The Rain & the Neon Light
Michael Heger - Ein hochkarätiges Line-Up, fünf verschiedene Bühnen, eine traumhafte Location und jede Menge Regen. 20`000 Besucher feierten vom 18.- 20. Juli auf Ferropolis die feucht-fröhliche 11. Ausgabe des Melt!-Festivals. Fluchtartig stürmt das Publikum nach dem Adam Green Konzert in ...
Fluchtartig stürmt das Publikum nach dem Adam Green Konzert in alle Himmelsrichtungen. Der Grund dafür liegt nicht etwa in der überraschend glatt wirkenden Performance des New Yorker Singer-Songwriters sondern im plötzlich eintretenden Platzregen. Es ist Freitagabend kurz nach Sonnenuntergang. Das Gewitter, welches sich gerade wie eine schwarze Wand bedrohlich herangeschlichen und tobend über dem Melt! entladen hatte, sollte nicht das letzte dieses Wochendendes sein. Der Stimmung tat dies jedoch keinen Abbruch. Immerhin drückte sich das Who-Is-Who der europäischen Elektro- und Indieszene auf Ferropolis das Mikrophon in die Hand.
Ferropolis - Die Location
Einen ersten Höhepunkt des Festivals galt es am Samstag in den frühen Morgenstunden auf der Gemini Stage zu begutachten. Booka Shade, die Urgesteine der Berliner Electro-Szene und Väter des Get Physical-Labels stellten auf der Zeltbühne ihr neues Album The Sun And The Neon Light vor. Die perfekte Mischung aus organischen und elektronischen Sounds brachte das Publikum in Ekstase. Der Sound des neusten Albums in Verbindung mit alten Hits wie Night Falls oder Mandarine Girl scheint geradezu prädestiniert für die Bühne: Musik, die bewegt.
Nach einem erneuten Wettereinbruch, den The Notwist zu spüren bekamen, betraten am frühen Samstagabend die Stereo MC`s die Bühne. Routiniert gaben die für ihre Liveauftritte bekannten Musiker rund um Rob Birch einen Mix aus alten und neuen Hits wieder. Kurz vor Mitternacht mussten die Engländer jedoch vor den Schotten von Franz Ferdinand das Feld räumen. Zu Tausenden war das Publikum von der Insel in dem kunterbunten Melt!-Völkchen um Stimmung bemüht. Dabei scheuten sie auch nicht vor lustigen Choreografien zurück; Anweisungen wurden mit einem Beachballschläger gegeben. Franz Ferdinand entschädigten sie mit einem dancelastigen Konzert, wobei auch ein paar neue Songs gespielt wurden.
Partypeople
Mr. Oizo entzückte währenddessen auf der Gemini Stage die Partygänger. Cool dreschte der Franzose mit der Zigarette im Maulwinkel seine Breakbeats dem Publikum um die Ohren. Nach diesem Beatgewitter schlug auf der Hauptbühne bereits Roisin Murphy ihr Equipment auf. Wer die schöne Irin letztes Jahr im Kaufleuten gesehen hatte, erlebte eine freudige Überraschung. Roisin scheint ihre Performance dem jeweiligen Publikum anzupassen, was heisst: Im Kaufleuten poppig-glatt an der Grenze zur Langeweile, auf dem Melt!: elektronisch-tanzbar und in einer etwas härteren Gangart.
Der Sonntag stand ganz im Zeichen der isländischen Sängerin Björk. Mit einem exquisiten Vorprogramm wurde dieser zusätzliche dritte Tag eingeläutet. Get Well Soon, die viel gehypten Newcomer aus Deutschland zeigten mit ihrem folkigen Sound das beachtliche Potential, welches in ihnen steckt. Was danach folgte, liess einen Teil des Publikums wohl eher verstört zurück: Battles. Alleine den Sound dieser Superband zu beschreiben würde Seiten füllen. Reduziert ausgedrückt: Eine Gitarrenband mit dem typischen Warp-Sound.
Björk
Der Star des Abends, um nicht zu sagen das Highlight des Wochenendes, betrat kurz nach 22 Uhr die Bühne. Björk, das wohl interessanteste Phänomen zeitgenössischer Popmusik zog das Publikum fast zwei Stunden in seinen Bann. Der elfenartigen, verträumten Musik gepaart mit einigen dröhnenden Elektroniknummern wie Declare Independance konnte sich keiner entziehen.
So nahm die Melt!-Reise ihren Lauf und am Montag strömte das Publikum wieder in alle Richtungen der Welt davon. Zurück bleibt die Erinnerung an ein einzigartiges Wochenende und die bange Frage, ob das Melt! nächstes Jahr nochmals das Gleiche sein wird. Mit 20`000 Besuchern stößt das beschauliche, durch seine familiäre Atmosphäre und die herausragende Location auftrumpfende Festival langsam aber sicher an die Grenzen seiner Kapazität. Die Gefahr droht, dass das Melt! zu einem atmosphärenlosen Massenevent im Sinne anderer großer Festivals verkommt. Schade wäre es um diese einzigartige Kulturinstitution, die es geschafft hat, Genrezäune niederzureißen und die verschiedensten Leute aus allen Ländern Europas in einem gemütlichen Ambiente zusammenzubringen und zu verschmelzen.