Ring frei für das dritte Rock the Ring in Hinwil
Christoph Gurtner - Zum dritten Mal wurde das TCS Zentrum im Betzenholz Kreisel in Hinwil im Zürcher Oberland zum Mekka legendärer Rock Musiker und aufgehende Pop Sternchen. Jung und alt kamen musikalisch auf ihre Kosten.
Progresive Rockklänge von den legendären Marillion
Marillion wer ist das? Kenne ich die? Mir war der Namen dieser Band doch sehr fremd. Es dauerte dann auch einen Moment, bis ich mich mit Ihrer Musik anfreunden konnte. Die Stimme von Steve Hogarth (Bild oben) wirkte dünn. Allgemein liess mich die angeblich legendäre Band ziemlich kalt. Als ich mich ins Riesenrad setzte, um das Festival aus der Vogelperspektive zu sehen, spielten sie einen Song den ich tatsächlich vom hören her kannte. Das wars dann aber auch schon mit den Highlights.Das Riesenrad war eine der Neuheiten die man sicher Positiv werten kann auf dem Rock The Ring Gelände. Sonst blieb man von der Infrastruktur beim alten. Leider schliesst dies den Stimmungskiller Golden Circle mit ein. Jeder Künstler und jede Künstlerin wünscht sich von Anfang an nahe beim Publikum zusein und für die Leute vor der Bühne zu spielen. Vielleicht liegt auch mal ein Bad in der Menge drin. 100 verstreute Nasen sind aber keine Menge für ein Rockkonzert. Leider verbreitet sich diese Golden Circle Unsitte immer mehr. Man kann diese Geldmacherei auch als Förderung der zwei Klassen Gesellschaft bezeichnen. Klar kann man aus Sicherheitsgründen das Publikum teilen und einen abgesperrten Bereich vor der Bühne machen. Aber dann zum gleichen Preis und wer zu erst dort ist kriegt ein Bändel oder Stempel damit man rein und raus kann, wie man will. Die Nacht und die dunklen Wolken zogen über Hinwil. Der Höhepunkt des ersten Abends stand bevor Queen, — oder das was davon übrig ist — und Adam Lambert. Ein Casting Show Boy und dann nicht einmal der Sieger. Ein zweitplatzierter aus America got Talent, um ganz genau zusein. Kann der was? Ist der einer Engels Stimme von Freddie Mercury gewachsen? Wenn man in die Fussstapfen eines so grossen Künstlers tritt, ist schon mal verdammt mutig. Die 10’000 Fans im ausverkauften Betzenholz wurden aber wirklich überrascht, was dieser jungen Mann auf die Bretter haute. Auch wenn sein Auftritt an Georg Michael erinnert und er auch seine moderne exzentrische Art ein brachte, hat mir sein Auftritt gefallen. Mit one Vision und Hammer to fall starte die Show auch sehr eindrucksvoll. Auch Bryan May an der Lead Gitarre zeigte, dass er seine Solos noch im Griff hatte. Man sah ihm die Freude under dem ergrauten Haar richtig an. Es war dann auch die grösste Produktion, die man am Rock the Ring je gesehen hat. Neun Sattelschlepper und total hundert Stagehands waren für den Bühnenaufbau nötig. Und gegen Schluss hat Petrus mit seinen Blitzen eine ganz spezielle Show beigetragen. Das Spektakel war also perfekt.
