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18. Januar 2007, 00:00 Interview

Exilia

Christina Ruloff - Italien hat nur Eros und Laura? Von wegen! Ein Gespräch mit Exilia – Frontfrau Masha über die italienische Musikszene, Rebell Rock und ihre Träume. Frontsängerin Masha, natürlich mit ihrem HundStudents.ch: Willkommen zurück in der Schweiz! Wie lange ist es nun her, dass I...

Italien hat nur Eros und Laura? Von wegen! Ein Gespräch mit Exilia – Frontfrau Masha über die italienische Musikszene, Rebell Rock und ihre Träume.

Frontsängerin Masha, natürlich mit ihrem Hund

Students.ch: Willkommen zurück in der Schweiz! Wie lange ist es nun her, dass Ihr hier wart?

Masha: In diesem Teil der Schweiz? Etwa eineinhalb Jahre. Wir waren noch an Festivals, aber Clubs? Das ist schon länger her.

Magst Du die Schweiz?

Ja, natürlich... obwohl ich eigentlich nicht wirklich viel von der Schweiz gesehen habe. Wir kommen in einen Club, wir spielen und dann fahren wir wieder weiter. Ich kennen die Leute und die Städte also nicht wirklich.

Euer Tour-Plan ist ziemlich eng...

Oh ja. Wir sind erst gerade hier angekommen und heute Nacht fahren wir weiter nach Österreich. Das sind etwa 800 Kilometer. Wir lernen also den Club ziemlich gut kennen, aber sonst leider fast nichts. Aber die Leute am Konzert sind klasse.

Wenn man an italienische Musik denkt, kommen einem Leute wie Eros Ramazotti oder Laura Pausini in den Sinn. Man denkt nicht gleich an Rock oder Exilia. Ist das ein Vorurteil?

Nein. Im Mainstream gibt es wirklich fast nur diese Leute, also Eros Ramazotti und Laura Pausini. Das ist die Wahrheit. Und man kommt sich dann seltsam vor, wenn man sagt, man sei eine Italienische Crossover-Band. Die Leute kennen eben fast nur diese Mainstream-Musik und vergessen den Underground.

Es gibt also auch Italien jede Menge guter Rockbands?

Natürlich! Aber in Italien ist es für Rockbands sehr schwierig. Die Leute interessieren sich fast nur für Pop. Es gibt kaum eine Plattform und das macht es extrem schwierig als Rockband Erfolg in Italien zu haben.

Woran glaubst Du liegt das?

Zum einen mögen die Leute halt wirklich Pop und italienischen Pop. Aber es gibt eben wirklich auch keine Plattform. Es gibt wenige Klubs und kaum Rock-Magazine, die uns unterstützten könnten. Und natürlich spielen MTV und das staatliche Fernsehen keinen Rock. Du bist also gewissermassen out. (lacht) Es gibt einfach nichts.

Was könnt Ihr dagegen tun?

Wir haben eigentlich Glück. Wir treten häufig auf und bei jedem Konzert reden wir mit den Leuten. Wir sagen ihnen, dass wir ihre Unterstützung wirklich brauchen. Denn wenn die Leute etwas verlangen, dann kriegen sie es auch. Aber wenn niemand etwas sagt, dann ändert sich nichts. Wenn man 14 ist und fernsieht, dann sieht man die Dinge, die die Leute einem zeigen wollen. Man muss dann selber die Dinge neu entdecken. Denn hier in Italien laufen an der Glotze nur Eros Ramazotti, Laura Pausini und fuckin’ Paris Hilton.

Ihr seid also noch immer Underground?

Ja. Natürlich. Denn man wird uns in Italien nie am Fernsehen sehen. Das ist ziemlich unmöglich. Aber irgendwie muss Rockmusik doch so sein, nicht? Rockmusik gehört doch auch nicht ins Fernsehen. Es ist Underground und rebellisch und voller Leidenschaft. Echter Rock kann nicht Hand in Hand mit MTV gehen.

Wie siehst Du Rock?

Rock ist etwas vom Wenigen, das wirklich echt ist, ehrlich ist. Rock ist nicht unehrlich oder verlogen. Irgendwann muss man sich eben entscheiden, wer man sein will.

