Interview mit Jean Michel Jarre
Silvan Gertsch - Er ist es sich gewohnt, mit seiner Musik Rekorde zu brechen und hat in seiner Karriere über 80 Millionen Alben verkauft. Am 30. Mai tritt Jean Michel Jarre im Hallenstadion in Zürich auf. Im Interview spricht er über sein bahnbrechendes Werk "Oxygène" und über Electro-Bands ...
In jungen Jahren hätten Sie sich wie die Hauptperson in "L’étranger" von Albert Camus gefühlt – ohne jeglichen Ehrgeiz. Ist das noch heute so?
Jean Michel Jarre: Vielleicht auf eine andere Art und Weise. Das hängt mit der Musik zusammen, die ich mache. Meine Musik war von Anfang an ungewohnt und wurde von vielen Leuten abgelehnt. Und als die elektronische Musik mit Dance und Techno aufkam, da war meine Musik noch immer nicht im Mainstream anzusiedeln. Als Künstler muss man ein Stück weit abseits vom Normalen sein – und somit ist man ja auch ein Stück weit fremd.
Sie wurden 1976 mit dem Album "Oxygène" zum Weltstar. War Ihnen bewusst, als Sie das Album zum ersten Mal gehört haben, was Sie da geschaffen haben?
Rückblickend betrachtet muss ich sagen, dass mir überhaupt nicht bewusst war, was ich da geschaffen habe. Ich hatte damals keine Ahnung von der Qualität dieses Albums. Ich hatte unzählige Träume und Hoffnungen dort rein gesteckt. Da kommt etwas ins Rollen, das man nicht mehr rückgängig machen kann – ähnlich wie bei einer Entjungferung. Am Anfang wurde "Oxygène" ja von sämtlichen Plattenfirmen abgelehnt, mit der Begründung, dass eine Radio-Single fehle und dass gewisse Stücke länger als zehn Minuten dauern würden.
Wie veränderte dieses Album ihre Wahrnehmung der Welt?
Das Album hat mir ermöglicht, die ganze Welt zu bereisen und in den unterschiedlichsten Ländern aufzutreten. Und auf einmal liefen meine Songs, die ich zuhause aufgenommen habe, im Radio. Das ist ein magischer Moment, der vieles verändert.
Später, 1983 veröffentlichten Sie nur ein einziges Exemplar des Albums "Music For Supermarkets" – als Statement gegen die Entwicklungen im Musik-Business. Was erreichten Sie damit?
Unglücklicherweise änderte es überhaupt nichts. Vinyl war wie ein Buch, mit einem Wert und einer Aussage. Die CD hingegen ist mehr wie ein Stück Plastik, die Qualität war schlechter. Hinzu kam die Tatsache, dass CDs in Supermärkten verkauft wurden – wie Zahnpasta oder Taschentücher. Das war der Anfang vom Ende. Heute finden Leute, dass es zu teuer sei, auf iTunes einen Euro für einen Song zu bezahlen. Aber da muss berücksichtigt werden, wie viel Arbeit hinter einem Song steckt. Und im Gegensatz dazu wird kaum Kritik laut, wenn man zehn Euro für einen Kinobesuch oder 20 Euro für ein Buch bezahlen muss. Das zeigt, dass die Entwicklung im Musikbusiness in eine falsche Richtung gegangen ist.
Sie selber haben mit ihrer Musik vielen jungen Bands Türen geöffnet. Hören Sie sich aktuelle Sachen an, um in Bezug auf elektronische Musik auf dem neusten Stand zu bleiben?
Ich bin ein grosser Fan von Justice. Auch Sébastien Tellier, die Chemical Brothers, Goldfrapp und solche Sachen mag ich. Aber ich höre mir diese Musik nicht an, um meinen Stil aufzufrischen. Es tut gut, neue Musik, Filme oder Bücher zu entdecken. Und man versucht als Künstler immer, einen Schritt nach vorne zu machen. Nimmt man die Beatles, Stanley Kubrick oder Picasso, dann sieht man, dass sie ihren eigenen Stil haben, auch wenn sie sich weiterentwickeln. Einen eigenen Stil zu haben, ist also wichtiger als sich von anderen Bands beeinflussen zu lassen. Man muss als Künstler seinen eigenen Weg gehen. Als ich mit der elektronischen Musik angefangen habe, da war die noch überhaupt nicht in Mode.
Zuletzt waren Sie mit Ihrer Oxygène-Tour unterwegs – zum 30-Jahr-Jubiläum dieses Albums. Jetzt sind Sie mit einer neuen Tour zurück. Was sind die wichtigsten Neuerungen?
Die Oxygène-Tour war nicht geplant, die kam sogar für mich überraschend. Nach einem Showcase in Frankreich zum Re-Release von "Oxygène" kam mein Agent aus London zu mir und schlug mir vor, eine Tour zu machen im Sinne eines Theater-Projektes. Das setzte ich um, gleichzeitig hatte ich aber auch die Idee einer Indoor-Tour vor Augen, die ich unbedingt umsetzen wollte. Auf der neuen Tour werde ich nun meine grössten Hits spielen, aber auch neue Tracks einbauen und die visuellen Effekte verändern. Ich muss eine Sprache finden, die der Grösse einer Halle angemessen ist. Ich bin sehr aufgeregt.
Sie haben unzählige Rekorde gebrochen, sind vor Millionen-Publikum und an den spektakulärsten Orten aufgetreten. Gibt es etwas, das Sie mit Ihrer Musik unbedingt noch erreichen wollen?
Ich habe diese Rekorde ja nie angestrebt mit meiner Musik. Die haben sich einfach so ergeben und ich fühle mich deshalb auch sehr privilegiert. Was ich aber hoffe, ist, dass ich auf meiner neuen Tour zusammen mit dem Publikum spezielle Momente teilen kann. So, als ob ich die Leute zu mir nach Hause in meine Küche oder in mein Wohnzimmer einladen würde.
Veranstaltung:
World Arena Tour 2009 - 2010
Samstag, 30. Mai 2009, 20 Uhr
Hallenstadion Zürich
Ticketpreis(e) in CHF:
Kat.1: CHF 110.- Sitzplatz
Kat.2: CHF 99.- Sitzplatz
Kat.3: CHF 88.- Sitzplatz
Kat.4: CHF 77.- Sitzplatz
Kat.5: CHF 130.- Golden Circle
Der Vorverkauf läuft bei Ticketcorner unter der Nummer 0900 800 800 (CHF 1.19/min.), bei den grösseren Poststellen, oder bei Manor, Coop City und SBB sowie allen Ticketcorner Vorverkaufsstellen.
Internet: www.ticketcorner.com