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14. August 2014, 09:32 Movie

Vier Tage in Locarno: 1

Gregor Schenker - Unser Filmreporter hat es spontan ins Tessin verschlagen, an die letzten Tage des Festival del Film Locarno 2014. Dort schaut er sich, was sonst, haufenweise Filme an.

Als der Zug am Mittwoch-Nachmittag in Locarno ankommt, könnte das Wetter besser sein. Immerhin nicht so verschifft wie die Gegend nördlich vom Gotthard. Dass das Festival bereits auf die letzten Tage zugeht, merkt man an den vielen Leuten mit müden Gesichtern, aber entspannter Grundhaltung.

Dann ging's auch schon rüber ans andere Ende der Stadt, wo die Kinosäle La Sala und L'altra Sala stehen. Unbequeme Sitze, schlechte Toiletten. Aber die Oasi Casablanca ist nett: Eine Bar im Stil eines Harems, mit Sofas, Sitzkissen und orientalischer Musik im Lautsprecher. Man kriegt hier auch entsprechendes Essen (noch nicht probiert, aber dazu ist ja noch Zeit).

Dort lief dann übrigens:


Pardi di domani: Concorso nazionale

Ein Ausschnitt aus dem schweizerischen Kurzfilmwettbewerb.

Le miel ext plus doux que le sang
Von Colia Vranici, 2014, 24 min.
Eine junge Frau besucht mit ihrem sterbenden Grossvater den Friedhof. Ausserdem verstreitet sie sich mit ihrem Freund, kommt aber wieder mit ihm zusammen.
"Laaaangweilig!" – Homer Simpson

Die Hälfte der Welt
Von Jérôme Furrer, 2014, 18 min.
Ein iranischer Einwanderer, der als Putzkraft in Zürichs Prime Tower arbeitet, stellt fest: Sein Sohn hat das Studium hingeschmissen und sich islamischen Fanatikern zugewandt.
Ist der Film in der Thematik ein wenig plump, so berührt das Gespräch von Vater und Sohn doch sehr. Eine hervorragende Leistung der beiden Hauptdarsteller.

Orages d'éte
Von Nadège de Benoit-Luthy, 2014, 20 min.
Ein Pärchen macht Ferien, die unter der Sex-Unwilligkeit des weiblichen Parts leiden. Da kommen zwei frischverliebte Bekannte hinzu.
Kleine poetische Momente machen den Reiz dieses Werks aus, wie zum Beispiel: Die Nahaufnahmen der beiden Zahnbürsten im Glas, der Bademäntel am Haken und der Flipflops am Boden.

Petit Homme
Von Jean-Guillaume Sonnier, 2014, 30 min.
Zwei jungen in einem Programm für angehende Jockeys. Der kleinere bewundert den grösseren, doch der hat Probleme.
Ein mitreissendes kleines Drama aus der Welt der Rennpferd-Reiter, wo um jedes Kilogramm gekämpft wird und Wachstumsschübe eine Katastrophe bedeuten. Aber die Liebe der Kamera zu den Knabenkörpern ist mitunter leicht unangenehm.

Aubade
Von Mauro Carraro, 2014, 6 min.
Ein Cellist steht auf dem Wasser. Riesige Papierschiffe ziehen vorbei. Ein Wal macht die Sonne nass.
Dieses animierte Musikvideo ist ein Schmaus für Aug und Ohr. Ohne Frage das Highlight des Tages (siehe Titelbild).


A Blast (Concorso internazionale)

Von Syllas Tzumerkas, Griechenland/Deutschland/Holland 2014

Vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise in Griechenland: Maria stellt fest, dass ihre Mutter das Familiengeschäft hoch verschuldet hat. Also sucht sie nach einem Ausweg. Während sie sich für ein kriminelles Geschäft einspannen lässt, reminisziert sie über ihr Familienleben.

Das Programmheft warnt: "This film features scenes that could schock the sensitivity of some viewers". Dabei geht es am Ende bloss um ein paar freizügige Sexszenen zwischen Maria und ihrem Freund (sowie späterem Ehemann).
Tatsächlich verstörend ist Tzumerkas' Erzählweise, die dem Publikum stets nur ein Minimum an Informationen gibt und dazu noch ständig in der Zeit vor und zurück springt. Sich permanent zusammenreimen zu müssen, was grad vor sich geht, ist etwas frustrierend. Der wütenden Kraft des Filmes kann man sich dennoch nicht entziehen.

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