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8. September 2014, 16:18 Music Interview

Ich habe keine Ahnung, was unsere Texte bedeuten.

Patrick Holenstein - Vor dem Auftritt am Zürich Openair haben wir Scott und Jon von Dry the River zum Interview getroffen und sie über das neue Album ausgefragt.

Interview von Hansjürg Stämpfli in Zusammenarbeit mit Bäckstage.

Dry the River sind mit ihrem zweiten Album „Alarms in the Heart“ zurück. Kurz nach dessen Veröffentlichung haben sie am Zürich Openair gespielt. Wir haben den Bassisten Scott Miller und Schlagzeuger Jon Warren auf ein Interview getroffen und dabei über das neue Album, Festivals und die Tour mit Biffy Clyro gesprochen.

Auf dem Cover zum neuen Album hat es Tarot Karten. Wofür stehen diese?

Jon: Das muss man selbst herausfinden und die Tarot Karten lesen – sie haben eine sehr tiefgründige Bedeutung und sind offen für die eigene Interpretation. Es bedeutet auf jeden Fall etwas.

Scott: Ich versuche gerade mich zu erinnern, welche drei Karten eigentlich vorne sind. „Medizin“ ist eine, dann auf jeden Fall „Tod“.

Jon: Das „Herz“ ist auf der Rückseite und „Schwerter“ ist auch noch dabei.

Scott: Man kann da schon etwas rauslesen. Tarot ist ja sowieso sehr offen für Interpretationen. Der Tarot-Leser nimmt also die Karten raus und je nachdem, in welcher Reihenfolge die Karten sind, lesen sie was raus. Es ist sehr kompliziert und wir überlassen das der Interpretation der Leute.

Jon: Oder man geht zu einem Profi und fragt den (lacht).

Seit ihr jemals zu einer Wahrsagerin gegangen?

Jon: Bis jetzt noch nicht, aber Matt, unser Gitarrist, ist ganz scharf drauf. Er wird sich also schon noch die Karten legen oder seine Zukunft lesen lassen. Ich selbst habe da zu viel Angst davor. Ich schaue sehr viele Horrorfilme und will mich da nicht reinziehen lassen.

Scott: Unser Keyboarder studiert momentan Tarot und wie man die Karten liest. Er liest im Moment sehr viel darüber. Wenn er das Fähigkeitslevel erreicht hat, dann werde ich ihn fragen, ob er mir die Tarot-Karten legt. Ich finde es ist wichtig, dass es jemand macht, der einem nahe ist und dem man auch vertrauen kann – nicht irgendjemand, der falsch ist und eine anlügt.

Glaubt ihr an solche Sachen, wie die Spiritualität oder auch die Bibel, welche beim letzten Album eine grosse Rolle eingenommen hat?

Scott: Die Bibel und die religiösen Inhalte waren schon immer in unseren Texten. Ich glaube, dass die Leute diese Worte und Wortspiele mögen. Sie haben einen sehr kraftvollen Subkontext. Das neue Album ist vielmehr geradeaus und auf dem Boden der Tatsachen. Aber wir waren nie eine christliche Band.

Jon: Es ist also nicht so, dass wir von Christen zu Satanisten wurden. Wir sind keines von dem.

Scott: Ich glaube uns gefallen einfach die verschiedenen Aspekte der Spiritualität.

Jon: Und vor allem die starken Bilder auf beiden Seiten – da hat es sehr viel davon. Auch textlich bietet diese ganze spirituelle Welt viel für Peter beim Songschreiben. Aber wie gesagt, Pat – der neue bei uns – ist voll in diesem Ding. Er ist etwas verrückt. Der hat einen heidnischen Altar in seinem Zimmer. Er ist echt ein komischer Typ.

Scott: Oh ja, ein sehr komischer Kauz.

Jon: Wir versuchen, uns von ihm fernzuhalten. Aber er ist ein super Keyboardspieler.

Wenn man „Shallow Bed“ mit „Alarms in the Heart“ vergleicht, so ist das neue Album „Alarms in the Heart“ weniger melancholisch – teilweise sogar fröhlich. Was hat diesen Wandel verursacht?

Jon: Nun ja, in erster Linie wohl weil Peter ein grossartiges Leben hatte.

Scott: Wir hatten alle eine gute Zeit.

Jon: Ja, wir hatten echt eine super Zeit. Peter schreibt die Songs von Herzen und so kommen Erlebnisse in die Musik. Ich glaube aber, dass trotzdem ein ziemlich depressiver Grundton auf dem Album ist. Wenn man es sich anhört, so ist es schon etwas melancholisch und depressiv. Aber musikalisch ist es diesmal schon aufmüpfiger.

