Review: Coldplay
Eray Müller - Willkommen im Mainstream Coldplay, zurzeit wohl eine der grössten Bands der Welt, machten auf ihrer "Viva la vida"-Welttour auch Halt in Zürich und lieferten eine perfekt inszenierte Show ab. Mit dem Strauss-Walzer „An der schönen blauen Donau“ als Opener hatte das lange W...
Coldplay, zurzeit wohl eine der grössten Bands der Welt, machten auf ihrer "Viva la vida"-Welttour auch Halt in Zürich und lieferten eine perfekt inszenierte Show ab. Mit dem Strauss-Walzer „An der schönen blauen Donau“ als Opener hatte das lange Warten ein Ende. Im Mai hatte der Vorverkauf begonnen und es dauerte keine zehn Minuten, bis die 13'000 Tickets verkauft waren. Alles andere wäre auch nicht normal gewesen. Kurz nach 21 Uhr erlosch das Saallicht und diffuses Licht machte sich auf der Bühne breit. Hinter einem halbtransparenten Vorhang formierte sich die Band, auf welche die Schweiz knapp drei Jahre warten musste und stimmte mit Schattenspielen à la Sigur Rós ein. Die Stimmung war bereits bei einem ersten Höhepunkt angelangt. Mit „Life In Technicolor“ eröffneten Coldplay den Abend. Der sphärische Song wurde bald vom pochenden „Violet Hill“ abgelöst, dem ersten Highlight des Abends. Bei „Clocks“ wurden die Laser wieder ausgepackt, welche bereits auf der „A Rush Of Blood To The Head“-Tour für eine effektvolle Stimmung sorgten. Mit den ersten Songs war bereits klar, dass Coldplay ein Greatest Hits-Programm spielen würden wie es zu erwarten war. "Fix You", "Speed Of Sound" und "In My Place" durften da nicht fehlen. Dazwischen wurden natürlich fast alle Songs des letzten Albums „Viva la vida Or Death Of All His Friends“ gespielt, so wie es sich gehört für eine Promotour, obwohl gerade dieses Album nicht mehr beworben werden müsste, steht es doch auch Monate nach der Veröffentlichung noch in den Top 10. Coldplay zeigten mit ihrer perfekt inszenierten Show, dass sie zu den ganz Grossen gehören. Das Publikum machte vom ersten Takt an mit und bedankte sich mit Standing Ovations.
Kein Weg zurück
Dies ist jedoch nur eine Seite, die schöne Seite. Obwohl die Band in heruntergekommenen Indie-Kleidern und bescheiden auf der Bühne steht, sind die vier Musiker alles andere als „indie“. Coldplay sind definitiv zum Mainstream verkommen. James Blunt- und Coldplay-Fans unterscheiden sich kaum mehr. Der Geheimtipp von anno dazumal ist zur Allerweltsband geworden. Coldplay spielen nicht mehr in verrauchten Indie-Clubs, sondern in Arenen, Stadien und Lautsprechern von Aufzügen und Einkaufszentren. Schuhverkäuferinnen, Primarlehrer und Hausfrauen, alle finden Coldplay gut. Und genau auf dieses heterogene Publikum ist die grossartige und aufwändige Show ausgerichtet. Bombastische Projektionen, Vorhänge und Scheinwerfer, die hinauf- und hinuntergefahren werden sowie Papierschmetterlinge, welche bei „Lovers In Japan“ von der Decke tanzen, nichts deutet mehr auf die Indie-Vergangenheit der Superband hin. Gut gemeinte Nähe zum Publikum beim akustischen Set inmitten der Fans auf der Tribüne verkommt zum Kitsch, die grossen Gesten wirken lächerlich und werden kaum ernst genommen. Zuviel Dramaturgie zerstört letztlich die zweifellos hochwertigen Songs des Quartetts, zu viele Effekte und eingespielte Samples lassen den ohnehin bereits breiten Sound noch dichter und undurchsichtiger erscheinen. Und auf Techno-Versionen ihrer Hits hat definitiv niemand gewartet. Diese an Madonna erinnernde Verhunzung grossartiger Lieder wie etwa „God Put A Smile Upon Your Face“ oder „Talk“ kommt unerwartet und bildet einen Tiefpunkt in der ansonsten grandiosen Show. Auch wirken die neunzig Minuten häufig zu durchdacht und abgespult, für Spontaneität ist kein Platz. Schade, denn mit seinen sympathischen Entertainer-Qualitäten würde Chris Martin seine teils miserable Live-Präsenz locker wieder gut machen. Coldplay sind dort angekommen, wo U2 und Co. bereits seit Jahren sind. Und es gibt keinen Weg zurück. Doch Coldplay scheinen sich dort offenbar wohl zu fühlen, die Indie-Welt hat Coldplay aber definitiv verloren.
Setlist
- Life In Technicolor
- Violet Hill
- Clocks
- In My Place
- Speed Of Sound
- Cemeteries Of London
- Chinese Sleep Chant
- 42
- Fix You
- Strawberry Swing
- God Put A Smile Upon Your Face
- Talk
- The Hardest Part
- Postcards From Far Away
- Viva La Vida
- Lost!
- The Scientist
- Death Will Never Conquer
- Politik
- Lovers In Japan
- Death And All His Friends
- Yellow
- The Escapist
musikalisch genügt es meiner meinung nach auch das erste album zu besitzen....na ja! über geschmack lässt sich bekanntlich...