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5. Juli 2015, 23:12 Kultur Music International Interview

Es ist schwierig, Shoshin einzuordnen

Interview von Hansjürg Stämpfli. In Zusammenarbeit mit Bäckstage.ch.

Die dreiköpfige Band Shoshin, bestehend aus dem Sänger und Gitarristen Pete Haley, der Drummerin Sophie Labrey und dem Bassisten Joe Stuart, nahm sich nach ihrem Auftritt am Southside Festival Zeit für ein Interview. Dabei hat die Guerilla-Band von ihren Erfahrungen mit Strassenmusik erzählt und ihre Marketing-Strategie mit Crowd-Jacking, bei welcher sie jeweils im Anschluss von Konzerten für die aus der Halle strömenden Leute ein weiteres Konzert spielen, etwas genauer erklärt. Bisher habt ihr noch nie in der Schweiz gespielt. Stellt Shoshin doch bitte kurz vor.

Pete: Hallo, Leser aus der Schweiz! Wir sind eine Guerilla-Strassenband aus Manchester in England. Wir haben eine punkige Mentalität, aber viele moderne Einflüsse in unserer Musik, also mit Hip Hop, Reggae und sonst noch ganz vielen Stilen und das wird mit Rockmusik bis hin zu modernen Rhythmen gemischt.

Der Name Shoshin kommt aus dem Zen Buddhismus. Was bedeutet der Name?

Pete: Damit ist gemeint, dass man aufgeschlossen sein soll und nicht arrogant.

Ihr habt als Strassenmusiker begonnen zu spielen und auch das Debütalbum in Eigenregie vertrieben. Nun arbeitet ihr mit Xraytouring in England und FKP Scorpio in Deutschland zusammen, zudem habt ihr einen Plattenvertrag. Welchen Einfluss hatte dies auf euch als Band?

Pete: Im Moment sitzen wir im Backstage-Bereich des Southside Festivals. Von dem her hat es eine Menge verändert für uns. Auf unsere Musik oder auch unsere Mentalität hat es zwar keinen Einfluss, jedoch brachte es den Sound der Strasse auch auf die grossen Bühnen und gibt uns die Möglichkeit, im Radio gespielt zu werden.

Spielt ihr eigentlich jetzt immer noch ab und zu auf den Strassen?

Pete: Oh ja, die ganze Zeit! Wir haben einen Sound, der sehr gut vor Ziegelmauern wirkt. Ich denke nicht, dass jede Band einfach so auf der Strasse spielen könnte, aber bei uns funktioniert das sehr gut.

Sophie: Es ist ein guter Weg, direkt an die Leute zu kommen, wenn man auf der Strasse spielt.

Pete: Unsere Lieblingstechnik ist Crowd-Jacking. Das ist fast das gleiche, wie wenn man als Support Band einer Band spielt. Wenn man die Möglichkeit hat, vor Rage Against The Machine zu spielen, dann ergreift man diese Chance. Wir machen es halt einfach umgekehrt und spielen nach den jeweiligen Konzerten vor dem gleichen Publikum und stecken dabei auch die gleiche Energie rein, wie wenn wir die Eröffnungsband wären. Das macht uns sehr anpassungsfähig, wenn wir unterwegs sind. Wir suchen uns dann Konzerte aus, die anstehen und wo wir spielen möchten.

Ihr habt rund 18'000 Exemplare des ersten Albums «Deep Sleprivation» auf den Strassen verkauft, was sehr beeindruckend ist.

Pete: Ja, das war aber der Stand vor einer Weile. Mittlerweile haben wir schon deutlich mehr verkauft. Mit dieser Art von Direktvertrieb - im Stil eines Drogendealers - auf der Strasse funktioniert das einfach sehr gut.

Habt ihr auch Guerilla Marketing Aktionen für das neue Album «Epiphanies and Wastelands» gemacht?

Sophie: Ja, wir haben Crowd-Jacking gemacht, um das Album zu promoten.

