Justice – '†'
Carl Spörri - Artist: Justice Album: '†'Release: 15.06.2007Label/Vertrieb: Ed Banger / Warner Mit donnernden Paukenschlägen und den Posaunen von Jericho kündigt sich das Debutalbum von Justice an, als wären die Tore zum Himmel selbst geöffnet worden. Das Pariser Duo Gaspard Auge (aka 'T...
Album: '†'
Release: 15.06.2007
Label/Vertrieb: Ed Banger / Warner
Mit donnernden Paukenschlägen und den Posaunen von Jericho kündigt sich das Debutalbum von Justice an, als wären die Tore zum Himmel selbst geöffnet worden. Das Pariser Duo Gaspard Auge (aka 'The Moustache') and Xavier de Rosnay (aka 'The China') lassen keinen Zweifel offen, dass sie die Vorreiter des neuen „French Touch“ Sturms in Sachen elektronischer Musik sind. Aufkommende Künstler wie Digitalism, Kavinsky, Lifelike, Mehdi oder Surkin und Label wie Ed Banger Records, Work It Baby oder Kitsuné beschreiten nun ebenfalls den Weg zu den Sternen, wie schon in den 90er ihre Idole Daft Punk, Motorbass, Superfunk oder Cassius.
Nachdem die zwei Jungs, ehemalige Grafikdesigner, in 2003 dem Labelboss von Ed Banger, Pedro Winter ihr Schlafzimmer-Remix des Simian Tracks Never Be Alone in die Hände drückte, geriet ihre Karriere lawinenartig ins rollen. DJ-Grössen wie Erol Alkan, Tiga oder 2-Many-DJs spielten den Track rauf und runter rund um den ganzen Erdball. Es folgten weitere Remixaufträge für N*E*R*D*, DFA 1979, Fatboy Slim, Soulwax, Daft Punk, Franz Ferdinand und sogar Britney Spears. In 2005 folgte dann ihre zweite EP, Waters Of Nazareth, und heimste viel Lob bei Kenner der Musikszene ein.
'†' grooved. Anders kann man dem nicht sagen. Die mit verzerrten Tonfetzen von Gitarren oder Orgeln kombinierten, brachialen Elektro-Beats weichen plötzlich der sanften Musiklandschaft eines französischen Chançons. Dem zuckenden Hin und Her von funkigem Frenchhouse folgen plötzlich wieder die Herrschaare der Hölle und peitschen die tanzende Meute mit Fenster zerberstendem, verzerrtem Synthie-Gebrüll und den donnernden Pauken des Belzebuben in eine weitere Runde auf der brennenden Tanzfläche. Wer nach erstmaligem Hören des Albums nicht am schwitzen ist, muss einfach taub sein.
Das Album ist aus zweierlei Hinsicht ein Meisterwerk. Einerseits bringen Justice mit '†' wieder die I-don’t-give-a-shit Attitude jugendlicher Lausebengels wieder in die Clubmusik – und bei Gott, das hat wahrlich gefehlt. Vo-ku-hi-la „Puta di Madre“ Muttersöhnchen und zimperliche Stiletto-Zicken, die zu abgewaschenem Züri-Elektro ohne Charakter den Handtaschentanz veranstalten, sollten sich dringend vom Vorschlaghammer des '†' behandeln lassen.
Zweitens haben Gaspard und Xavier ihre musikalischen Inspirationen und Idole so gekonnt in ihre Musik hinein geflochten, dass man die Ursprünge zwar erkennt, aber dennoch meint das Ganze stelle was noch nie da Gewesenes dar. Deutlich merkt man auch ihre Ehrfurcht vor den vergangenen französischen Pionieren der Tanzmusik – Sei dies durch den metallisch-blubbernden Beats von Homem De Christos Crydamoure Label, den Chaka Khan Träumen und Champagner-Küsschen von Bangalters Roulé Label oder die stilisierten sauberen 80er Synthies von Fred Falke und Alan Braxes früheren Werken.
Ist es verfrüht zu sagen, dass '†' einer der Meilensteine der 00er Jahre in Sachen elektronischer Musik sein wird? Vielleicht. Auf alle Fälle haben viele Liebhaber dieses Musikstils dort draussen zu lange auf so ein Album warten müssen. Aber letztlich siegt doch die Gerechtigkeit.
Et justice pour tous.