A PIGEON SAT ON A BRANCH REFLECTING ON EXISTENCE
Gregor Schenker - Die Tragikmödie von Roy Andersson erzählt von Tauben, Menschen und anderem Getier. Und beweist dabei, dass Lethargie zum Brüllen komisch sein kann.
Der schwedische Regisseur hat international mit witzigen Werbefilmchen Furore gemacht; die Kürzestform beherrscht er wie kein Zweiter. So ist es keine Überraschung, dass auch diese drei Filme keine Dramaturgie im gewohnten Sinne verfolgen, sondern aus einer Aneinanderreihung von Episödchen bestehen.
Für den Zusammenhalt sorgen das Thema und ein paar wiederkehrende Figuren -- allen voran zwei Vertreter für Scherzartikel. Die beiden versuchen (meist erfolglos) Vampirzähne und Masken an den Mann zu bringen, treiben (ebenso erfolglos) Schulden ein und verstreiten sich zwischendurch, weil das alles ja doch keinen Sinn hat.
Jonathan und Sam (Holger Andersson und Nils Westblom) sind in ihrer depressiven Lethargie extrem sympathisch und gehören zu den tiefgründigsten Duos der Filmgeschichte: Hinter ihrer lächerlichen Fassade lauern die Abgründe des Menschseins.
Auch in den anderen Geschichten balanciert Andersson meisterhaft zwischen Komik und Tragik: Da finden wir uns zum Beispiel im Restaurant eines Kreuzfahrtschiffs wieder, wo gerade ein Mann einen tödlichen Herzinfarkt erlitten hat. Die Kassiererin interessiert vor allem: Was soll sie mit dem Menü machen, das der Tote schon bezahlt hat?
Etwas später okkupiert ein König aus dem 17. Jahrhundert mitsamt seiner Armee eine moderne Beiz - eine der aufwändigsten und grossartigsten Kinoszenen der Gegenwart.
Und die titelgebende Taube? Na, die müsst ihr selbst entdecken.
Bewertung: 5 von 5
- Titel: A Pigeon Sat on a Branch Reflecting on Existence
- Land: Schweden
- Regie: Roy Andersson
- Drehbuch: Roy Andersson
- Darsteller: Holger Andersson, Nils Westblom, Viktor Gyllenberg
- Verleih: Look Now!
- Start: 15. Januar 2015