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30. Oktober 2009, 20:41 Kultur Music Kultur

Züri Schlaflos - Eine akkustische Reise durch das Nachtleben unserer Stadt

Carl Spörri - Es ist 2130 am Limmatplatz an einem Donnerstag. An der Tramhaltestelle warten die Zürcher und Zürcherinnen auf die Gelbe 13. Das gewöhnliche Auge erblickt nichts besonderes, höchstens das gelegentliche Vorbeitorkelns eines angetrunkenen Clochards. Für den wahren Zürcher (un...

Es ist 2130 am Limmatplatz an einem Donnerstag. An der Tramhaltestelle warten die Zürcher und Zürcherinnen auf die Gelbe 13. Das gewöhnliche Auge erblickt nichts besonderes, höchstens das gelegentliche Vorbeitorkelns eines angetrunkenen Clochards. Für den wahren Zürcher (und dabei zähle ich alle, die diese Stadt ihr zu Hause nennen) ist die Haltestelle eine Theaterbühne voller kleiner Auschnitte aus dem Leben – Schüchtern versucht ein junger unscheinbar gekleideter Mann seine Augen von der bestiefelten Schönheit im roten Mantel zu reissen, während diese verträumt an ihren Locken zupft. Ein älterer Herr, wahrscheinlich schon länger im Ruhestand, hilft einer ebenso älteren Dame in einem waldgrünen Jacket ihren Schal zu richten. Verlegen und glücklich schaut sie zu ihm auf, ihre Augen sprechen von einer Vertrauthaut, die weiter als die zweier Bekannter reicht. Auf der Sitzbank bricht plötzlich schallendes Gelächter aus und beide drehen sich abrupt um – zwei junge Männer in bunten Trainerjacken amüsieren sich lautstark über ihren Freund, der mit seinen Händen eindeutig zweideutige Gesten in Richtung unserer bestiefelten Schönheit macht. Diese scheint dies nicht zu bemerken und ist aus ihrer Traumwelt durch den Anblick eines blauäugigen Beaus, welcher gemächlich mit einer ledernen Umhängetasche an ihr vorbeischlendert, zurückgerissen worden. Ihm entgegen kommen zwei adrett gekleidete Damen in ihren Dreissigern, wobei eine davon vor kurzem schwanger geworden zu sein scheint und ihr Bäuchlein so trägt, als wolle sie der ganzen Welt ihr Glück verkünden. Bei ihrer Freundin scheint das Glück jedoch seit längerer Zeit nicht mehr zu Besuch gewesen zu sein. Das Funkeln ist aus ihren Augen erloschen und obwohl sie den Eindruck erweckt ihrem schwangeren Gegenüber zuzuhören, erzählt ihr Blick eine andere Geschichte. Das lauter werdende Summen des heranfahrenden Cobra-Trams deutet auf den Ende der Vorführung hin. Etwas scheint jedoch nicht so zu sein wie es sein sollte. Steht dort nicht „Züri schlaflos“ auf der Anzeige? Und seit wann ist die Innenbeleuchtung so bunt und ausgefallen? Für einen Augenblick teilen alle Wartenden den gleichen Moment , manch einer mit erstaunen in den Augen, manch anderer mit einem Schmunzeln, als das schlaflose Tram an ihnen vorbeigleitet. Im Innern winken ihnen die Passagiere – oder sind es Nachtfalter? – zu und einige der Wartenden winken verlegen zurück. Dann ist es vorbei, das Tram verschwindet den Gleisen entlang ins ferne Escher-Wyss. Einen Moment harren sie alle an Ort und Stelle und gucken in die Richtung des Verschwindens bevor sie dann wieder ihre Rolle auf der Bühne der Stadt einnehmen. Und es würde nicht erstaunen, wenn manch einem ein kleines „Das gits ja nöd...“ leise über die Lippen gegangen ist.

Was wäre Zürich nur ohne unseren blauen Begleiter, die uns von A nach B, vom Chreis Cheib bis tief ins Seefeld, chauffieren würden? Sie gleiten entlang den funkelnden Adern unserer Stadt, unsere blauen Freunde, tragen uns durch die Nacht...

„Züri Schlaflos“ ist eine elektronische und musikalische Hommage an zwei der pulsierendsten Linien dieser Stadt, die 4er und die 32er, ein ständiger Begleiter der entlang dieser Strecken witzige Anekdoten über die Perlen des Nachtlebens zu erzählen weiss.

Die Tracks zum VBZ-Podcast „Züri Schlaflos“ und anderen Infos rund um das Projekt gibts gratis auf http://www.vbz.ch oder als brandneue iPhone-Applikation im iTunes-Store.

In dem Sinne: Stöpsel rein und einsteigen.

Auch ein Tram muss mal schlafen...

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