Scott: Es ist euphorischer. Manchmal sind aber die Melodien etwas traurig, gerade mit Harfenklängen. Aber dann hat es zusätzliche Gitarren und auch mehr Rock-Elemente drin. Es geht also auch mehr in die Richtung, wie wir live klingen. Ich denke wenn wir diese Songs im gleichen Stil spielen würden, wie auf dem ersten Album, also zum Beispiel wie „Bible Belt“, so würden sich die Leute ihre Handgelenke aufschneiden, da die Texte teilweise so depressiv sind. Deshalb mussten wir dies mit der Musik etwas ausgleichen.

Die Entstehung des ersten Albums war ohne Druck und diesmal habt ihr eine Deadline bekommen. War es viel stressiger, als mit „Shallow Bed“?

Scott: Nein es war einfach anders. Beim ersten Album hatten wir so extrem lange Zeit, dass das Album über eine Zeitspanne von fünf Jahren natürlich entstanden ist. Es war nicht so, dass wir ein Album schreiben mussten. Wir haben einfach über die Jahre hinweg Songs geschrieben, immer wieder ein bisschen die Arrangements verändert oder Peter hat die Texte umgeschrieben. Das hat sich dann irgendwann in eine Kollektion von Songs zusammengeformt. Wir sind also ins Studio gegangen und haben einige Lieder für die Aufnahmen herausgepickt. Diesmal war es eine völlig andere Erfahrung, was aber auch sehr aufregend war. Wir hatten eine völlig weisse Leinwand und mussten dann Songs schreiben. Peter und Matt sind zusammen ins Studio gegangen und haben Ideen gesammelt. Nach etwa einen Monat sind Jon und ich dann dazu gekommen. In sehr kurzer Zeit mussten wir rund zehn Songs machen. Also war der Prozess völlig anders, aber auch irgendwie angenehm.

Jon: Wir konnten es aber nicht wirklich ruhig nehmen, da wir von der Plattenfirma strikte Zeitvorgaben hatten.

Scott: Ja, da wurden wir total überfahren.

Jon: Ja absolut. Sie haben uns ein paar Monate gegeben und wir haben gedacht, dass wir das locker schaffen würden. Jedoch stellte sich heraus, dass dem nicht so war. Wir brauchten wirklich mehr Zeit. Wir schreiben nicht wirklich, wenn wir auf Tour sind. Wir haben viel Zeit auf Tour verbracht, hatten dabei eine gute Zeit und haben uns nicht im Hotelzimmer zurückgezogen mit den Gitarren. Ich glaube Peter hatte schon einen riesigen Druck, um Songs herauszubringen.

Scott: Wir können die Songs nicht einfach so herauspressen. Etwa im November hatten wir dann circa zehn Songs beisammen, aber wir waren nicht wirklich zufrieden damit. Wir hätten aber bereits fertig sein sollen, weil die Plattenfirma meinte, dass das Album rauskommen muss. Wir haben aber entschieden, dass wir nicht zufrieden sind und haben etwa fünf Songs davon wieder ausrangiert und zu Beginn dieses Jahres neues Material geschrieben. Zudem haben wir auch viele Teile der Songs neu arrangiert. Wir dachten zu Beginn wirklich, dass wir das Album in nur kurzer Zeit machen können, aber es stellte sich heraus, dass wir da etwas versagt haben. Es dauerte nun schon viel länger, als wir eigentlich geplant haben.

Jon: Für das nächste Album planen wir wohl einfach erstmal drei Jahre in Hawaii ein.

Dann wird wohl jetzt eine Weile kein neues Album kommen?

Scott: Ich glaube wir haben nun gelernt, in kurzer Zeit etwas herauszubringen. Vielleicht schaffen wir das wieder. Das zweite Album ist halt einfach das erste Album, das man auf diese Art aufnimmt. Beim dritten Album werden wir da also schon etwas Praxis haben und es vielleicht auch einfach so durchziehen.

Jon: Das beängstigende ist auch, dass man bei den Aufnahmen so lange weg vom Touren ist. Wir mögen es extrem gerne, draussen zu sein und vor Leuten zu spielen. Wenn man dies während einem Jahr nicht macht, dann ist es hart. Man gerät sehr schnell in Vergessenheit, denn es kommt so viel Neues und die Leute wenden sich sehr schnell anderen Bands zu, wenn man nicht in der Öffentlichkeit steht.

Scott: Ja, man muss die Leute zwischendurch daran erinnern, dass man noch leben.

Jon: Wir können uns wirklich glücklich schätzen, dass wir zurückkommen konnten, die Leute sich noch an uns erinnerten und wir nach wie vor Shows spielen können.

