OpenAir St.Gallen 2008
Sebastian Mayr - In friedlicher Atmosphäre und mit viel Sonnenschein ging vom 27.-29. Juni 2008 die 32. Auflage des OpenAir St.Gallen über die Bühne. Neben den musikalischen Highlights wie Justice, Lenny Kravitz oder die schweizer Rockband Züri West begeisterte vor allem die gewohnt ausgelass...
Die Bilanz des ältesten und grössten Outdoor-Festivals der Deutschschweiz kann in diesem Jahr eigentlich nur positiv ausfallen. Dazu trugen nicht nur die gewohnt feucht-fröhliche Stimmung und hochkarätige Künstler bei, sondern diesmal auch perfektes Wetter. Selbst für die deutsche Reggae-Band Gentleman, der einzige Ausfall des Festivals, konnte mit der Bündner Rapband Breitbild kurzfristig Ersatz gefunden werden.
Zum Open-Air St.Gallen käme er eigentlich nur wegen der Stimmung und der Kumpel meinte einer der Festivalbesucher, der es sich bereits am Donnerstag vor Festivalbeginn mit Freunden, Pavillonvorgarten, trockenem Gras und Klappstühlen vorm Zelt sowie Grill und jeder Menge Bier gemütlicht gemacht hatte. Auch wenn die vielseitigen Musikacts offiziell im Vordergrund standen, mag die Motivation von vielen der täglich 29'000 Besuchern (93'000 Tageseintritte) des Festivals in diesem Jahr ähnlich gelegen haben. Die große Hitze trug ein übriges dazu bei, dass viele Besucher das angenehm kühle Nass der Steinach manch einem verschwitzten Tanzgelage vorzogen.
Quelle: http://www.openairsg.ch
Dies zeichnete sich denn auch ein bisschen vor der Bühne ab. Während die kalifornischen Altmeister Bad Religion oder die Manic Street Preachers mit ausgewählten Stücken ihres grossen Repertoires die Besucher gegen Abend des ersten Festivaltages bereits einzustimmen versuchten, blieb der Weg nach vorn in die ersten Reihen immer noch ziemlich frei. Dies änderte sich jedoch mit dem Auftritt von Rock- und Soullegende Lenny Kravitz gegen späteren Abend. Auch wenn dieser zunächst eher ruhigere Nummern spielte, einschliesslich einer über 10 Minuten (!) langen Version von 'I'll be waiting', brachte er die Menge schlussendlich doch noch mit Hits wie 'Fly away' zum rocken. Zeitgleich gab Dada Ante Portas, die "populärste Popband Luzerns", auf der kleineren Nebenbühne erfolgreich ihr Stelldichein. Kurz zuvor hatte dort der vor allem in seiner englischen Heimat erfolgreiche Sänger und Songschreiber Newton Faulkner seinen Auftritt. Dieser stellte mit einer bemerkenswerten Stimme und Akustiksongs seine Live-Qualitäten unter Beweis.
Zur Überraschung mancher, stellte der Höhepunkt des ersten Festivaltages und wahrscheinlich des ganzen Festivals jedoch keine Rock- oder Popband dar, sondern das französische Electronic-Duo und Schlussact des Freitagabends Justice (siehe Bild unten). Diese boten ein innovatives und furioses Spektakel aus Electronic Music und Lichteffekten, das in starkem Kontrast zu allen vorherigen Beiträgen stand. Es spricht für das Besucherpublikum dieses OpenAirs, dass es nicht nur bei Justice kräftig mitging, sondern auch sonst tagsüber im Bacardi Dome, in dem DJs unermüdlich Beats aufgelegten.
Quelle: http://www.openairsg.ch
Die musikalische Bandbreite wurde auch am Samstag deutlich, wobei das Spektrum diesmal von der gute-Laute Ska-Reggae-Combo Drops, der noch jungen aber bereits sehr gelungen aufspielenden schweizerischen Grunge-Band Navel, deren Sänger Jari Altermatt sich eindrucksvoll als Kurt Cobain-Verschnitt präsentierte, über den Berner Rapper Greis bis zum Festivalklassiker Züri West (bereits zum 7. mal dabei!) reichte. Während Beck’s Auftritt als Headliner des Samstagabends glanzlos blieb, feierte die Menge die gleichzeitig auftretende Partyband Sportfreunde Stiller im masslos überfüllten Areal der Nebenbühne. Sicherlich für viele ein weiteres Highlight dieses Festivals. Im Gegensatz zu Justice, dem Schlussact des Vortages, blieben The Prodigy in Musik und Auftreten destruktiv und schrill und fielen weiterhin lediglich durch recht einfallslose Provokationen und Floskeln auf (O-Ton Liam Howlett: „My fu..ing Swiss people“).
Quelle: http:www.openairsg.ch
Während sich einige Besucher bereits am Sonntagmorgen auf den Heimweg machten, versüssten vor allem die New Yorker Rockband We are Scientists, die südafrikanische Indie Rock-Newcomers The Parlotones und die irisch-amerikanische Band Flogging Molly den Abschied. Insbesondere letztere forderten dem teilweise erschöpften und in der Nachmittagssonne brütenden Publikum mit ihrem mitreissenden folkloristischen Punkrock nochmals alles ab.
Trotz ausbleibender musikalischer Überraschungen (von Justice einmal abgesehen), aller Kapazitäts-, Logistik- und insbesondere Abfallproblemen eines solchen Massenevents und EURO 08-Finale, erwies sich das OpenAir St.Gallen 2008 vor allem wegen der guten Atmosphäre, des Wetters und dem kontrastreichen Programm wiederum als Publikumsmagnet und Präsentationsbühne vieler schweizer Bands. Man darf bereits auf die nächste Neuauflage gespannt sein.
Sebastian Mayr, Matthias Holzner
__Links__