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26. September 2008, 10:35 Movie

DVD der Woche: Saint-Jacques... La Mecque

Christina Ruloff - Schockschwerenot! Auf dem Totenbett denken sich die Sterbenden immer die gemeinsten Sachen aus – oder die besten, je nach Perspektive: Clara, Claude und Pierre jedenfalls müssen, um an die 1,5 Millionen Euro und die alte Villa ihrer Mutter zu kommen, eine Pilgerfahrt nach Sant...

Schockschwerenot! Auf dem Totenbett denken sich die Sterbenden immer die gemeinsten Sachen aus – oder die besten, je nach Perspektive: Clara, Claude und Pierre jedenfalls müssen, um an die 1,5 Millionen Euro und die alte Villa ihrer Mutter zu kommen, eine Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela machen – zusammen! Dabei können sich die Geschwister auf den Tod nicht ausstehen und würdigen sich kaum eines Blickes oder gar Wortes, wenn sie sich nicht gerade ankeifen oder unflätigst beschimpfen. Doch könnte die überzeugt atheistische Clara das Geld gut brauchen, bringt sie doch als Lehrerin ihren arbeitslosen Mann und die beiden Kinder mehr schlecht als recht durch den Alltag. Pierre – der nach eigenen Angaben nie gearbeitet und immer gesoffen hat – ist ohnehin in notorischer Geldnot. Und das „Genie“ der Familie, Claude, will seinen verhassten Geschwistern natürlich nicht noch mehr Anlass geben, ihn zu verachten – und schon gar nicht der werten Verstorbenen.

Also machen sich alle drei zusammen mit einer kleinen Gruppe um den Führer Guy auf, von Le Puy drei Monate auf dem Jakobsweg zu wandern – was natürlich nicht ganz einfach ist.

Und ausgerechnet zusammen müssen sie ein Bett teilen! Die Geschwister in Saint-Jacques... La Mecque machen einiges mit und streiten sich wunderbar französisch.

Die Idee verstrittene Geschwister mit Hilfe eines „kreativen“ Testaments auszusöhnen, ist zwar nicht ganz neu, doch wurde sie kaum je so amüsant und charmant umgesetzt wie von der Altmeisterin Coline Serreau. Es macht nicht nur grossen Spass zuzusehen, wie sich erwachsene Menschen mehr oder weniger freiwillig quälen (ein bisschen Schadenfreude ist nicht von der Hand zu weisen) und prügeln, es färbt je länger je mehr auch die positive Grundstimmung der Pilgernden ab, die sich langsam kennen- und schätzen lernen und vom Alltag und den ihn beherrschenden Ängsten lösen. Wenn die verbitterte Clara dem als „dumm“ geltenden Analphabeten Ramzi doch noch das Lesen beibringt und sich damit wenigstens zeitweise von ihrer inhärenten Wut lösen kann, dann springt gleich etwas vom Glück der beiden auf den Zuschauer rüber – und zwar ohne dass gross auf die sentimentale Ader gedrückt oder der Moment mit musikalischer Begleitung versüsst wird. Auch verzichtet die Regisseurin clever darauf, der Wallfahrt ein grosses religiöses Gefühl aufzudrücken (wenn sie leider auch nicht von vermeintlich symbolischen oder metaphorischen Träumen lassen kann – die schwächsten und überflüssigen Szenen im Film).

Zu spät! Kein Bett mehr frei! Ein bisschen Schadenfreude beim faulen Zuschauer im Sessel ist nicht von der Hand zu weisen!

Es geht. wie bei Road Movies so oft, einfach darum, dass Menschen zusammen Abstand gewinnen und einen kleinen Schritt vorwärts kommen. In diesem Sinne ist Saint-Jacques... La Mecque nicht nur eine hervorragende Komödie, sondern auch ein erstklassiges Feelgood Movie zum Lachen, Schmunzeln, Nachdenken und Geniessen.

Saint-Jacques... La Mecque ist neu auf DVD erschienen!

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