Scott, du hast mir mal erzählt, dass du eigentlich nur touren möchtest, ohne Aufnahmen machen zu müssen.

Scott: Ja, das wäre echt mein Traum! Wenn Songs magisch in unseren Köpfen erscheinen würden und dann auf CD, dann wäre das das einfachste. Wir wären dann nur noch am Konzerte geben. Vielleicht sollten wir einfach Livealben aufnehmen und diese dann verkaufen.

Vor einem Jahr habt ihr am Blueballs Festival in Luzern auch einige neue Songs gespielt. Sind davon eigentlich alle auf dem Album gelandet?

Scott: Ich glaube alle, bis auf zwei?

Jon: Ja genau, zwei davon haben es nicht geschafft. Aber die kommen als B-Seiten heraus, glaube ich. Jedoch gab es auch Songs, die wir aufgegeben haben. Es gab einige, die wir alle sehr mochten, aber bei einem Album müssen alle Songs zusammenpassen, was bei diesen beiden nicht der Fall war.

Scott: Wir haben im Januar 2013 damit begonnen, neue Songs zu schreiben. Dabei waren wir so aufgeregt, dass wir endlich neues Material hatten, dass wir es gleich live vor Publikum ausprobiert haben. Wir waren echt scharf darauf, diese Sachen zu spielen. Aber gegen Ende des letzten Jahres haben wir bei manchen Songs gemerkt, dass sie nicht funktionieren oder die Instrumentalisierung nicht richtig gepasst hat. „Hidden Hand“ und „Gethsemane“ haben wir damals schon gespielt und ie sind auf dem Album gelandet.

Jon: Es gibt da noch zwei Songs. Den einen, „New Cross“, kann man zum Beispiel bekommen, wenn man sich die Vinyl Version kauft. Beim Vinyl ist noch eine Flexi-Disc dabei und dort ist der Song drauf – tönt schrecklich auf dieser Flexi-Disc. Aber ist trotzdem höllisch cool (lacht).

Auf beiden Alben habt ihr einen Hidden Track, was sehr ungewöhnlich ist in der heutigen Zeit. Gibt es dazu einen speziellen Grund?

Scott: Natürlich! Wir sind schliesslich in den 90-igern aufgewachsen.

Jon: Ich wollte es eigentlich so, dass man beim ersten Song zurückspulen muss, um an den versteckten Song zu kommen. Das wäre so cool. Hoffentlich können wir das auf dem dritten Album so machen!

Scott: Verrate das doch nicht schon jetzt (lacht)!

Scott, du hast im letzten Interview mit uns gesagt, dass du keine Ahnung von den Texten eurer Songs hast. Ist das inzwischen anders?

Scott: Um ganz ehrlich zu sein – das ist total wahr. Wenn du mich jetzt nach den Texten fragen würdest, so hätte ich extrem Mühe, diese zu sagen. Ich müsste den Song spielen und zu dem Teil kommen, an dem ich singe und dann erinnere ich mich. Das geht wohl irgendwie in einen anderen Teil meines Gehirns, in das Unterbewusstsein, wo es nur auf Abruf rauskommt. Aber als wir das Album gemacht haben und auch jetzt, wenn wir die Promotion für das Album machen und darüber sprechen, höre ich mir das Album viel öfter an, als ich dies bei „Shallow Bed“ gemacht habe. So bekomme ich auch einen völlig anderen Zugang dazu, denn ich schreibe die Songs ja nicht, sondern höre mir sie an, wie jeder andere Hörer auch. Für mich sind die Texte ja nicht persönlich, sondern ich kann mir sie anhören und sie geniessen. Das ist eine coole Erfahrung. Auf der Bühne ist es dann wieder anders – da feuern die Texte aus mir heraus, wenn wir jeweils an den Teil kommen, bei dem ich mitsinge.Aber ich habe keine Ahnung, was die Texte bedeuten sollten. Selbst wenn ich mir sie oft anhöre, so habe ich keinen blassen Schimmer – nicht mal bei denen vom neuen Album, bei dem die Texte ja mehr wortgetreu sind und einfacher zu verstehen sein sollten. Aber für mich sind sie das nicht (lacht). Ich bin echt schlecht darin, Texte zu verstehen.

Wenn ich eure Instagram Profile anschaue, so sieht man, dass ihr auch oft an Festivals geht, wenn ihr nicht spielt. Welches ist den euer Lieblingsfestival?

Beide zusammen: Oh ja, das mögen wir sehr!

Jon: Wenn immer wir die Zeit haben, dann machen wir das. Scott und ich stehen eher auf härtere Musik. Wir gehen, wenn möglich jeweils zum Download Festival oder auch Sonisphere. Es ist jeweils extrem schön, dorthin zu gehen, da man den Druck der eigenen Show nicht hat und man es so richtig geniessen kann. Natürlich zelten wir dabei auch – ich liebe es! Wir lieben Musik und deshalb ist das super.