Pete: Wenn man beispielsweise auf einer gebuchten Tour ist, was mittlerweile bei uns immer öfters vorkommt, so hat man immer etwas freie Zeit. Wir schauen dann, was für Konzerte stattfinden, gehen dorthin und spielen Guerilla-Konzerte. Wir mögen es nicht, einfach zu warten, bis wir wieder ein Konzert haben. Und um ehrlich zu sein, unsere Musik tönt in diesem Zusammenhang sowieso auch besser und wir lieben es einfach auch.

Eure Musik hat meist einen politischen Einfluss. Ist es für euch wichtig, etwas in der Welt zu verändern mit eurer Musik?

Pete: Wir schreiben halt einfach darüber, was uns bewegt. Wenn es etwas Politisches ist, dann schreiben wir auch darüber. Es ist aber nicht so, dass alle unsere Texte politisch sind. Es kann sich um alles Mögliche handeln und deshalb sind die Songs auch kein Schwindel.

Joe: Die Songs sind dadurch echt. Wir leben in einer Welt, in der sehr viele interessante Dinge passieren, über die man schreiben kann.

Ihr seid auch bereits mehrere Male verhaftet worden bei den Strassenkonzerten…

Joe: Ich wurde noch nie verhaftet! Bisher kam ich immer ungestraft davon.

Pete: Ich bin immer derjenige, der hinter Gitter kommt. Beispielsweise in Den Haag, Manchester und in Paris wurden Sophie und ich verhaftet. Das in Paris war nicht mal fair, denn plötzlich kam die Polizei und Joe hat dabei die «Star Wars»-Melodie gespielt. Schlussendlich haben sie trotzdem mich und Sophie verhaftet, während Joe ungestraft davon kam. Er muss ein Geheimnis haben, wieso er immer ungestraft davon kommt.

Joe: Ich bin dann aber zu euch gekommen und habe euch rausgeholt.

Sophie: Und anschliessend waren wir hilflos in Paris, ohne Ausrüstung, weil sie diese auch konfisziert haben. Es kostete uns 1500€, um alles wiederzubekommen aufgrund eines angeblichen Menschenrechtsgesetzes. Das war echt ärgerlich!

Ihr spart auch jeweils Geld, das ihr verdient für solche Zwischenfälle?

Sophie: Ja, man weiss nie, was passiert.

Pete: Unsere Tourneen laufen finanziell eigentlich immer ganz gut und wir machen meist einen Profit, wenn wir unterwegs sind – was bei einer Band von unserer Grösse nicht selbstverständlich ist. Wir legen dann etwas Geld auf die Seite und probieren Dinge aus, die uns in Schwierigkeiten bringen könnten. Manchmal gibt es dann halt eine Busse. Andere Bands geben extrem viel Geld aus für Promoaktionen – man kann aber auch eine Busse bezahlen und dabei extrem viele Leute erreichen mit den Aktionen.

Joe: Ich denke auch, dass die Polizei Shoshin immer lieber mag, was es natürlich etwas einfacher macht. Die Polizei kommt teilweise zu uns und sagt, dass wir sehr gut klingen würden, aber leider zu spielen aufhören müssen. Sie möchten uns eigentlich weiter zuhören, aber müssen uns dann leider stoppen.

In eurer Musik bringt ihr verschiedene Stile zusammen. Wer bringt bei euch welche Einflüsse in die Musik?

Joe: Pete ist der Sound von Shoshin.

Pete: Ich schreibe die Songs und arrangiere die Musik. Sophie und Joe sind brillant darin, sie umzusetzen. Es ist selten, dass jemand so gut darin ist, Musik zu verstehen und umzusetzen wie die beiden.

Joe: Wenn es stilistisch etwas gibt, dass komisch für uns klingt, so sprechen wir uns aus. Wir haben alle einen sehr breiten Musikgeschmack und haben schon in sehr verschiedenen Bands gespielt – von Reggae bis Punk – daher können wir spielen, was wir wollen. Wenn Pete etwas schreibt, dann macht dies immer Sinn und es kommt nur selten vor, dass es schlecht ist. Manchmal weiss man am Anfang nicht genau, worauf er hinaus will, doch dann versteht man es plötzlich. Dies ist der Unterschied zwischen Musik schreiben und fühlen.

