Berlinale: Von Vätern, der Zukunft und Lampedusa.
Christine Albrecht - Berlin ist wieder einmal Zentrum der (Film-) Welt. Teil I der Berlinreportage reicht von Sci-Fi über starke Frauen bis zur Flüchtlings. Abwechslung ist garantiert.
Ein Junge mit Schwimmbrille und Superman-Comics sitzt auf der Rückbank, vorne zwei grimmige Männer, die ihn scheinbar entführt haben. Man erahnt bald, dass der Junge spezielle Fähigkeiten besitzen muss. Die beiden Männer, sein biologischer Vater (Michael Shannon) und dessen Jugendfreund (Joel Edgerton), wollen ihn vor seinen zahlreichen Verfolgern beschützen. Ein Sektenführer (Sam Shepard), der den Jungen adoptiert hat und NSA-Agent Paul Sevier (Adam Driver) sind hinter dem Jungen her. Der eine, weil er im Buben Alton (Jaeden Lieberher) den Erlöser vermutet, der andere weil die vom Jungen gemurmelten Sätze streng geheime Informationen beinhalten.
Der Film wirft von Anfang an Fragen auf, doch Regisseur Jeff Nichols ist geizig mit Antworten. Und genau das zeichnet den Film aus: Nach und nach fügt man die wenigen Hinweise zusammen und bastelt sich so die Geschichte. Trotzdem scheint der Plot aber nicht das Zentrale zu sein, viel mehr ist es eine Familien-Geschichte über das Beschützen und Lolassen. So nennt der Regisseurs seine eigenen Erfahrungen als junger Vater als primäre Inspirationsquelle für den Film.
Midnight Special mag abgefahren klingen und ist auch so. Und gerade dadurch macht der Film auf der einen Seite unheimlich Spass, auf der anderen Seite liefert er ein einfühlsames Portrait einer verzweifelten Familie.
4 von 5 Sternen
Regie, Buch: Jeff Nichols
Cast: Michael Shannon, Joel Edgerton, Kirsten Dunst, Jaeden Lieberher, Adam Driver
Land: USA
- FUOCOAMMARE
Zwischen diesen beiden Welten funktioniert der Arzt Pietro Bartolo als Bindeglied. Er spricht von den vielen entstellten Leichen die er bereits gesehen hat und untersucht später Samueles Sehkraft.
Neben Samuele ist vor allem ebendieser Arzt - Pietro Bartolo - Sympathieträger, er befasst sich seit 1991 mit den Flüchtlingsströmen und hat schon sehr viel gesehen - Schlimmes, aber auch Schönes.So wie die Szene, in der er einer mit Zwillingen schwangeren Flüchtlingsfrau, mit Händen und Füssen erklärt dass das eine ein Mädchen wird und, dass es den ungeborenen Kindern gut gehe.
Fuocoammare ist nicht ein erster Film über kein neu entdecktes Problem. Und doch ist das Thema aktueller denn je und verdient dadurch und wegen seiner sorgfältigen Machart Aufmerksamkeit.
3.5 von 5 Sternen
Regie, Buch, Kamera: Gianfranco Rosi
Mit: Samuele Pucillo, Mattias Cucina, Pietro Bartolo
Land: Italien, Frankreich
- L’AVENIR
L’Avenir ist durch und durch ein gelungenes Stück Film. Isabelle Huppert ist, wen wundert’s, eine Offenbarung und die ideale Besetzung für Nathalie. Ihre Performanz ist gleichsam unsentimental und doch einfühlsam. Überhaupt gibt sich der gesamte Cast überaus natürlich und ungezwungen und bietet so ein perfektes Spielfeld für Hupperts Interpretation der Nathalie.
L’Avenir ist erfrischend undramatisch und doch sehr einfühlsam und zeigt, dass Zukunftssorgen nicht immer nur etwas für Coming-of-Age Geschichten sein müssen.
4,5 von 5 Sternen
Regie, Buch: Mia Hansen-Løve
Cast: Isabelle Huppert, André Marcon, Roman Kolinka, Edith Scob
Land: Frankreich, Deutschland
Bilder: Privat / © Berlinale
Midnight Special: Ben Rothstein © 2016 WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC. AND RATPAC-DUNE ENTERTAINMENT LLC