Scott: Wir haben bisher schon so viele Festivals gespielt und meistens sind auch Hammer-Bands unterwegs, die wir gerne sehen möchten. Aber meistens werden wir dann nicht für die gleichen Festivals gebucht – z.B. mit Iron Maiden. Wir spielen halt einfach nicht die gleiche Art von Musik. Deshalb ist es toll, auch an andere Festivals zu gehen, an denen Dry the River niemals spielen würden.

Habt ihr ein Lieblingsfestival?

Jon: Das Reading Festival ist so eines. Wir sind mit diesem Festival aufgewachsen. 1999 sind wir meines Wissens das erste Mal dorthin gegangen und seitdem gehen wir jedes Jahr, da wir in der Nähe wohnen. Das war für uns immer das Grösste, wenn man so mit 15 dorthin geht, trinkt und Party hat. Deshalb hat dieses Festival einen speziellen Platz in unseren Herzen. Glastonbury ist auch immer gut, weil die so extrem nett zu uns sind. Da bleiben wir jeweils das ganze Wochenende.

Scott: Das ist auch immer ein total verrücktes Erlebnis – es ist einfach riesig! Aber ein Lieblingsfestival zu wählen, ist schwierig. Wir lieben verschiedene Festivals für verschiedene Gründe. Auch kleinere Festivals, wie das „End of the Road“-Festival in der UK ist toll. Wir landen auch immer an verrückten Festivals in Europa, bei denen wir nicht gedacht hätten, dass wir dort spielen würden. Wir waren in Budapest am Sziget Festival und an Festivals in Lettland und Kroatien. Manchmal hat es auch wirklich wunderschöne Kulissen.

Jon: Das ist in England zum Beispiel sehr selten. Dort sind die Festivals meistens auf furchtbaren Feldern.

Scott: Wenn man in normalen Veranstaltungsorten spielt, dann sind die Lokalitäten meist mitten in der Stadt und man fährt von Stadt zu Stadt und bekommt nicht wirklich was zu sehen. Jedoch die Festivals sind teilweise oben auf einem Berg, wie beim Gurtenfestival mit wunderschöner Aussicht.

Jon: Hier in Europa werden wir auch viel besser behandelt. Speziell hier am Zürich Openair schauen sie extrem gut zu uns – das ist unglaublich.

Im letzten Jahr wart ihr mit Biffy Clyro auf Tour. Scott, du hast mir mal am Westend Festival in Dortmund, als ihr das erste Mal Biffy Clyro supportet habt, gesagt, dass sie deine absolute Lieblingsband sind. War dies wie ein Traum, der wahr wurde?

Scott: Absolut! Das sind die nettesten Typen. Wenn man seine Idole trifft, hat man schon etwas bedenken, dass sie arrogant sein könnten. Aber die waren so bodenständig und so coole. Wir haben ihr Konzert möglichst jedes Mal geschaut. Jon, du hast sie wie oft gesehen? 21 Mal?

Jon: Nein, 16 Mal.

Scott: 16 Mal das ganze zweieinhalbstündige Set!

Jon: Ich habe es bei jeder Lokalität von einem anderen Ort geschaut. Manchmal von der Seite oder auch ganz vorne in den Leuten.

Scott: Wir haben uns jedes Mal extrem beeilt, um unsere Sachen zusammen zu packen, damit wir den ersten Song nicht verpassten. Sie haben an jedem Abend eine Hammer Show gespielt.

Jon: Für mich ist es auch quer, dass wir herausgefunden haben, dass sie in einem ähnlichen Alter sind, wie wir. Ich hätte immer gedacht, dass die viel älter sein müssen – Idole müssen doch irgendwie immer viel älter sein. (lacht)

Scott: Ich hoffe, dass wir wieder mit ihnen auf Tour gehen können!

Leider hatte dann ja euer Van eine Panne, weshalb ihr beim Konzert in der Schweiz nicht den Support gespielt habt. Jedoch hörte ich Gerüchte, dass ihr bald wieder in die Schweiz kommt?

Scott: Das sind keine Gerüchte. Jedoch wissen wir die Daten nicht. Im Oktober sind wir in UK auf Tour und danach gehen wir für drei Wochen nach Amerika. Im November kommen wir dann zurück und werden durch Europa touren. Natürlich kommen wir da auch in die Schweiz, weil wir immer gut empfangen wurden und das Publikum immer sehr nett zu uns war.

Jon: Die Gerüchte sind also wahr – wir werden auf jeden Fall zurückkommen!
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