Biffy Clyro - Puzzle
Simon Knopf - Artist: Biffy ClyroAlbum: PuzzleRelease: 01. Juni 2007Label / Vertrieb: Warner Schottisches Querdenkertum macht sich gut. Mogwai, Aereogramme und Biffy Clyro sind die damit verbundenen Namen. Und gerade als die höchst traurige Nachricht die Runde macht, dass sich die so wunderba...
Album: Puzzle
Release: 01. Juni 2007
Label / Vertrieb: Warner
Schottisches Querdenkertum macht sich gut. Mogwai, Aereogramme und Biffy Clyro sind die damit verbundenen Namen. Und gerade als die höchst traurige Nachricht die Runde macht, dass sich die so wunderbaren – und definitiv unter Wert geschlagenen – Aereogramme enttäuscht und ausgebrannt auflösen werden, kommen die befreundeten Biffy Clyro mit ihrem vierten Album Puzzle um die Ecke.
Das Debüt vielversprechend, der Zweitling zu fahrig, das 2005er Album Infinity Land der erhoffte Befreiungsschlag. All die Haken und Wendungen verbunden mit den tollsten Melodien. Schreiattacken gepaart mit den berührendsten Gesangslinien. Die Band war da angekommen, wo sie hinwollte. Und sie verlangte dem Hörer etwas ab, ohne anstrengend zu sein. Dann starb die Mutter von Sänger und Songwriter Simon Neil an einem Herzleiden. Zudem kam ein Labelwechsel und die Erkenntnis, dass man nur noch einen Schritt davon entfernt war, den Song selbst wieder aus den Augen zu verlieren. Daraus entstand Puzzle. Konsequenter gezeichnete Spannungsbögen und nur noch dezente Schreiattacken im Hintergrund. Die Band klingt konventioneller, aber ohne konventionell zu sein und hat den Weg, den man auf Infinity Land eingeschlagen hat, weitergeführt. Die Ideen werden immer mehr auf die wesentlichen Elemente gebündelt. Die schier unbändige Kreativität der Band, eingefangen in nachvollziehbaren Strukturen, bringen Puzzle eine ganze Reihe von hervorragenden Songs, welche diesmal nicht von extremen Brüchen und Laut/Leise-Schemen leben, sondern von spannenden Melodien. Das Intro im ersten Song lässt dies noch nicht vermuten. Living Is A Problem Because Everything Dies ist der dazugehörige Kampftitel und was dem Intro folgt, ist einer der stärksten Opener seit langem. Oft bezieht sich die Platte auf den Tod von Neil’s Mutter oder dessen Nachwirkungen. Dadurch wurden auch die Texte konkreter als bisher und behalten einen gewissen Fokus, werden dabei aber glücklicherweise nicht zu einseitig.
(bild: www.biffyclyro.com)
Natürlich merkt man der Band ihre Einflüsse deutlich mehr an, jetzt wo sie nicht mehr versuchen, jede Melodie vor sich selber zu verstecken. Folding Stars zum Beispiel klingt sehr nahe an Jimmy Eat World. Hier ist insgesamt auch die Schwachstelle der Platte auszumachen. Biffy Clyro hatten bisher dadurch brilliert, jeden Song trotz toller Melodien mehrfach durch den Fleischwolf zu zerren, um einem nach beruhigenden Momenten unerwartet in die Fresse zu hauen. Werden die Strukturen aber allzu einfach, klingen auch Refrains von Biffy Clyro – trotz oder vielleicht gerade wegen genialer Strophenteile –plötzlich beliebig. Auf der anderen Seite stehen unter anderem As Dust Dances, Semi-Mental, Love Has A Diameter, dem bereits erwähnten Living Is A Problem Because Everything Dies und dem abschliessenden Machines.
Biffy Clyro sind nur noch einen Schritt vom endgültigen Meisterwerk entfernt und deuten zum zweiten Mal ihr enormes Potenzial mehr als nur an. Die Lücke, welche nach der Auflösung von Aereogramme in den innovativen Zweig der schottischen Musiklandschaft gerissen wurde, vermögen sie (noch) nicht zu schliessen. In Sachen Bartlänge stehen sie ihnen aber in nichts nach. Und Puzzle dient zu viel mehr, als nur zum Tränen abwischen. Das nächste Mal aber bitte ohne Todesfall.
Verfasst von Michael Messerli