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16. August 2014, 02:17 Movie

Vier Tage in Locarno: 3

Gregor Schenker - Das Wetter in Locarno hält! Ausserdem wirft unser Filmreporter einen Blick in die Vergangenheit und widmet sich einen Freitag lang der Kinogeschichte.

Frühmorgens um neun sind die Kinosäle noch nicht prall gefüllt, aber immerhin war Cem Kaya, der Regisseur von Remake, Remix, RipOff, gut aufgelegt. Sein Film über die türkische Filmgeschichte ist so gut, dass ich gleich beim Zurückblicken blieb und mir eine Trailershow und zwei klassische Horrorfilme aus der Titanus-Retrospektive angesehen habe (die Produktionsfirma hat über die Jahrzehnte verdammt viele schöne Sachen fabriziert). Der einzige Wehrmutstropfen bezüglich der Titanus-Projektionen bestand darin, dass die ausführlichen Einführungen durch die zuständigen Experten nur auf Italienisch waren.


Remake, Remix, RipOff (Histoire(s) du cinéma)

Von Cem Kaya, Deutschland/Türkei 2014

Wer Dünyayı Kurtaran Adam (1982) nie gesehen hat, der hat im Leben was verpasst. Besser bekannt unter dem Namen Turkish Star Wars, handelt es sich dabei um ein Meisterwerk des Trashfilms – das so nur im türkischen Kino der 80er-Jahre entstehen konnte. Bildmaterial, das aus Star Wars einkopiert wurde, das Titelthema aus Indiana Jones sowie eine haarsträubende Geschichte über böse Weltallgehirne und den Islam. Herrlich.

Cem Kayas Dokumentarfilm Remake, Remix, RipOff rollt nun die Filmgeschichte der Türkei von den 40ern bis zur heutigen TV-Serien-Produktion auf. Er gibt einen handlichen Überblick über die wirtschaftlichen und politischen Bedingungen und veranschaulicht die Arbeitsweise der türkischen Filmemacher: Die produzierten Billigfilme am Fliessband, indem sie amerikanische Vorbilder kopierten, Musik stahlen und die immer gleichen Geschichten rezyklierten. Was dabei herauskam, schwankt zwischen Laientum, Geldgier und Dadaismus.

Eine spannende Geschichtstunde mit haufenweise schönen Beispielen und unzähligen Interviews – natürlich kommt auch Cüneyt Arkın zu Wort, der Held (und Drehbuchautor) von Dünyayı Kurtaran Adam.


Prossimamente ... Titanus – Una storia lungo i trailer (Retrospettiva Titanus)

Italien 2014

Die Geschichte der Titanus, nachvollzogen über eine Reihe von Trailern, darunter die zu Rocco und seine Brüder oder Der Leopard. Immer wieder spannend zu sehen, wie Filme früher angepriesen wurde. Allerdings: Damals wie heute folgten die meisten Trailer einem bestimmten Schema, mit nur wenigen experimentellen Ausreissern.


Il demonio/The Demon (Retrospettiva Titanus)

Von Brunello Rondi, Italien/Frankreich 1964

In einem süditalienischen Dorf: Die junge Frau (siehe Titelbild) kann nicht von dem Mann lassen, obwohl er eine andere heiratet. Also belegt sie ihn mit einem Fluch. Dem Anschein nach von einem Dämon besessen, bringt sie die ganze Dorfbevölkerung gegen sich auf.

Fellini-Kumpel Rondi mischt Grusel mit ethnologischer Studie: Die Bessesenheit der Frau wäre nicht denkbar ohne die religiösen und magischen Rituale, in die das gesamte Leben des örtlichen Volkes eingebettet ist. Ein dokumentarischer Satanistenthriller also. Nimmt vieles vorweg, was The Exorcist ein Jahrzehnt später zeigte. Zum Teil sehr gruselig (nicht schlecht für so einen alten Streifen).


I vampiri/Lust of the Vampire (Retrospettiva Titanus)

Von Riccardo Freda, Italien 1957

In Paris fischt man tote junge Frauen aus der Seine. Sie alle haben gemeinsam: Kein Tropfen Blut mehr im Körper. Ein Journalist beginnt zu ermitteln und kommt einer zwielichtigen Gräfin auf die Spur.

Mehr Krimi als Grusel, überzeugt der Film in erster Linie durch seine grandiosen Bilder. Selten hat man Palastzimmer mit derart schön wehenden Vorhängen gesehen. Kein Wunder, stand doch Mario Bava hinter der Kamera, der später zum visuellen Visinonären des italienischen Horrorfilms werden sollte (höchstens Dario Argento konnte ihm das Wasser reichen – der dieses Jahr bekanntlich Gast in Locarno war).

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