Gibt es auch Stile, welche ihr niemals in eure Musik hineinbringen würdet?

Joe: Es gibt Stile, bei denen es schwierig werden könnte. Zum Beispiel Humppa. Wir mögen zwar alle Humppa, aber Shoshin und Humppa würden wohl nicht zusammen passen.

Pete: Manchmal habe ich ein wenig das Gefühl, dass wir zu wenig Anerkennung dafür bekommen, dass wir so viele Stile vermischen können und trotzdem noch wie die gleiche Band klingen. Unsere Bandbreite ist da sehr gross. Wenn man zum Beispiel eine Ballade wie «Glass, Brick and Stone» nimmt oder einen Rocksong wie «Same to Me», dann klingen die immer noch nach Shoshin. Manchmal wünschte ich, dass dies die Leute stärker bemerken würden, denn es ist ziemlich einfach, eine Collage-Band zu sein, bei der verschiedenen Segmente aus Punk und Reggae einfach aus Songs der jeweiligen Genres übernommen wurden. Bei uns ist es wirklich Shoshin. Mit vielen Geschmäckern, aber die Hauptzutat ist Shoshin. Man kann verschiedene Einflüsse raushören, aber dabei ist es nie ein Copy/Paste-Ding oder ein Zusammenschneiden. Ich wünschte, die Leute würden dies besser bemerken, aber schlussendlich kann ich sie nicht dazu zwingen.

Joe: Unsere Musik deutet zwar die verschiedenen Genres an, tönt aber nie wie ein bestimmtes Genre. Deshalb ist es auch so schwierig, Shoshin einzuordnen.

Pete: Am meisten Probleme haben wir aber in England aufgrund unseres Namens, da es kein englischer Ausdruck ist. England ist sehr monolinguistisch und deshalb sind die Leute dann auch oft verwirrt. In grossen Teilen von Europa sind die Leute mehrsprachig und begrüssen auch mal ein neues Wort. In Europa hat man eher die Einstellung: Cool, ich habe soeben ein neues Wort gelernt, während man in England damit eher auf Unverständnis stösst.

Sophie, du bist als Schlagzeugerin in der Band. Wie ist es für dich, den Grossteil der Zeit mit zwei Jungs zu verbringen?

Sophie: Ich habe dies in der Band nie wirklich mit den festgesetzten Geschlechterrollen gesehen. Ich arbeite genau gleich hart, wie die Jungs und bin auch gleich zäh. Es ist vielleicht schon ungewöhnlich als Frau in einer Band am Schlagzeug zu spielen, aber es ist eine Arbeitsumgebung.

Pete: Wir nehmen Sophie eigentlich nie als Frau wahr – bloss vor den Soundchecks, wenn manche Leute schmunzeln, was aber sofort verschwindet, sobald sie zu spielen beginnt. Das ist meist auch gleich das Ende vom Sexismus.

Auf «Epiphanies and Wastelands» habt ihr auch ein Cover des NOFX-Songs «Linoleum». NOFX spielen heute auch am Southside Festival. Werdet ihr euch das Konzert anschauen können?

Pete: Wir würden sehr gerne, aber leider müssen wir gleich aufbrechen und zehn Stunden ans Hurricane Festival fahren, wo wir morgen spielen werden. Wir sind sehr traurig, dass wir sie verpassen, weil es eine unserer absoluten Lieblingsbands ist. Danke, dass du mich daran erinnerst, dass wir sie verpassen werden (lacht).

Bisher habt ihr noch nie in der Schweiz gespielt – wann werden wir die Möglichkeit bekommen, euch in der Schweiz zu sehen?

Sophie: Hoffentlich sehr bald!

Pete: Wir haben noch unser Bussenersparnis, von dem her kommen wir bald in die Schweiz und schauen, in wie viele Schwierigkeiten wir dabei kommen können.


Shoshin - Here Comes My Favorite

Mehr zu SHOSHIN gibt es auf der Bandwebseite: www.weareshoshin.com

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