Du hast für dich entschieden: Ich will richtigen Rock machen?

Ja. Ich will richtigen Rock machen, ich will eine echte Person sein. Und ich bin froh, mich für den Rock und für diese Welt entschieden zu haben. Aber wenn Du dich für den Rock entschieden hast, dann gehörst Du nicht zu den Leuten, die Pop machen.

Der Unterschied zwischen Pop und Rock ist enorm?

Oh ja. Die machen ihre Alben mit einer Horde von Produzenten. Vielleicht singen sie gar nicht selbst. Es ist einfach eine andere Welt. Ich sage nicht, dies ist richtig und alles andere ist falsch.

Du verurteilst Pop nicht?

Nein. Ich verurteile die andern nicht. Aber ich weiss einfach, dass Exilia zu ehrlich ist, zu anders. Wenn wir ein Lied schreiben, dann geht es nicht darum, ob MTV uns spielen wird oder nicht.

Worum geht es Exilia dann bei der Musik?

Es geht uns wirklich nur um die Musik... ob sie uns gefällt oder nicht. Vielleicht ist unsere Musik zu hart fürs Fernsehen. Unser letztes Album war ja ziemlich hart...

(Schlagzeug)

Wie würdest Du Euren Stil definieren? Rock?

Rebell Rock! Unsere Musik ist rebellisch. Es ist meine Art zu sagen, was ich wirklich denke. Ich kann mich durch die Musik ausdrücken. Und natürlich kann ich die Musik nicht kontrollieren. Ich greife zur Gitarre und was passiert, das passiert. Wenn ich wütend bin, dann bin ich eben wütend. Musik ist rein und Rebellion sollte eben auch rein sein. Wir machen Rebell Rock.

Ihr seid in der Vergangenheit oft mit Guano Apes verglichen worden. Stört dich das?

Der Vergleich mit Guano Apes verfolgt uns seit Langem. Es stört mich nicht, ich mag Guano Apes sehr. Es ist eine tolle Band und ich habe alle ihre Platten. Aber mal ehrlich: Man sollte doch auch die Unterschiede sehen können und es gibt einige. Also wenn die Leute so etwas sagen, dann kennen sie Exilia nicht wirklich.

Nun aber zu eurem Album „Nobody Excluded“. Der Grundtenor ist ziemlich düster.

Das sehe ich anders. In „Fly High Butterfly“ geht es zum Beispiel um ein Mädchen. Sie hat Angst vor dieser Welt, die so schwierig ist. Man muss immer perfekt sein, sonst schauen einen die Männer nicht an. Man muss schön sein. Man muss reich sein, denn sonst kann man sich die richtigen Kleider nicht leisten und dann ist man ein Niemand. Man muss ständig irgendwelche Sachen haben. Dabei ist man manchmal einfach anders.

Sprichst Du aus Erfahrung?

Ja, ich war total anders als die andern. Sie trugen immer weiss und ich schwarz. Sie hatten normale Frisuren und ich eben pinkes Haar. Auf Dauer kann das ziemlich schwierig sein. Aber in der Mitte des Songs kommt schon die Message rüber, dass man an dieses Anderssein glauben soll. Dass man an sich glauben muss und sich nicht wegwerfen darf. Es ist also nicht unbedingt eine düstere Welt, aber für Leute wie mich schon.

Geht es nicht auch darum, nicht ein Opfer zu sein?

Ja, unbedingt. Ich hasse dieses Wort „Opfer“. Die Leute sagen, dass du ein Opfer bist, aber du bist kein Opfer. Nie. Nicht mal wenn ich eine Faust ins Gesicht kriege, bin ich ein Opfer. Das möchte ich den Leuten sagen: Lasst Euch nicht zum Opfer machen, sondern kämpft für Eure Rechte! Steht zu Euch und seid stolz auf Euch! Ganz egal ob die andern Euch mögen oder nicht. Darum dreht sich eigentlich das ganze Album.

Habt Ihr also eine Botschaft?

Die ist ja eigentlich im Album drin. Schon der Titel „Fly High Butterfly“ sagt ja eigentlich schon alles. Flieg wohin Du willst und kümmere dich nicht um die Andern. Ich liebe dieses Lied. Es geht hier wirklich um etwas, was ich erlebt habe.

