Der tibetische Krieger
Gregor Schenker - Er hat einen schwarzen Sarg von Bern nach Genf gezogen, Johann Schneider-Ammann die Leviten gelesen und den Dalai Lama besucht: Der Exil-Tibeter Loten Namling steht im Zentrum des Dokumentarfilms „Tibetan Warrior“. Und er war so freundlich, uns einige Fragen zu beantworten.
Nun erzählt er uns von Selbstverbrennungen und der Arbeit mit Regisseur Dodo Hunziker.
Übrigens, hier findet ihr eine Kritik zum Film und hier das Interview mit dem Regisseur Dodo Hunziker. Dazu gibt es hier ist die offizielle Website zum Film, die auch sämtliche Vorstellungen listet.
Students.ch: Als du den fertigen Film das erste Mal gesehen hast, fandest du dich da gut dargestellt?
Loten Namling: Es ging mir ja nicht darum, mich darzustellen, sondern darum, von Tibet zu erzählen. Seit 2009 haben sich über 130 Tibeter aus Protest selbst verbrannt, aber hierzulande spricht kaum jemand darüber. Ich wollte die Leute dazu bringen, darüber zu reden.
Ich erzählte Bekannten von meinen Plänen, einen schwarzen Sarg durch die Schweiz zu ziehen, von Bern nach Genf, und anschliessend ein Konzert zu veranstalten. Sie meinten: „Das solltest du dokumentieren.“
Ich traf dann Dodo Hunziker knapp zwei Wochen vor der Aktion. Damals war noch gar nicht die Rede davon, einen Langfilm zu machen, das hat sich erst nach der Sache mit dem Sarg entwickelt.
Aber der Film hat damit seinen Ausgang genommen.
Der Sarg war die Startlinie. Am Anfang war ich wütend, weil manche Leute gesagt haben: „Das ist gut für deine Gesundheit, so kannst du ein paar Kilo verlieren.“
Oder: „Das hat noch nie jemand gemacht.“
Ich bin kein Extremsportler und ich habe das nicht gemacht, nur weil es das vorher noch nicht gab. Ich will damit die Leute auf Tibet hinweisen. Wenn ich einen Sarg von Bern nach Genf ziehe und mich dabei regelmässig auf den Boden werfe, wie es Tradition bei Wallfahrten ist, werden die Leute hinschauen. Und sie sagen zu sich: „Komischer Typ, was macht der da?“
Dann stellen sie Fragen und ich kann ihnen von meinem Anliegen erzählen.
Sehr wichtig war auch Franz Treichler von der Band The Young Gods, der das Konzert in Genf vor dem UN-Gebäude ermöglichte. So etwas ist wichtig, um die Menschen zu erreichen.
Wie war die Zusammenarbeit mit dem Regisseur Dodo Hunziker?
Wir haben sehr gut zusammengearbeitet. Wir sassen auch sehr oft zusammen und haben geredet, über die wirklich wichtigen Fragen diskutiert. Meine zentrale Botschaft lautet: Die Welt muss gerade diejenigen unterstützen, die den Weg des gewaltlosen Widerstands wählen. Egal ob in Tibet oder anderswo auf der Welt. Leute wie wir wählen den friedvollen Weg, nicht nur als Buddhisten, sondern ganz einfach als menschliche Wesen.
Aber ehrlich gesagt: Wenn die Welt uns nicht unterstützt, bringt das nichts. Sie denken alles nur ans Geld und ihre Geschäftsbeziehungen und sagen nichts, während China einfach weitermacht wie bisher. Damit öffnet die Welt dem Terrorismus Tür und Tor, denn sie zeigen damit, dass nur Gewalt etwas bewirkt. Es ist einfacher, eine Bombe zu werfen, als den gewaltlosen Widerstand zu wählen.
Sollte auch die Schweizer Regierung mehr unternehmen?
Wir Tibeter sind auf der einen Seite froh darüber, dass wir in der Schweiz leben dürfen. Sie bietet uns Sicherheit und wir können unsere Rechte frei ausüben. Aber andererseits bin ich auch sehr enttäuscht. Ich hörte von der Halle aus zu, als im Parlament das Freihandelsabkommen mit China verhandelt wurde und Johann Schneider-Ammann seine Rede hielt. Er hat sehr einseitig gesprochen; er hat die Chinesen gelobt und vom Geschäft geredet, aber nicht ein einziges Wort über Menschenrechte verloren. Man muss China nicht verdammen und sämtliche Geschäfte einstellen, aber man muss über beide Seiten reden.
Wird der Film dabei helfen, dass das Thema stärker diskutiert wird?
Ich war überrascht über die starken, sehr positiven Reaktionen. Als wir den Film zum ersten Mal gezeigt haben, hat das Publikum bei einzelnen Szenen geklatscht, wie bei meinem Gespräch mit Johann Schneider-Ammann. Sie haben Dinge gesagt wie: „Endlich ein Film, der wirklich etwas über die Leute in Tibet sagt.“
Oder: „Der Film bringt uns dazu, darüber zu reden.“
Darüber bin ich sehr glücklich.
Bilder von DokLab.