Kain am Openair Zürich
Christina Ruloff - 'Da hat Universal angeklopft und gefunden, das töne ganz interessant.' Kain erzählen über ihr erstes Album, das Komponieren in der Küche und warum sie die Musik brauchen. Students.ch: Wie lange gibt es Kain schon?Lino (Gitarre, Gesang): Wir kennen uns seit 13, 14 Jahren, zusa...
Students.ch: Wie lange gibt es Kain schon?
Lino (Gitarre, Gesang): Wir kennen uns seit 13, 14 Jahren, zusammen Musik machen wir seit zehn Jahren.
Das Album „Leben im Schrank“ ist dieses Jahr erschienen...
Lino: Ja wir mussten erst mal üben. Als wir angefangen haben, Musik zu machen, habe ich zum Beispiel erst angefangen mit meinem Instrument, der Gitarre. Paul hatte vorher ein paar Jahre Pause mit dem Schlagzeug und hat dann erst durch die Band wieder angefangen. Oliver hat dann mit Bass losgelegt.
Paul (Schlagzeug): Wir haben nur immer zusammen Musik gemacht. Die Frage, ob wir jetzt eine Band sind oder nicht hat sich von daher gar nie gestellt. Wir waren einfach immer wir. Die Band, das war unser Ding, unser Herzblut.
Und wie hat das mit der Platte geklappt?
Lino: Wir haben selber Demos aufgenommen. Wir haben auch schon vorher viel Zeit ins Studios verbracht, bei Freunden Musik aufgenommen oder so und die Demos haben wir dann verschickt. Da hat Universal angeklopft und gefunden, das töne ganz interessant.
Das klappt also tatsächlich und ist nicht nur ein Mythos?
Paul: Na ja, man muss auch Leute kennen, die das immer weitergeben. Da gibt’s verschiedene Wege.
Lino: Wir wurden dann auch eingeladen zum Vorspielen, dann wurde uns ein Plattenvertrag versprochen und wir sind den irgendwann unterschreiben gegangen. Und dann haben sie uns ins Studio gestellt und wir haben’s Album aufgenommen und das ist dabei herausgekommen.
Die Songs, sind die denn alle neu?
Lino: Nein, die sind nicht komplett neu. Wir hatten vorher schon ganz viele Songs und wollten nur noch diejenigen, die uns nach so langer Zeit noch wirklich am Herzen liegen. Eigentlich liegen uns alle am Herzen, aber wir haben die genommen, wo wir sagen konnten: „Ei, da haben wir jetzt einfach Lust drauf!“ Natürlich sind das überwiegend neue Songs, weil man da noch viel Begeisterung hat. Diese Songs haben wir dann alle aufgenommen uns es ist ein abwechslungsreiches Album geworden.
Da stand also kein Konzept dahinter, sondern es sollte vor allem Spass machen...
Lino: Ja. Ich habe auch nichts gegen Konzeptalben; es gibt Bands, die machen es sehr, sehr gut; es gibt Bands, die machen es überhaupt nicht gut. Das erste Album sollte für uns einfach ein Herzensalbum sein. Wir haben einfach drauflosgespielt und die Songs, die uns am Herzen langen, konsequent eingespielt. Ich weiss nicht, wie’s beim zweiten wird. Vielleicht wird da schon eher ein grüner Faden oder ein roter Faden zu hören sein. Die sind ja dann alle auch zur gleichen Zeit entstanden.
Paul: Das jetzige Album spiegelt ja auch eine enorm lange Zeitspanne.
Wir würdet ihr denn eure Musik beschreiben? Das ist ja nicht ganz einfach...
Paul: Ja, das fällt mir auch immer schwer. Wir würdest Du sie denn beschreiben?
Düsterer, melodiöser Rock, manchmal aber sich auch ruhiger und akustisch.
Lino: Das trifft’s etwa. Die meisten Songs sind auch akustisch entstanden, in der Küche bei mir mit der Gitarre und ah und hier ... die Texte fallen mir ja auch während dem Gitarrespielen ein. Manchmal habe ich auch eine Textidee und denke, „Oh Gott, die muss ich jetzt sofort hinschreiben, bevor ich sie vergesse!“ Das Musikmachen fällt mir da ein bisschen leichter; deswegen brauche ich fürs Texten auch immer länger und denke über jedes Wort, über jede Zeile ganz genau nach.
Hoffentlich!
Lino: Ja, das bedeutet ja auch was. Ich möchte mich jedenfalls nicht hinstellen und irgendein Gewäsch von mir geben, das gleiche machen, was Dieter Bohlen macht. Damit kann man auch Geld verdienen. Gut, ich verdien kein Geld.
Nicht?
Lino: Nö, absolut nicht Aber vielleicht kurbelt dieses Interview ja die Plattenverkäufe an, in der Schweiz!