Hilft dir dieser Song, wenn es dir mal schlecht geht?

Wenn es mir schlecht geht, dann höre ich mir dieses Lied an und sage „Hey, so solltest Du sein! Du hast das gesagt!“ (lacht) Ich habe mein Bein gebrochen, vor vier Monaten, auf der Bühne. Bis zu diesem Moment lief alles wunderbar. Wir hatten eine riesige Tour, wir hatten Erfolg mit unserem Album, wir hatten einen Auftritt in den USA geplant. Und dann plötzlich in einem Moment war alles vorbei.

Das muss entsetzlich gewesen sein.

Ich bin eigentlich eine total aktive Person, immer unterwegs mit meinen Hunden.. Und dann innerhalb von einer Sekunde war ich für zwei Monate im Rollstuhl. Da begann ich nachzudenken Glaubst Du wirklich all die Dinge, die Du in deinen Songs schreibst? Ich habe mir immer wieder meine Songs angehört und die haben mir Kraft gegeben, es durch diese fuckin’ period zu schaffen.

Hat Dir diese Zeit auch etwas gegeben?

Irgendwie schon. Ich habe gelernt, dass ich nicht die Kontrolle über alles habe. Du glaubst zwar, dass Du alles kontrollieren kannst und dein Leben im Griff hast, aber in einer Sekunde kann sich alles verändern. Zuerst hatte ich natürlich Selbstmitleid. Warum ich? Ich habe geweint, weil ich meinen Auftritt in den USA verpasst habe, was wirklich eine grosse Chance war. Und dann habe ich gemerkt, dass ich das vielleicht wirklich brauchte. Ich sehe die Dinge jetzt aus einer anderen Perspektive.

Hast Du dich fest verändert?

Ja. Total. Ich kümmere mich jetzt nur noch um die wirklich wichtigen Dinge in meinem Leben und lasse die anderen einfach nicht an mich herankommen. Innerlich bin ich viel stärker.

machen Rebell Rock

Die meisten Lieder sind ziemlich hart. „Your Rain“ ist hingegen eine Ballade. Wie ist sie entstanden?

„Your Rain“ ist mir in einer Nacht plötzlich in den Sinn gekommen. Drei Uhr Nachts war es, ich griff zur Gitarre – frag mich nicht warum – und in fünf Minuten war er da. Da habe ich unseren Gitarristen angerufen und gesagt: „Dieser Song ist brilliant! Komm jetzt gleich!“ Und er: „Nein, Masha, ich bin am Schlafen...“ Am Ende ist er nicht gekommen... (lacht)

Ich finde den Song grossartig. Wir sind eine Rockband, aber jede Rockband hat eine Ballade. Bon Jovi hat Balladen. Led Zeppelin hat Balladen. Sogar Rammstein! Also, warum nicht wir? In Italien haben die Magazine dann geschrieben, wir täten das, um ein grösseres Publikum zu erreichen, um kommerzieller zu sein. Aber das ist überhaupt nicht wahr. Die Ballade ist auf Album, weil wir sie gut finden.

Was hörst Du denn für Musik?

Ich mag Korn sehr, ich mag Slipknot, und ich mag auch Alicia Keys. Anastasia hat eine grossartige Stimme. Und die alten Sachen wie Led Zeppelin oder Janis Choplin sind toll. Die ganze Musik aus den 70er Jahren höre ich oft.

Hast Du Pläne für die Zukunft?

Wir fahren wieder in die USA! Wir arbeiten an einem neuen Album. Und ich bereite ein Solo-Projekt vor. Mein Traum ist es ein Tierheim zu haben, wo alle Hunde und Katzen von der Strasse hinkönnen. Ich möchte ihnen ein Heim geben. Aber natürlich muss man wirklich sehr reich sein, um so etwas machen zu können.

Vielen Dank fürs Interview, Masha und alles Gute für die Tour!

Exilia live sehen:

22. Februar 2007: Bern, ISC

23. Februar 2007: St. Gallen, Grabenhalle

24. Februar 2007: Sursee, Kulturwerk 118

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Quelle: Sony BMG
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