich um einen Ort, an dem viele Leute stecken bleiben, Kinder kriegen und dann ihre Kinder auch wieder Kinder kriegen und dort bleiben. Es ist schön, Familientraditionen an einem Ort zu haben, aber wir zogen dorthin, als wir vier Jahre alt waren und als wir älter wurden, wollten wir einfach nur weg kommen. Für uns wurde es das „No Hope Valley“ und wir versuchten alles, um es zu verlassen und starteten deshalb eine Band und spielten Konzerte ausserhalb des Tals. Es ist ein wirklich sehr schöner Teil des Landes mit einer wunderbaren Landschaft und vielen Hügeln. Jetzt ist es jeweils schön, dorthin zurückzukommen, aber als wir dort lebten, war es wie ein Gefängnis und es war das Letzte!
Ist es einfacher, mit dem Bruder in einer Band zu spielen? Seid ihr vielleicht etwas direkter zueinander?
Eoin: Ich denke wenn man mit Kumpels zusammen in einer Band spielt und es nicht mehr funktioniert, so ist es einfacher sich zu verabschieden und die Band zu verlassen, als wenn man eine Band mit seinem Bruder hat.
Rory: Wir würden uns immer noch an Weihnachten sehen. Wenn es also als Band nicht mehr funktionieren sollte, so würden wir immer noch miteinander sprechen.
Eoin: Aber es gibt einige Brüder, die nicht gut miteinander klar kommen, wie zum Beispiel Ray und Dave Davies oder auch die Gallagher-Brüder.
Wir haben euch kürzlich am Southside spielen sehen, an dem auch die Blood Red Shoes gespielt haben…
Eoin: …Rory feierte da seinen 21. Geburtstag!
Es scheint, als gäbe es in England eine Verbindung zwischen Duos. So hat Eoin zum Beispiel bei Blood Red Shoes auf der B-Seite von „An Animal“ gespielt oder ihr wart beide mit dem Duo Slaves unterwegs.
Rory: Ja ich denke das gibt es, denn es ist einfacher, mit einem anderen Duo auszukommen – man fühlt sich teilweise, als wäre die ganze Welt gegen einen. Die Leute vergleichen einem die ganze Zeit mit The Black Keys oder The White Stripes.
Eoin: Es gibt es auch sehr oft, dass Duos zusammen Konzerte geben. Vor Ewigkeiten haben wir mal ein Konzert mit Slaves gespielt und sie haben dann mit Blood Red Shoes gespielt und so kamen wir in Kontakt mit den Blood Red Shoes.
Ich habe gelesen, dass ihr Publizität bekamt, weil euch ein Politiker namens Tom Watson empfohlen hat. Seid ihr interessiert in Politik?
Eoin: Als Musiker sind wir nicht in Politik interessiert, jedoch als Personen schon.
Beim Jazzfestival in Montreux wird jedes Konzert aufgenommen und manche werden auch veröffentlicht. Seit ihr jemals mit einem dieser Auskopplungen in Berührung gekommen?
Eoin: Ich wusste zuvor überhaupt nichts von hier, jedoch glaube ich, dass das Konzert aufgenommen wird.
(Rory fragt den Tourmanager, ob das Konzert aufgenommen wird – dieser sagt, dass er denke, es werde aufgenommen)
Eoin: Falls es nicht aufgenommen werden sollte, so würde es als einer der grössten Fehler in die Geschichte des Festivals eingehen. (lacht)
Oben auf dem Hügel ist ein Chalet, in dem sich angeblich die Musiker jeweils zu Jam-Sessions treffen. Werdet ihr heute Abend nach dem Konzert auch noch dorthin gehen?
Eoin: Da wurden wir leider nicht eingeladen. Wir sind wohl noch zu wenig bekannt dafür, weshalb wir das Interview auch hier in der Tiefgarage führen müssen.
Rory: Beim Jazz kann man auch gut zusammen jammen, jedoch sind wir eine Garage-Rock-Band, da ist es schwieriger.
Eoin: Ich kann ja kaum mehr, als zwei Akkorde spielen, da würde ich die anderen nur erschrecken.