la graine et le mulet - Couscous mit Fisch

Slimani (Habib Boufares) ist französisch-maghrebinischer Hafenarbeiter in einer durch Globalisierungsdruck in Krise geratenen südfranzösischen Schiffswerft. Mit seinem Gehalt kann er nur knapp seine Familie über die Runden bringen. Slimani ist nicht nur eine wortkarge und introvertierte Gestalt, er lebt auch etwas isoliert, da seine Kinder bei seiner Exfrau leben. Wegen seines bereits fortgeschrittenen Alters und seiner Phlegmatik vermag er nur noch kaum, die Erwartungen seines Arbeitgebers zu erfüllen. Er droht aus dem System zu fallen und geht deshalb in die Offensive. Mit Hilfe seiner Familie möchte er in einem ausrangierten Schiff ein Couscous – Restaurant arabischen Stils einrichten. Damit will er nicht nur der drohenden Arbeitslosigkeit entgehen, sondern sich gleichzeitig auch einen lang gehegten Traum erfüllen. Die Einweihungsfeier mit wichtigen Persönlichkeiten der Stadt soll dem Projekt zum Durchbruch verhelfen. - So denn, die Gäste sind geladen, die Musik spielt und alles sieht danach aus, als würde Slimani der Coup gelingen, würde nicht plötzlich der Couscous fehlen...

Auch wenn es zunächst nicht danach ausschaut, 'La Graine et le Mulet' ist ein recht politischer Film. Wie schon in seinen Filmen zuvor, zeigt sich Regisseur Kechiche globalisierungs- und systemkritisch. Zum einen, weil er den Blick auf ein ganz konkretes Einzelschicksal richtet, das die harten Seiten des (ökonomischen) Systems zu spüren bekommt. Ein Schicksal, das jedem anderen Franzosen oder Schweizer widerfahren könnte. Zum anderen rückt er in einer Zeit islamkritischer Medien und Terrorismus die arabische Lebenskultur in den Vordergrund und wirbt damit mindestens für eine alternative und tolerante (wenn nicht gar positive) Sicht auf diesen Kulturkreis. Dies geschieht vor dem Hintergrund eines weitverbreiteten Individualismus und zunehmender Isolation in westlichen Gesellschaften, insbesondere in deren Städten. Ein genau solches Schicksal droht Slimani, kann dem aber vor allem durch die couragierte Mithilfe und Bande seiner Familie, Freunde und Verwandte (selbst über tiefe Gräben und bescheidene finanziellen Möglichkeiten hinweg) etwas entgegensetzen.

Trotz dieser Aspekte kann der Film jedoch leider nicht voll überzeugen. Daran Schuld sind zum einen die krassen Längen (151 Minuten!) und die allzu deutliche positive Herausstellung des einfachen Lebensstils der Unterschicht (der der Ästhetik manchmal entgegensteht) bzw. des Banal-Zwischenmenschlichen (als wolle der Regisseur es dem "westlichen" Zuschauer unter die Augen reiben). Dies wird insbesondere durch die Kameraführung in einer über 10 Minuten langen Tischszene (grösstenteils ohne Handlung), in der die Familie bei einem bescheidenen Gericht in lockerer Runde zusammensitzt, deutlich. Dabei schwenkt die Kamera derart zwischen den Gesichtern hin und her, dass dem Zuschauer selbst der Blick auf den Couscous zwischen den Silberzähnen nicht verborgen bleibt.

'La Graine et le Mulet' ist ein Film, der nicht primär durch seine Handlung und Dramaturgie überzeugt, sondern vor allem als politischer Film über die französisch-maghrebinische Unterschicht in einer von Islamkritik und ökonomischen Zwängen geprägten Zeit hervorsticht. Ein wichtiger Film mit guter Botschaft, leider etwas zu stark akzentuiert und zu lang.

Bewertung: 3.5 von 5

• Drehort: Frankreich 2007
• Schauspieler: Habib Boufares, Hafsia Herzi, Faridah Benkhetache
• Regie: Abdel Kechiche
• Länge: 151 Minuten
• Kinostart: 28.08.2008
• Verleih: Monopole Pathé Films
• Homepage : http://www.lagraineetlemulet-lefilm.com/
• Trailer: