Berlinale: von Königinnen, Rittern und Detektiven
Christine Albrecht - Wüstenköniginnen, verlorene und suchende Seelen, alt werdende Genies und sich abwendende Homosexuelle. Dies sind nur einige winzige Sterne im enormen Universum der Berlinale. Von Kultfilmen von Terrence Malick bis zum familiengerechten Kino: Teil 1 der Berlinale.
Nicole Kidman als die starke Frauenfigur Gertrude Bell, die nach einer tragischen Liebesgeschichte die Einsamkeit der Wüste sucht. Als Archäologin und Schriftstellerin lernt sie die verschiedensten Wüstenstämme kennen und wird später auch für die Grenzziehung des Nahen Osten nach dem ersten Weltkrieg wichtig.
Werner Herzogs neuster Streich ist visuell gesehen eine Wucht, die Dialoge sind aber schlussendlich doch zu seicht und zu kitschig.
3 von 5 Beduinendolchen
I am Michael
Der Erstling von Regisseur Justin Kelly besticht vor allem durch die Geschichte, die er erzählt. Es liest sich wie zwei Musterbeispiele für unvereinbare Gegenteile: Aktivist für Homosexuellen-Rechte und Pastor.
Doch die wahre Geschichte um Michael Glatze (James Franco) beschreibt dessen unglaublich erscheinende Transformation von Ersterem zu Letzterem. I am Michael hütet sich aber davor verurteilend zu sein und genau das ist seine Stärke. Wäre es doch ein Leichtes das – weltoffene – Publikum gegen Glatzes Figur aufzuhetzen.
Um James Franco an der Pressekonferenz zu paraphrasieren: der Film versuche beide Seiten aufzuzeigen und will dabei wichtige Fragen und aufbringen, die das Publikum selbst nach einer Antwort suchen lässt.
3.5 von 5 Bibeln oder Young Gay America Magazinen
Knight of Cups
Der erfolgreiche, aber verlorene Drehbuchautor Rick (Christian Bale) sucht nach Sinn und sich selbst.
Einige mögen sich inhaltlich und der vielen, überdurchschnittlich schönen Frauen wegen an Fellinis 8 ½ erinnert fühlen. Man darf eigentlich nicht zu viel verraten, Knight of Cups muss man persönlich im Kinosaal erleben. Man muss sich auf das visuelle Werk von Terrence Malick (Tree of Life) einlassen, dann wird er einen entweder vor Entzücken aufspringen lassen oder aber eher ratlos zurücklassen. Der Film wird zweifellos polarisieren, für Kultfilmliebhaber ist er aber trotzdem ein Muss.
(Hier gibt's ein paar Worte zur Pressekonferenz.)
4.5 von 5 Tarotkarten
Mr Holmes
Sherlock ist ja spätestens seit der adaptierten BBC-Serie wieder in. Nach dem traditionellen Downey Jr.-Sherlock und dem modernen Cumberbatch-Sherlock, widmet sich Mr Holmes dem altgewordenen Meisterdetektiven. Es ist erfrischend, die nicht mehr so frische Seite des Genies entdecken zu dürfen. Aber auch etwas melancholisch, denn man sieht dem zurückgezogenen Sherlock Holmes (Sir Ian McKellen) zu, wie er sich verzweifelt an seinen letzten Fall zu erinnern versucht.
Mr Holmes ist auf den ersten Blick schönes Familienkino, macht aber auch die Vergänglichkeit zum Thema und deutet auch die düstere Seite des Detektivs an. Süss-saures Kino sozusagen.
4 von 5 Deerstalkermützen
Bild: Knight of Cups, Melinda Sue Gordon © Dogwood Pictures