Am Samstag gab es einen bunten Mix aus gutem einheimischem Schaffen, internationaler Legenden und den Emmentaler Shakra. Stellvertretend für das gute einheimische Schaffen stand die Schwyzer Band Tempesta auf der Bühne. Spielfreude und wahrhaftes Bemühen, das verschlafene Volk auf Touren zu bringen, zeichneten die Jungs aus. Leider war der Spass nach 30 Minuten schon vorbei. Es folgte die Hausfrauen Rockband Nummer eins. Shakra aus dem idylischen Emmental boten auch eine höhepunktarme Show. Mark Fox mimte wie gewohnt die Rampensau und der Rest spielte brav ihre Noten im Hintergrund auf den jeweiligen Instrumenten. Man kann dem Veranstalter wirklich dankbar sein, dass man Shakra nur 45 Minuten Spielzeit gewährte. Ich hatte das Gefühl, die werden irgendeinmal besser als das Supportact Niveau von der Gotthard Tour anno 1996. Danach wurde es richtig spannend. Uriah Heep!!! Auch wenn von der 1969 gegründeten Britischen Hardrock Band nur noch Gitarrist Mick Box dabei ist. Mit Bernie Shaw ist aber ein charismatischer Mann am Mikrofon der das Publikum mit dem Klassiker Gigsy gleich in der Tasche hat. Die alten Herren machen Freude und locken das Publikum für Ihre Verhältnisse recht aus der Reserve. Nach einer Stunde und Easy Livin’ war dann Schluss. Shinedown aus Jacksonville, Florida, machten sich bereit. Ich sah die Band vor einigen Jahren im Plaza Club in Zürich. Man sah sogar einige Band T- Shirts im Publikum. Also kein unbekannter Gast. Ihr satter Sound, eine Mischung aus Grunge, Metal und Hard Rock sprach eher das jüngere Publikum an. Mit ihrem energiegeladenen Auftritt haben sie sicher ein paar Fans dazu gewonnen. Bleibt zu hoffen, dass man Sänger Brent Smith und seine Männer bald wieder auf einer Schweizer Bühne sehen sind.
Schlussendlich warteten alle auf den Final Cowntown von Europe.
Dass die Schweden mit dem ewig jung wirkenden Joe Tempest mehr als diesen 30 Jahre alten Klassiker zu bieten haben, war den wenigsten im Publikum bewusst. Stimmung wollte trotz den Bemühungen der Band nicht aufkommen. Europe ist eine hervorragende Hard rock Band die Live wirklich Spass macht. Sei das mit Rock the Night aus dem legendären Final Cowntown Album von 1986. Die Setlist war ein guter Mix aus dem aktuellen Album War of Kings und den alten Songs wie Superstitious vom Out of This World Album (1988) aus Ihrer Anfangszeiten. Nach dem lang ersehnten The Final Cowntown wurde die Stage für den Headliner bereit gemacht.Ein schwarzes Tuck mit einer Krone die auch das Return to Forever Album Cover von den Scorpions zierte verdeckte die sicht auf die Bühne der Hannoveraner. Mit Going Out With a Bang starteten Klaus Meine und seine Kumpel auch gleich mit einem neuen Song. Going Out to the Fog wäre da passender gewesen. Ich fragte mich, ob es den wirklich nötig ist, so viel Trockeneisnebel zu machen, dass selbst die Fans in den hinteren Reihen 3/4 des Songs nichts sehen konnten. Mir ist durchaus bewusst, dass Gorillas im Nebel an den Kinokassen erfolgreich war. Aber daraus ein kurzes Musical zu machen, fand ich nicht so toll. Die Setlist der Return to Forever World Tour und die gefüllte siebte Abschieds Tour war eine Reise durch 50 Jahre Bandgeschichte. Wer die alten Hits neben Wind of Change wie Big City Nights, Blackout oder Rock you like a Huricane einmal mehr live hören wollte, war an diesem Abend bestens bedient. Leider merkte man auch, dass die Stimme von Klaus Meine noch nicht ganz fit war. Man sah es ihm auch an, dass er sich auf der Bühne nicht so wohl wie sonst fühlte. Schade. Die rund 5’000 Besucher/Innen waren mehrheitlich wegen den Deutschen nach Hinwil gepilgert. Eine kleine Überraschung sass aber hinter dem Schlagzeug. Da James Kottak wieder einmal in der Entzugsklinik ist, musste der Ex Drummer vom Motörhead Mikkey Dee einspringen. Ein grossartiger Ersatz der das Handwerk im Griff hat. Immer wieder eine tolle Show liefert, der nie müde werdende, Rudolf Schenker. Fünf Jahrzehnte ist er dabei. Unverwüstlich und mit viel Energie ist er der Motor bei den Scorpions. Zu den Anfangszeiten war noch sein Bruder Michael Schenker dabei. Er hat aber die Band wegen Alkoholproblemen 1979 verlassen. Heute ist er erfolgreich Solo unterwegs.
