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26. Juni 2008, 19:05 Movie

Interview

Christina Ruloff - Seelenstriptease und Psychospiele: Sienna Miller und Steve Buscemi „interviewen“ sich in dem gleichnamigen Remake von Theo van Goghs Film. Interview fesselt aber trotz guter Schauspieler je länger je weniger, weil der Film sich selbst für klüger als sein Publikum hält und...

Seelenstriptease und Psychospiele: Sienna Miller und Steve Buscemi „interviewen“ sich in dem gleichnamigen Remake von Theo van Goghs Film. Interview fesselt aber trotz guter Schauspieler je länger je weniger, weil der Film sich selbst für klüger als sein Publikum hält und im Grunde doch sehr stereotyp bleibt. Und was interessieren uns schliesslich die geheimsten Geheimnisse zweier Kotzbrocken?

Das stösst jedem Journalisten übel auf: Statt in Washington für die Menschheit so wichtige innenpolitische Intrigen zu verfolgen und geheimen und üblen Machenschaften auf die Spur zu kommen, muss Pierre Peders, einst renommierter Reporter in den Krisengebieten dieser Welt, das Serienstarlet mit dem illustren Namen Katya interviewen. Diese ist gefeiert und sexy und vor allem wegen zig Affären mit weiteren Sternchen in aller Munde und allen Klatschspalten – für Pierre aber unterster Abschaum. Um dieser Ansicht gebührend Ausdruck zu verleihen, geht er völlig und vor allem ostentativ unvorbereitet zum Interview, gibt eine Beleidigung nach der anderen von sich und benimmt sich wie der letzte Vollidiot: „It's been very nice wasting time with you, Peter Peders“ – „You, too, Cunt-ya.“

Wer ist sie wirklich? Und zu wem hält das Publikum? Sienna Miller jedenfalls gibt eine beachtenswerte Leistung!

Der Film, vom Hauptdarsteller Steve Buscemi inszeniert als Duell zweier Charaktere und mit drei Kameras aus verschiedenen Perspektiven aufgenommen, könnte hier zu Ende sein, brächte der Zufall, das Schicksal oder vielleicht doch Katyas völlig berechtigte Aversion die beiden nicht zusammen in ihre Wohnung, wo das sogenannte Interview weitergeführt wird – härter, verletzender und schonungslos. Interview handelt von zwei Menschen, die Kleinholz aus einander machen, und alles tun würden, um hinter die Geheimnisse des anderen zu kommen... um diese gegen einander zu verwenden.

Dreht sich der Film aber wirklich um die Beziehung von Medien zu Prominenten und um die Frage, wer wen zu welchem Zweck benutzt oder manipuliert? Es ist eine Binsenweisheit, dass sogenannt dumme Promis so dumm nicht sein können, weil sie schliesslich gutes Geld mit ihrer (selbst) inszenierten Persönlichkeit verdienen. So ist Katya natürlich sehr viel gerissener und schlauer, als ihr ach so gebildeter Kontrahent, der sich als mieser, egozentrischer und erbärmlicher Macho enthüllt. Aus dem Celebrity-Spiel wird schnell eine Geschlechterkiste, in der die Rollen sehr stereotyp verteilt sind.

Und plötzlich ist er in ihrer Küche, führt aber nichts Gutes im Schilde...

Buscemi spielt sehr gewollt, ja fast didaktisch mit den Erwartungen und Vorurteilen der Zuschauer, aber auch der Figuren; doch jede Wendung macht den Film unglaubwürdiger und zugleich absehbarer, vor allem aber entfremdet sie die ohnehin unsympathischen Charaktere vollends vom Zuschauer. So interessieren – trotz ansehendlicher Leistung der Schauspieler – weder Katya noch Pierre, noch irgendwelche Geheimnisse, so dass man das Ende der vermeintlich intellektuellen Keifereien mit einem Seufzen erwartet.

Bewertung: 2 von 5

  • Titel: Interview
  • Land: USA
  • Regie: Steve Buscemi
  • Darsteller: Steve Buscemi, Sienna Miller
  • Verleih: Rialto
  • Release: 26. Juni 2008
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