Kinorückblick 2014
Gregor Schenker - Wikinger, Krebskranke und isländische Pferde: Schon wieder ist ein Kinojahr zuende gegangen. Unser Filmteam hält Rückblick und ruft sich die besten (aber auch schlechtesten) Filme der vergangenen zwölf Monate in Erinnerung.
Die Abschiffer
5. Boyhood
Dieser Eintrag geht auf das Konto unseres Filmredaktors und seinen Hass auf das Schaffen Richard Linklaters. Der findet, der Regisseur versuche jeweils, geistreich und witzig zu sein, liefere aber nichts als erzbanale Gefälligkeitsfilme. Aber das Schlimmste daran: Publikum und Kritik fressen Linklater unisono aus der Hand.
4. Walking on Sunshine
Es gab in diesem Jahr viele Liebeskomödien, unter deren seichter Oberfläche Sexismus und intellektueller Lochfrass wüten. Walking on Sunshine ist darüber hinaus ein Musical, das einige ziemlich gute Hitsongs der 80er erbarmungslos massakriert. Ein Verbrechen am Kino und der Musik gleichermassen.
3. Northmen – A Viking Saga
Schweizer Filmemacher versuchen sich an grossem Genrekino und erzählen hierzu von Wikingern. Die hocken dann vor allem im Wald herum und werfen sich so endlose wie miserable Dialoge um die Ohren. Das haben die alten Wikinger nicht verdient.
2. 20 Regeln für Sylvie
Schweizer Katastrophen, die Zweite: Basler haben einen grauenhaften Humor und können keine Filme machen.
1. The Fault in Our Stars
Was macht man als Schrifsteller, wenn man John Green heisst und kein Talent für Liebesgeschichten hat? Man gibt seinen Turteltauben Krebs und zitiert Anne Frank herbei, um Relevanz zu simulieren. Das ergibt nicht bloss ein schlechtes Buch, sondern ist auch zynisch und widerwärtig – und das gilt ebenso für die Verfilmung.
Die Preisschwimmer
5. Wish I Was Here
Am Rande des Zurich Film Festivals:
„Wer ist das da auf dem grünen Teppich?“
„Das ist Zach Braff.“
„Und wer ist Zach Braff?“
„Der Arzt aus Scrubs“.
„Ach so.“
„Der hat jetzt einen Film gemacht, Wish I Was Here.“
„Ist der gut?“
„Verdammt gut sogar.“
„Oha. Dann guck ich den mal.“
4. Of Horses and Men
In Island gibt's nicht viel ausser Menschen und Pferden, die sich zudem nur marginal voneinander unterscheiden (es geht ja beiden nur um Sex). Benedikt Erlingsson hat die mit Abstand lustigste und tiefsinnigste Tierstunde des Jahres geliefert.
3. Nightcrawler
Jake Gyllenhaal als Aasgeier des modernen Nachrichtenwesens: Je weiter das Blut spritzt, umso mehr sind die Bilder wert. Der Film soll sogar besser als Drive sein.
2. Finsterworld
Die Eheleute Christian Kracht und Frauke Finsterwalder kombinierten die Kraft ihrer grandiosen Namen, um eine gallig-ätzende Satire auf die Gegenwart zu drehen – die aber doch immer menschlich bleibt. Da Kracht ursprünglich Basler ist, müssen wir ein paar böse über die Rhein-Indianer zurücknehmen.
1. Kreuzweg
Der Film lief nur ein einziges Mal am Zürich Film Festival und sonst nirgends in der Schweiz ... unendlich schade, denn Kreuzweg ist ein Meistwerk, wie man es selten findet. Die Geschwister Dietrich und Anna Brüggemann erzählen vom Leidensweg eines Mädchens, das in einer Familie von fundamentalistischen Katholiken aufwächst. Nach dem Vorbild des klassischen Kreuzwegs gestaltet, besteht der Film aus vierzehn Einstellungen, die ohne Schnitte oder Kamerbewegungen auskommen. So streng Kreuzweg formal ist, so sehr nimmt einen die Leidensgeschichte des Mädchens mit. Dabei betreiben die Brüggemanns niemals plumpe Religionskritik, sondern liefern eine so genaue wie abgründige Milieu-Analyse. Hut ab.
Das sind sie also, unsere Lieblings- und Hassfilme. Einverstanden? Empört? Die Kommentarsektion ist eröffnet!