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11. Oktober 2017, 16:38 Kultur students.ch International

Liebe Foodblogger, ich will euren Superfood nicht

Gina Marti - Würde ich mir die Zeit nehmen, jeden Morgen etwas zu frühstücken, das all euren Ansprüchen genügt, dürfte ich meinen Wecker etwa auf Vier Uhr nachts stellen. Ich brauche keine Granola-Bowl, die zuerst noch acht Stunden eingelegt werden muss.

Wer weiss denn schon, ob er am nächsten Morgen nicht viel mehr Lust auf einen simplen Buttertoast hat? Und wenn es doch Müesli sein soll, tun es Cornflakes für mich genauso. Woher nehmt ihr diese Zeit? Habt ihr keinen Job, zu dem ihr rechtzeitig erscheinen müsst und wenn nein, woher dann die finanziellen Mittel? Chia-Samen kosten imfall echtes Geld und die obligaten Pinienkerne wachsen auch nicht auf meinem Balkon.

Es nervt, ständig vor die Nase gehalten zu bekommen, wie ich mich zu ernähren habe und zu hören, dass meine Fertigpizza ungefähr soviel Nährstoffe wie ein Stück Karton hat. Und ehrlich gesagt fehlt mir die Zeit, jedes Mal den Teig und die Tomatensauce selbst zu machen – und nein, das ist nicht so easy gemacht, wie ihr immer predigt.

Es fehlt mir aber nicht nur an Zeit und Geld, sondern auch an Lust 3 Pfannen und zwei Schüsseln für eine Portion Pasta abzuwaschen. Wo wir gerade bei Schüsseln sind: Was soll das eigentlich, plötzlich alles in Bowls zu präsentieren? Ich mag meine Teller. Egal was es ist, ob Reis oder Früchte – ihr arrangiert es in einer Schüssel und das macht es auf ganz wundersame Weise hip. Beziehungsweise drapiert ihr es so, dass es viel mehr wie ein Gemälde aussieht, das man sich gar nicht mehr zu essen traut. Was die Bowls angeht, bin ich aber optimistisch. Die werden wieder verschwinden, genauso wie die trendigen Einmachgläser ihren Einsatz inzwischen nur noch selten in ultra-hipströsen Cafés finden.


Ich finde es schön, dass ihr gerne kocht und Spass am Essen habt, aber wieso muss es immer so aufwendig und genau DER Superfood schlechthin sein? Es gibt Gerichte, die ganz ohne Avocado, Quinoa oder Goji auskommen. Dazu kommt, dass die meisten dieser Lebensmittel nicht in unseren Breiten wachsen und der Trend, den ihr da lostretet ernsthafte Auswirkungen auf die dortige Umwelt und die indigene Bevölkerung haben kann. Nehmen wir nur mal die Avocado: 1000 Liter für ein Kilo und dann müssen die Avocados auch noch eingeflogen werden. Dazu kommt, dass Avocado meist in Regionen wachsen, wo Wasser Mangelware ist und ihr schmeisst mal ganz easy going 6 Stück in euren Avocado-Philadelphia-Cake rein?

Ihr meint es ja gar nicht böse, ihr wollt die Leute inspirieren, selbst aktiv zu werden und sich gesünder zu ernähren. Wir haben auch einheimische Gemüse und Früchte, mit deren Hilfe man leckere und ausgewogene Mahlzeiten zubereiten kann, ganz ohne grosses Tamtam.

Gebt doch einfach zu, dass es selbst bei euch Tage gibt, an denen ihr auch einfach mal eine schnelle Noodle-Soup schlürft und sie sogar ein bisschen geniesst. Ich weiss, ihr tut es.

Alles Liebe

Kommentare
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Unbound 11.10.2017 um 19:45
Das stimmt schon wegen der Ökobalance: Importprodukte machen hier weniger Sinn auf Grund des Transportweges. Bei Kaffee, Reis, Bananen, Tee und Kakao drückt man jedoch gerne ein Auge zu: der Konsum ist da zu Zentral in der Gesellschaft verankert. Für mich stellt sich hier auch die Frage: wenn schon Pflanzenprodukte importiert werden, weshalb man sie denn nicht kaufen sollte?
Fragwürdiger ist schon der Import von Tierprodukten: So ist es im meinen Augen totaler Quatsch, dass Migros und Coop beim Life-Style Trend des Sushi Angebotes mitziehen: Meeresfrüchte und Thunfische sind sowieso schon stark genug überfischt... Da trug man Früher bei den Grossverteilern mehr ökologische Verantwortung!