Boys on Pills - Supersonisch
Daniel Gremli - Beats wie Zürich, Raps wie Bern: Die Boys on Pills sind zurück mit ihrem zweiten Album. Und zeigen, wie innovativ Schweizer Rap sein kann. Der hiesige Sprechgesang hats in den letzten Jahren weit gebracht: Fristete er Rap vor wenigen Jahren noch ein Kellerdasein, ist er heute ...
Beats wie Zürich, Raps wie Bern: Die Boys on Pills sind zurück mit ihrem zweiten Album. Und zeigen, wie innovativ Schweizer Rap sein kann.
Der hiesige Sprechgesang hats in den letzten Jahren weit gebracht: Fristete er Rap vor wenigen Jahren noch ein Kellerdasein, ist er heute Teil des Pop-Mainstream. Immer wieder schaffen es Scbweizer Rap-Platten in die Charts. Stress macht jetzt Werbung für Coop. Und Bligg trat vor einiger Zeit zusammen mit der Streichmusik Alder im Schweizer Fernsehen auf.
Während das letztgenannte Beispiel durchaus als innovative Idee angesehen werden kann (Gimma und seine Oschtblock Kuabuaba hatten übrigens kürzlich dieselbe Idee - sie werden vom Trio Eugster unterstützt), tönt das Gros der eidgenössischen Rap-Veröffentlichungen der letzten Jahre ziemlich gleich. Oder orientiert sich bestenfalls an aktuellen Entwicklungen aus den USA oder Deutschland. Innovativität scheint für die meisten Hiphop-Künstler hierzulande ein Fremdwort zu sein. Der Erfolg gibt ihnen recht, könnte man sagen. Man könnte aber auch etwas genauer hinschauen und feststellen, dass es abseits des Rampenlichts und der grossen Namen durchaus Innovatives gibt. Da wäre zum Beispiel der Berner Baze, durchaus kein unbeschriebenes Blatt in der Schweizer Musikszene. Aber auch kein Chartstürmer. Er liess in den letzten Jahren immer wieder mit interessanten Projekten von sich hören. So veröffentlichte er beispielsweise letzten Herbst, unterstützt von der Rockband Secondo, das erste Schweizer Unplugged-Rap-Album. Und gründete zusammen mit Rapper und Produzent Elwont die Formation Boys on Pills, die vor eineinhalb Jahren ihr erstes Album veröffentlichte: Acid-Rap könnte man das nennen - Mundart-Reime, unterlegt mit elektronischen Beats.
Nun veröffentlichen die Boys on Pills ihren zweiten Wurf, Supersonisch. “Ghörsch nüt im Radio, lisisch nüt ir Zitig, gö üse Wäg fernab vo jedere Richtig”, rappt Baze darauf. Nun, immerhin auf Students.ch gibts darüber zu lesen. Und wir können bestätigen: Baze und Elwont machen wirklich Rapmusik fernab aller vorgetretenen Pfade. Die Instrumentals, die uns Elwont da vorlegt, werden wohl einigen Hiphop-Dogmatikern vor den Kopf stossen. Wer aber gern mal über den Schubladenrand hinausschaut und sich auf die elektronischen Klänge einlässt, wird auf einen Trip mitgenommen, von dem man so schnell nicht wieder runterkommt. Die 20 Stücke auf Supersonisch strotzen nur so vor Innovativität, Vielfalt und produktionstechnischer Virtuosität. Da spielts eigentlich gar keine grosse Rolle mehr, was Baze und Elwont rappen. Hörenswert sind die Texte aber trotzdem. Oft wird zwar nur represented, aber einem begnadeten Rapper wie Baze hört man trotzdem immer gerne zu. Und auch Elwont hat seit der ersten BOP-Platte markante Fortschritte gemacht. Dass die beiden aber über mehr als nur sich selber rappen können, beweisen sie beispielsweise auf Roth, Weisz und Grün (Elwont über Antisemitismus in seiner Heimat Ungarn) oder auf Beschissene Abe (Baze über das Nachtleben der heutigen Jugend).
Oft gehts aber auch um ganz banale Themen wie das entspannte Leben in Bern (Das isch Bärn) oder um Bescheidenheit und Freude an kleinen Sachen (Jet Set). Man könnte sich fast zur folgenden Aussage hinreissen lassen: Die Instrumentals tönen wie Acid und Koks, die Texte eher wie Joint und Bier. Oder, um zum Schluss noch mit der ganz grossen Klischee-Kelle anzurühren: Supersonisch, das sind Beats wie Zürich und Texte wie Bern.