Eure Texte sind ja zum Teil ganz schön hart. „Ich hoffe, ich sterbe früh in Seligkeit / Ich lehn' mich nie weit raus und falle doch, Gravitation. / Bei meinem Glück noch ins falsche Loch, Fiasko. / Mal bleibt mir wenig Raum. mal hab' ich zuviel Platz, Klaustrophilie. / Und fress ichs in mich rein, dann ist es für die Katz', Bulimie.“ heisst es da schon mal.
Warum sind die alle so düster?
Lino: Ich möchte da eigentlich nicht viel zu sagen. Ich hoffe, dass die Texte sich selbst erklären. Für mich ist es schwierig, fröhliche Lieder zu schreiben.
Paul: Ich lasse lieben den ganzen Scheiss ab, der mir im Kopf herumfliegt, die ganzen Ansichten, die ich hab, über die Menschen und über die Welt oder über mein Leben und über meine Gedanken.
Lino: Die ganzen dunklen Sachen lass ich lieber raus und ärgere mich dann nicht in meinem Nicht-Musiker-Leben.
Musik ist in dem Fall für dich eine Art Katalysator.
Lino: Wenn ich das nicht machen würde, würde ich wahrscheinlich irgendwann Amok laufen oder so. Als ich den Film „Falling Down“ gesehen habe, habe ich gedacht: „Nee, den versteh ich so richtig gut!“ Ich werd das auch nicht herausfinden müssen, weil ich ja die Musik habe.
Schreibst Du auch an den Texten mit, Paul? Oder ist das Linos Sache?
Paul: Ich spiel dazu. Lino kann eh nichts singen, was nicht aus seiner Feder stammt und ich mach dann das Percussive dazu. Dadurch, dass wir eine Band sind, entwickeln wir auch alles zusammen und da sage ich auch schon mal: „Nee, das kann ich nicht machen. Ich kann das nicht spielen, weil mir das halt nicht gefällt.“ Ich kann keine Melodien selber produzieren, ich kann sie nicht rauslassen. Das würd ich eigentlich gerne.
Lino: Aber dafür bist Du ein sehr krasser Geniesser. Was Melodien und Musik betrifft, ist es ein unglaublicher Geniesser.
Paul: Ich kann auch gleich heulen, oder sauer sein. Und wenn wir nen Song machen, wo mir die Melodie nichts sagt, dann sag ich das einfach. Das wird dann auch angenommen und dann ändern wir das. Ich kann zwar nicht sagen: „Spiel diesen oder jenen Ton!“, ich kenn mich nicht aus. Aber ich sage dann: „Mach irgendwas, was ein bisschen fieser ist oder trauriger!“ Und dann kommt was, und dann sage ich: „Ja!“
Englisch singen ist für euch nie in Frage gekommen...
Lino: Wir haben’s mal probiert, aber dafür hat unser Schulenglisch nicht ausgereicht. Das kommt dann raus, wie wenn ein Sechsjähriger was hintextet: Die ganzen Wörter, die man in anderen Songs hört, selber zusammengewürfelt. Das war mir dann nicht so wohl. Ich hab gesagt: „Nee, ich schreib auf Deutsch! Und ist mir völlig egal, ob das ankommt oder nicht ankommt.“ Es ist für mich wichtig, mich in der Sprache auszudrücken, in der ich auch denke, in der ich fühle, die Mentalität einfach besser zu erwischen.
Paul: Das denke ich auch. Das kann ja auch nur so ein Katalysator sein, für Lino und für uns. Und wenn wir uns nicht wirklich ausdrücken können und nur plumper Kram rauskommt, dann steht so was doch gar nicht zur Debatte.
Das Album ist draussen, die Tour habt ihr schon gespielt. Was folgt als nächstes?
Lino: Vereinzelte Konzerte übern Sommer. Wir bringen eine Single raus namens „Pack dich“. Das ist der nächste grosse Schritt. Da hat uns die Plattenfirma auch gesagt: „Ihr könnt jetzt genau machen, was ihr wollt!“ Und das finden wir natürlich gut. Vorher haben sie natürlich schon gesagt: „Na, was findet ihr von dem?“ Da gab es immer ein Einverständnis. „Die Single aber“, haben sie gesagt, „ist euer Ding. Also macht mal!“ Find ich sehr gut, ein Luxus, sehr kulant. Da gehen wir natürlich anders ran. Die Singleentscheindung ist auch auf unserem Mist gewachsen. Da sind wir sehr glücklich mit. Dann können wir genau das machen, was wir wirklich wollen, was wir aussagen wollen. Wir bereiten uns natürlich auch aufs zweite Album vor. Weil wenn es heisst, „So nächsten Monat Demos abliefern!“, ist es blöd unter Zwang neues Songs zu schreiben. Das machen wir lieber jetzt, wo wir auch neue Erfahrungen sammeln und diese verarbeiten können.
, Sänger, Texter und Gitarrist