no. 11: big apples from the Big Apple
meng tian - Es gibt Zeiten im Leben eines Musikers, wo „Intensität“ nicht mehr annähernd die grosse Menge an Energie, die man investiert, beschreiben kann. Wenn Live-Konzerte solche magische Momente kreieren, dann sind Aufnahmen da, um solche Momente einzufangen. Im vergangenen Monat w...
In gewisser Hinsicht sind Aufnahmen schwieriger. Denn es gilt nicht mehr, nur eine gute Performance im Moment hinzulegen, die bei Live-Konzerten mithilfe eines Publikums und eines allgemein guten Ambientes im Lokal möglich ist zu schaffen. Aufnahmen sind brutal. Es zählt plötzlich jeden Ton, jeden Anschlag auf der Taste, jeden Sound den man overdubt, wie jedes Instrument einzeln oder auch im Kontext klingt, wie die Mikrofone aufgestellt werden, wie man aufgenommene Sachen editiert, mit welchen Preamps man arbeitet und so weiter und so fort. Die Liste ist endlos. Aufnahmen sind am Ende wie der hörbare Spiegel, der einem unbarmherzig zeigt, wie die Musik, an der man bastelt, sich wirklich anhört anstatt wie man die ganze Zeit gedacht hat, wie sie wohl klingen mag. Es ist wie Realisieren von Träumen. Und es ist wie Zeitfahren: man kämpft gegen sich selbst anstatt mit anderen.
Glücklicherweise musste ich nicht ganz alleine kämpfen. John Davis unterstützte tatkräftig bei der Songauswahl, beim Arrangieren, Musikersuchen, Aufnehmen, kreativer Weiterarbeit an den Songs wie auch dem Soundabmisch. Studios sind Studios. Natürlich herrscht in jedem Tonstudio ein professionelles Ambiente. Vor allem in New York, wo sich kein Musiker viel Studiozeit leisten kann, ist Effizienz oberste Priorität. Aber im Bunker Studio kann man sich trotzdem wohl fühlen. Die Vintage-Instrumente locken zum Ausprobieren an. Und dass die Aufnahmen auf tatsächlichen Bändern festgehalten wurden anstatt standardmässig nur in digitaler Version als Daten in Protools, machte den ganzen Prozess spezieller, spielfreudiger und auch klangfreundlicher wie je. Ja, ich gebe zu, das war jetzt ein ganzer Abschnitt Werbung für John und Aarons Studio. Aber hey, gute Sachen muss man unterstützen! Wenns nicht gut war, würde ichs auch nie schreiben.
Schliesslich zum schwierigsten Teil im ganzen Prozess: sich das Produkt anzuhören und zu merken, ob und wenn ja, inwiefern man sich musikalisch verändert hat. Jeder hat einen treibenden Faktor im Leben, weswegen man immer weiter geht und nicht anhält. Meiner ist wohl Angst. Ich hatte Angst, nach New York zu kommen, weil ich nicht wusste, ob ich den Test an mich selber bestehen würde, in diesem Meer aus Talenten sich selbst zu bleiben, weiter zu wachsen, und nicht unterzugehen oder sich unfreiwillig zu verändern. Im Prozess der Aufnahmen hatte ich Angst, ob ich musikalisch gut genug war für den Schritt der Weiterentwicklung. Und nun habe ich Angst davor, wie die Aussenwelt auf die neuen Songs reagiert und auch davor, was jetzt kommt.
Aber schliesslich muss ich immer wieder zu diesem Foto zurückkehren und feststellen, ich habe nichts zu verlieren. Denn so fing ich an, alleine spielend und schreibend am Piano. Und wenns so enden sollte, ist es auch nicht so schlimm. Und in der Zwischenzeit ist sogar schon so viel Gutes passiert. Wovor denn Angst haben? Komm nur, das Leben!
die neuen Songs im Web: Meng-tian.com
big apples from the Big Apple Reihe: Übersicht
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