Der Sonntag begann bei vielen noch etwas verkatert. Da kam die Abkühlung von oben gerade recht. Ich hatte allerdings keine Lust auf Schwimmversuche mit meiner Kamera. Deshalb blieb ich dem Pressegraben vor der Bühne bei der ersten Band, Graveyard, fern. Mit Skillet standen endlich wieder zwei Frauen auf der Bühne. Das US Amerikanische Quartett aus Memphis Tennessee spielte mit John Cooper (Vocals, Bass) eingängigen Alternativ Rock mit Nu Metal gemischt. An den Drums sorgte Jen Leger für den richtigen Rhythmus. Die hübsche Blondine verzückte nicht nur mit ihrem musikalischen Können die Fans. Mit Nu Metal hatte ich schon in den 90er meine Mühe. Was sollen diese Rapps? Können die denn nicht singen? Skillet haben da eine gesunde Mischung gefunden und machten richtig Spass. Das Publikum klatschte jedenfalls gleich fröhlich mit. Ja es kam sogar richtig Stimmung auf. Etwas das man bei den vergangenen Konzerten nur selten beobachten konnte. Man könnte es auch als warmlaufen für die nächste Band, Flogging Molly sehen. Die Irisch Amerikanische Party Truppe stolperte mit einem Jetlag aus dem Flugzeug direkt auf die Rock The Ring Bühne. Gut gelaunt und mit einem Guiness Bier, entschuldigte sich Sänger Dave King für die etwas müden Gesichter. Die sieben Köpfige Truppe gab aber alles, um die Fans bestens zu unterhalten. Es wurde dann auch munter gepogt und zum Irischen Folk Punk getanzt. Ja genau das junge Publikum gab richtig Gas und hatte mit Flogging Molly richtig Spass. Etwas ausgepowert standen dann die knapp 4’000 Besucher/Innen bei den Schwedischen Mando Diao vor der Bühne. Mit Leuchtpetarden standen die 5 Musiker auf der Bühne und machten so manchen Fussball Fan neidisch. Die dürfen und wir nicht wird sich wohl der eine oder andere gedacht haben. Wenn man seichten Radio Pop macht, muss man eben anders auf sich aufmerksam machen. Beim zweiten Song wurde es Björn Dixgård zu warm und so zog er kurzerhand sein Shirt aus. Ob man diese Hühnerbrust sehen wollte oder nicht, sei jedem selber überlassen. Mit ihrem Hit, Dance With Sombody, endete das Konzert.Danach kam das grosse Finale an der dritten Ausgabe des Rock the Ring Festival.Mister Punk Rocker Iggy Pop stürmte mit leichter Verspätung und nacktem Oberkörper auf die Bühne. Mit No Fun vom 1969 erschinenen Album The Stooges legte der 69 Jahre Junge Altmeister es Punks gleich mit einem Song aus seinen Iggy and the Stooges Zeiten los. Mit I wanna Be Your Dog vom selben Album ging es gleich mit dem nächsten Hit weiter. Dass Iggy Pop etwas für’s Geld bietet, ist keine neue Erkenntnis. Von den drei Headliner am diesjährigen Rock the Ring Festival spielte er nach Queen + Adam Lambert am zweit meisten Songs. Sein beeindruckendes Set umfasste 20 Hits aus seiner langen Karriere und mit Real Wild Child ein Cover von Johnny O'Keefe & The Dee Jays, besser bekannt ist diesem Titel aus dem Pretty Women Film Soundtrack damals von Roy Orbison gesungen. Nach 90 schweisstreibenden Minuten war auch das letzte Konzert im Betzenholz Kreisel Geschichte.Total 24’000 Besucher erlebten ein unterhaltsames Rock the Ring Festival, viele tolle Musiker, ein paar Regengüsse die einfach zum Festival Sommer 2016 gehören, und teilweise eine etwas zu penetrante Marketing Strategie vom Orangen Riesen. Ohne Werbung geht es nicht, aber muss es immer gleich eine Werbeveranstaltung werden? Manchmal ist weniger mehr. Ebenfalls völlig unnötig ist die Fussballübertragung auf Grossleinwand. Wie kann man nur diese überbewertete Sportart einem grandiosen Konzert von Iggy Pop vorziehen? Wahrscheinlich ist das einfach die heutige Gesellschaft die zwischen Masse und einmalige Erlebnisse nicht unterscheiden kann. Vom 23. Juni bis 25. Juni 2017 heisst es wieder Ring Frei für Rock The Ring Nummer vier.
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