Von Teufelshörnern und Schuluniformen
Patrick Holenstein - Wenige Minuten hat es gedauert, dann waren zwei Konzerte von AC/DC im Zürcher Letzigrund restlos ausverkauft. Bei der ersten Show haben sich die Australier von der besten Seite gezeigt.
Eine Viertelstunde nach Zwanzig Uhr brennt dann der Mond. Die berühmten Worte von Neil Armstrong erklingen im Letzigrund und was findet sich auf dem Mond? Das Logo der Kultrockband aus Australien. Haben sich einige Fans vielleicht gefragt, wie sehr man den krankheitshalber ausgefallenen Malcolm Young vermissen würde, so machte die Band innert weniger Minuten klar, dass sie auch mit Stevie Young, der ihn ersetzt, wie aus einem Guss klingt. Da stimmt alles. Vom variantenreichen Schlagzeugspiel über die unverkennbare Stimme von Brian Johnson bis zum Saitenhauen von Gitarren-„Schuelbueb“ Angus, der inzwischen das einzige verbliebene Gründungsmitglied der Band ist.
AC/DC verbindet Generationen
Die bekannte Schuluniform ist es dann auch, die symbolisch etwas zeigt, was AC/DC wie nur wenige Bands können und eigentlich nicht einmal etwas dafür tun müssen. Sie verbinden Menschen. Etwa in der Mitte der Show erscheint auf den Screens ein Junge, der eine entweder selbstgemachte oder irgendwo gekaufte Schuluniform im gleichen rot trägt, wie Angus auf der Bühne. Der Junge sitzt auf den Schultern seines Vaters, freut sich diebisch und strahlt. Dabei zeigt dieses Bild, wie generationsübergreifend die Musik von AC/DC inzwischen ist. Denn im Publikum sind alle Altersklassen zu finden. Da feiern junge Frauen mit älteren Rockern oder Zeitzeugen geniessen ihre Lieblinge und irgendwo schaukelt ein Ehepaar zu den Riffs aus den Boxen. Selbst Weltwoche-Chefredaktor Roger Köppel und Krokus-Rocker Chris von Rohr begrüssen sich auf der Tribüne. Eine friedliche Stimmung, wie man sie bei Rockkonzerten (fast) immer findet.
AC/DC war nie eine Band, die mit Hits knausert. So bringen sie mit „Back In Black" schon mit dem vierten Song einen der grossen Klassiker. In der Folge lassen sie keinen der grossen Hits vermissen. Es schwingt die Glocke bei „Hells Bells“, es räkelt sich Rosie bei „Whole Lotta Rosie“ und es knallen die Kanonen bei „For Those About To Rock“. Aber der Höhepunkt ist ein episches, locker viertelstündiges Solo von Angus bei „Let There Be Rock". Inklusive vergnügten Solierens auf einer Hebebühne. Angus zelebriert sein Solo förmlich, läuft auf der Wand aus Verstärkern, die in der Bühnemitte aufgebaut ist, hin und her und geniesst es sichtlich, sich feiern zu lassen.
Nachdem das letzte Feuerwerkelement am Himmel verglüht, ist klar, der „Rock ’n’ Roll Train“ aus Down Under ist noch immer gut geölt und läuft vom ersten bis zum letzten Pyroknaller tadellos. Konzerte von AC/DC sind ein wenig, wie wenn alte Freunde zu Besuch kommen. Man versteht sich sofort, hat gemeinsam eine tolle Zeit, erinnert sich an vergangene Tage und freut sich schon auf das nächste Mal. Das wäre für Besitzer der heissbegehrten Tickets schon diesen Sonntag.
Titelbild: © usgang.ch