1. September 2009, 11:47 Kultur Music

Sarah Kuttner sagt "Züricher", kichert peinlich und meint das "Deutschenproblem" bestehe nur aus 30‘000. Toller Einstand. Trotzdem, Kuttner ist witzig, redet schnell und zupft dauernd an ihrem Kleid. Das Bild passt, so kennt man sie aus ihrer MTV Show "Kuttner", der vor drei Jahren der Hahn abgedreht wurde. Mit ihrem Buch Mängelexemplar ist Kuttner erstmals auf Lesetour mit einer, wie sie sagt, "normalen Lesung". Anders als bei ihren Auftritten mit gesammelten Kolumnen wird hier nicht geturnt und Zeug ins Publikum geschmissen. Die normale-Kuttner-Lesung ist also kein "fucking Event".

Und damit ins Buch. "Eine Depression ist ein fucking Event", sagt der Psychiater am Anfang. Das habe übrigens einer mal wirklich gesagt, weil ihre Kollegen ihr ja diese Depressions-Sachen erzählt haben, und sie ja deshalb dieses Buch geschrieben habe, obwohl sie das eigentlich gar nicht könne, aber alle anderen können es doch besser, aber sie habe es doch getan, irgendwie. Kuttner fehlt der Tiefgang, das ist das Problem. Anstelle von dunkelsten Gefühlsschwankungen, Medikamenten und Rasierklingen, spielt die Depression ihrer Heldin Karo eine Woche Ferien in Hotel Mama, hört Esoterikkram, und alles in einer "das-ist-mein-doofes-Waterloo-zum Mäusemelken-ist-das!"-Sprache.

Mängelexemplar ist depression für Einsteiger. Deutschland ist nicht Amerika und Sarah Kuttner nicht Elizabeth Wurtzel. Aber so oder so, Kuttner ist ein ganz ansehnlicher Wurf Popliteratur gelungen. Und live gelesen macht das Buch – und vor allem die Kuttner selbst - auf jeden Fall Spass. Auch ohne fucking Event.

Sarah Kuttner - Mängelexemplar

Erschienen bei S. Fischer Verlag (März 2009)

http://www.sarahkuttner.de