DVD der Woche: Fünf Gräber bis Kairo
Christina Ruloff - Propaganda aus Amerika – filmisch hervorragend und inhaltlich erträglich gestaltet von Billy Wilder: Fünf Gräber bis Kairo ist spannend für alle, die sich für Propaganda und Film interessieren.Der Anfang ist einfach gewaltig und zeigt, dass Billy Wilder für seine visuell...
Der Anfang ist einfach gewaltig und zeigt, dass Billy Wilder für seine visuellen Fähigkeiten unterschätzt wird: Ein Panzer rollt ziellos durch die Wüste, Düne auf Düne ab, immer weiter bis zum Horizont. Der Steuermann, ja die ganze Besatzung ist tot, die Leichen schwenken mal nach links, mal nach rechts. Nur einer hat überlebt, ist aber so gut wie tot: John J. Bramble, Korporal der britischen Armee hat die vernichtende Niederlage gegen die vom taktisch brillanten „Wüstenfuchs“ Rommel befehligten Deutschen überlebt. Als er sich halbtot zu einem früher von den Briten besetzen Hotel schleppt, ahnt er nicht, was ihn erwartet: Die Royal Army ist geflohen, die Deutschen – Rommel! – sind in Anmarsch und nur wenn er sich als Kellner ausgibt, hat er eine Chance zu überleben. Die rettende Identität birgt aber neue Gefahren: Der richtige, unter Bombenschutt begrabene Kellner war ein deutscher Spion und kannte das sagenhafte Geheimnis um die fünf Gräber bis Kairo, die den deutschen Sieg erst ermöglichten...
Erich von Stroheim zeigt nicht im Geringsten eine grosse schauspielerische Leistung; viel eher hat ihm sein grösster Fan Wilder mit der Rolle etwas Publicity beschafft.
Billy Wilder inszeniert diese Spionagegeschichte (wohlgemerkt seine zweite Regiearbeit!) gekonnt, ja routiniert: Er spielt alle Finessen und Motive des Genres aus, so dass reichlich Spannung aufkommt, die in wunderbarem Schwarzweiss eingefangen ist. Je länger der Film jedoch andauert, umso mehr geht die Story in pathetischem Trara unter und nüchterne Charaktere beginnen plötzlich von „Millionen von Brüdern“ und der „Freiheit der Welt“ zu referieren. Fünf Gräber bis Kairo stammt aus dem Jahre 1943 und erzählt vom Krieg in Afrika, von Begebenheiten, die also nicht einmal ein Jahr zurückliegen. Entsprechend bewusst politisch und propagandistisch sind Ausgang des Films und Feindbilder gestaltet. Hier wird Hass gegen die Nationalsozialisten und ihr Unrechtsregime geschürt, mit fürs heutige Publikum lächerlich anmutenden dramaturgischen Kunstgriffen. Gerade die Figur des Rommel wird vom grossen Regisseur Erich von Strohheim als die eines selbstgefälligen Deppen inszeniert; auch wenn Rommel für die Amerikaner vor allem ein Mythos war und man kein Interesse an einer realistischen Darstellung des Feindes haben konnte, ist der Feind hier vor allem unfähig, menschenverachtend und blasiert. Der italienische General verkommt unter Wilders Hand gar zu einer Opern trällernden Witzfigur. Das Komische, ja Slapstickmässige vermischt sich hier mit dem Tragischen, was ja typisch Wilder ist – und leider auch mit dem Dogmatischen, wie es sich eben für einen amerikanischen Kriegsfilm aus dem Jahre 43 gehört.
Fünf Gräber bis Kairo ist neu auf DVD erschienen!