Magazin durchsuchen

Neuste Blogs

27. September 2008, 16:38 Kultur

Von denen die überleben @ Schauspielhaus

Robert Salzer - Beim Eintritt in die kleine Schiffbauhalle staunt man nicht schlecht. Stühle sind keine vorhanden, statt dessen findet man begehbare Installationen vor. Neugierig erforscht man die verschiedenen Gebilde. Ein kleines Holzhaus wurde aufgebaut, daneben ein riesiges Stoff-Ei und sch...

Beim Eintritt in die kleine Schiffbauhalle staunt man nicht schlecht. Stühle sind keine vorhanden, statt dessen findet man begehbare Installationen vor. Neugierig erforscht man die verschiedenen Gebilde. Ein kleines Holzhaus wurde aufgebaut, daneben ein riesiges Stoff-Ei und schliesslich eine Märchenlandschaft mit Heuhaufen und Spinnennetz.

Der Abend ist eine gemeinsame Produktion des Migros Museum für Gegenwartskunst, sowie des Schauspielhauses. Für jede der drei Installationen haben sich ein Autor und ein bildender Künstler zusammengetan, um zusammen dem Motto des Abends gerecht zu werden: „Von denen die überleben“. Die Bezüge sind aber leider oft recht vage und die Zusammenhänge weit hergeholt.

Die erste Installation ist jene vom Autor Erwin Koch zu einem Kunstwerk von Mathilde ter Hejne und spielt sich vor dem Holzhaus ab. Das Haus sei eine Kopie der altertümlichen Häuser des Volkes der Mosou, einer Ethnie aus dem Südwesten Chinas, welches in einer „matrilineare Gesellschaftsstruktur“ lebe, sprich dem Gegenteil des Patriarchats. Dieses Volk kennt keine Ehe zwischen Mann und Frau, Kinder leben im Haushalt der Mutter und der Besitz wird von den Müttern an die Töchter vererbt. Vor dem Holzhaus geht dann der schauspielerische Teil des Abends los. Drei Darsteller spielen die Geschichte eines Schweizer Familiendramas. Eine Mutter hat beim Quittenschneiden mit ihrer Tochter aus unerklärlichen Gründen diese umgebracht und sich anschliessend selber versucht zu töten. Doch gemäss dem Thema des Abends überlebt sie den Selbstmordversuch und Fragmente aus Polizeiverhör und Psychiatergespräch werden dem Zuschauer nacherzählt.

Die zweite Installation von der Autorin Sibylle Berg und dem Künstler Jon Pylypchuk handelt von einem apokalyptischen Szenario, nämlich jenem, dass Tiere die Herrschaft über die Welt ergreifen und den Menschen an der Spitze der Nahrungskette ablösen. Witzig wird erzählt, wie die Spezies Mensch nach und nach die Kontrolle verliert und diese an kleine herzige Tiere abgibt.

Die dritte und letzte Installation schliesslich greift den Text von Jeremias Gotthelf „Die schwarze Spinne“ auf. Die Tänzerin Erna Omarsdottir verköprert die Spinne und tanzt in ihrem sehr echt erscheinenden Kostüm quer durch das Publikum, welches erschreckt zurückweicht. Dieser Tanz ist zwar schön anzuschauen, dauert aber doch insgesamt zu lange. Siggi Schwientek verkörpert den als Jäger getarnten Teufel und gibt Auszüge aus dem Stück von Gotthelf. Man lauscht ihm gespannt.

Moderiert wird der Abend von der Mundartsängerin Sina, die unter anderem Texte von Sibylle Berg singt und zwischen den Installationen überleitet.

Es ist ein Theaterabend der speziellen Art. Man könnte denken, dass anderthalb Stunden Stehen für den Zuschauer anstrengend seien. Dies ist aber gar nicht der Fall, befindet man sich doch in einer ständigen Bewegung, um die Schauspieler im Fokus zu behalten, die auch ohne Furcht durch das Publikum laufen und dieses sogar teilweise ins Spiel miteinbeziehen. Auf jeden Fall handelt es sich um eine gute Alternative zum klassischen Sitztheater.

„Wir könnten alle überleben. Falls wir das wirklich wollen, falls“

  • „Von denen die überleben / of those who will survive“
  • Regie: Niklaus Helbling
  • Ort: Schiffbauhalle 2
  • Premiere: 13. September
  • weitere Vorstellungen: 28./29. September
Kommentare
Login oder Registrieren