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29. Mai 2009, 00:00 Kultur

Know Your Enemy

Martin Schmidheiny - Es dürfte kaum überaschend sein, dass ich für die Obama Regierung wählte und jetzt mit Neugier und Enthusiasmus zuschaue, wie dieser Staat umstrukuriert wird. Schon in den ersten paar Wochen zeigte sich eine sorgfältige Tendenz zahlreiche Massnahmen und widerliche kleine Üb...

Es dürfte kaum überaschend sein, dass ich für die Obama Regierung wählte und jetzt mit Neugier und Enthusiasmus zuschaue, wie dieser Staat umstrukuriert wird. Schon in den ersten paar Wochen zeigte sich eine sorgfältige Tendenz zahlreiche Massnahmen und widerliche kleine Überbleibsel der Bush Jahre mit Zahn und Kralle zu zerfetzen. Oh, diese schmackhafte Schadenfreude, wenn die übelsten Kriminelle im Lande aus Verzweifelung ihre Kravatten in immer engere Knoten drehen. Aber mit der Zeit wird einiges klar. Schon in den Monaten vor der grossen Wahl kam ich zur Einsicht, dass es nicht ganz so einfach ist, und zwar weil in einem legislativem Sinn es nicht um die Bevölkerung geht sondern die Staatsmechanik selber. Man muss verstehen, dass ich mir Einiges wieder aneignen musste, was die Amerikanische Politik angeht. Ich war ja mehr als eine Dekade nicht mehr dort wohnhaft und hatte vergessen wie genau dass Ganze abläuft. Es ist nämlich so (und dies sei der Hauptpunkt des heutigen Beitrags), dass um irgendeine Position zu erreichen jeder Politiker Kompromisse eingehen muss. Kompromisse ziehen Versprechungen mit sich, Versprechungen ziehen Kampagnegelder, und mit Kampagnengelder kann man endlich, hoffentlich, eine Mehrheit visuell erreichen. Ja gut, Obama hatte die Einsicht mit Podcasts, RSS, Facebook, Twitter und glanzvolle Webseitenarchitektur zu arbeiten, aber bleibt mit mir.

Es geht darum, dass ich mitansehen muss, wie dieser Musterpräsident langsam aber sicher (und ebenfalls sein sorgfältig gewähltes Kabinett) mit diesen Kompromissen wirklich zu ringen hat. Diese Kompromisse die er gegenüber zahlloser Gruppen machen musste, um überhaput an die Wahl zu kommen. Nicht das politische Kompromisse neu sind, aber sie waren niemals in diesem Ausmass entscheidend über den Fortschritt welches dieses Land braucht und die Interessen die mit allen Mitteln immer noch dagegen sind. Das amerikanische Volk und ihre Bedürfnisse haben sich schneller gewandelt als die Staatsmechanik, und nun, anstatt die wichtigsen Punkte seines Plans durchsetzen zu können, muss Obama zuerst wieder Feder glattstreichen, Händchen halten und diese fucking Lobbyisten Raum geben immer mehr Geld vom nichtexistenten Budget abzuzweigen. Falls Ihr US Nachrichten lest, lässt sich ziemlich einfach feststellen, dass der Plan in einigen Worten das Ziel umfasst, mit Staatsgeld in eine Infrastruktur zu investieren, die sowohl die Wirtschaft stimuliert als auch eine Energiekrisis entgegenschreitet. Eigentlich brilliant. Hm, anstatt Milliarden in einen illegalen Krieg zu investieren sollten wir doch Hybrid-Autos und Wasserstoff-Forschung unterstützen, dann hätten wir immer mehr Geld für eine Umwälzung des Schulsystems UND sozialere Lösungen für Krankenversicherung.

WRONG. Fast jeden Tag muss man lesen wie dieser oder jener Punkt seiner Agenda angefochten wird, wie sich diese und jene Gruppe beleidigt fühlt, und wie die ersten 100 Tage eher entäuschend waren. Ich habe eine begründete Furcht, dass Fortschritt von diesen Kompromissen und Lobbyisten (diese sind nämlich die militante Inkarnation beleidigter Interessensgruppen) dermassen behindert wird, dass diese Bewegung Dampf verliert. Wisst Ihr, dass die grössten Konzerne der USA, z.B. Disney, immer noch legislative Macht ausüben, indem ihre Lobbyisten von Bankrott reden weil bit.torrent und P2P Austausch ihren Geldfluss gefährdet? Als ob dieser Geldfluss jedes Jahr nicht das Einkommen der meisten Kleinstaaten der Welt logaritmisch überschreitet. Know Your Enemy. Es sind Gruppierung wie die hartgesottene Kirchen-Rechte die es anscheinend vergessen haben, dass sich Kirche und Staat trennten, um dieses Land überhaupt ins Konzept zu bringen. Kirche und Staat. Kleine Worte, grosser Sinn. Jene Menschen die 'God Bless America' todesernst wörtlich nehmen. Und jetzt sollen wir auf der exekutiven und legislativen Ebene erwarten, dass die Kirche sich in Sachen homosexueller Ehestands und desweitern einmischt. Unglaublich. Obwohl wir eine Grassroots Politik endlich beitreten können ist der entscheidende Einfluss immer noch ausser Hand. Obwohl ich ehrlich glaube dass der Busch Pöbel mit vielen anderen einen Ausflug in Den Haag verdient hat, ist es frustrierend klar, dass die grössten Feinde immer noch hier im Lande sind. Die echten Feinde sind diejenigen, die unsere Politik effektiv als eine Erpressung gestalten. Obama muss dieser Erpressungen entgegenstehen, obwohl sie ihn ins Weisse Haus geholfen haben. Dass ist eine echte Gefahr, und es rüstet mich jeden Tag unsere Politik tödlich ernst zu nehmen. Ich will keinesfalls zusehen wie diese fette Katzen über ihr dunkles Werk schmunzeln.

Hope. Hoffnung is das Schlüsselwort dieser Administration, und endlich, endlich haben wir davon einen Geschmack bekommen. Es geht nun darum, diese Hoffnung in Tat umzusetzen. Ich hoffe sehr, dass 'Yes We Can (Si Se Puede)' als Motivation dient, dieser Gefahr ins Auge zu sehen.

Martin lebt in Boston als Archäologe, isst zu viel Sushi und lehrt seinem Hund organische Chemie.

Kommentare
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akademiker 04.09.2009 um 16:49
Obama ist doch nur ein Schwätzer, der im Chicagoer Politsumpf aufgestiegen ist und schon immer zur High Society gehört hat. Wie für so einen Gutmenschen üblich, gilt auch für Obama: links maulen, rechts kassieren. Sein Häuschen erhielt er ja auch von einem korrupten Grossinvestor geschenkt und sein Halbbruder lebt in irgendeinem Slum in Kenia, kein Mensch weiss, wieso Obama den eigenen Bruder so zurücklässt. Im Grunde genommen ist Obama nur ein weiterer Politiker mit hohen Versprechungen, der sich dann aber doch nicht dran hält - weil lobbyiert wird, weil es zu viel kostet etc.
Alles schon mal da gewesen; im Westen nichts neues. Und damit ist schon genug gesagt über diese unbedeutende Person.