William White im Interview
Silvan Gertsch - Wirst du das Erfolgsmärchen, das du mit deinem ersten Album geschrieben hast, mit „Evolution“ wiederholen?Ich will nichts wiederholen. Ich hoffe, dass das Album den Leuten gefällt, damit ich die Chance habe, so weiterzuarbeiten. Empfindest du die Erfolge, die du mit deinem ...
Empfindest du die Erfolge, die du mit deinem Debutalbum erzielt hast, überhaupt als Märchen?Das müssen andere Leute beurteilen, ich selber empfinde das nicht als Märchen, sondern als Resultat von ernsthaftem Arbeiten und davon, dass ich mein Inneres nach aussen gekehrt habe. Wenn man so arbeitet, wird man sicher erfolgreich – die Frage ist nur, wie gross der Erfolg sein wird.
Hast du dir Gedanken gemacht, wieso du als Solokünstler eingeschlagen hast, mit deiner früheren Band Liz Libido aber nicht?Das weiss man nie. Wenn ich heute die Nu-Metal-Szene anschaue, dann fällt mir auf, dass Liz Libido etwa zehn Jahre zu früh waren. Wir waren damals zu hart – heute würde diese Musik sehr gut ins Radio passen. Wir waren einfach nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Aber wir hatten trotzdem unsere Erfolge. Die Band starb letztlich einen natürlichen Tod, wir mussten uns für oder gegen sie entscheiden.
Deine Erfolge kamen nicht von einem Tag auf den anderen, es war ein Prozess.Das ging Schritt für Schritt, fast unbemerkbar nach oben. Ich bin dankbar, dass ich diese Möglichkeit erhalten habe.
Haben dich die Erfolge auch zusätzlichem Druck ausgesetzt?Am Anfang verspürt man immer Druck, aber der lässt nach. Musikmachen ist ein Abenteuer, die Freude an der Musik wird grösser als der Druck.
Bist du für “Evolution” gleich vorgegangen wie beim Debut?Nein, man lernt natürlich immer dazu. Aber im Grunde war es der gleiche künstlerische Prozess. Ich bin technisch weitergekommen. Einerseits mit dem Equipment im Studio und andererseits im Kopf, mit der Arbeitsweise. Ich bin reifer geworden, habe aber noch lange nicht ausgelernt.
Du hast auf deinem Album fast alle Instrumente selber eingespielt. Welche waren das?Nicht so viele. Schlagzeug, Bass, Gitarre, Keyboard und Shakers. Wenn man viel Zeit hat und sich diese Zeit nimmt, kann man das alles lernen. Ich spiele diese Instrumente nicht extrem hochstehend. Ich habe mich selber trainiert und gekämpft, bis es geklappt hat.
Auf „Evolution“ mischst du Soul, Reggae, Pop und Funk. Wo fühlst du dich zuhause?Genau dort! Mir ist es am wohlsten, wenn ich mir nicht vorschreiben muss, was ich tun muss. Wenn du mich fragst, ob ich lieber die Eagles, Simon & Garfunkle, Curtis Mayfield oder Bob Marley habe, dann müsste ich natürlich Bob Marley wählen. Ich möchte das aber lieber nicht, denn der eine kann nicht ohne den anderen. Ohne Bob Marley wäre Hotel California nie ein Hit geworden. The Police wären nichts ohne die ganze Ska- und Reggaebewegung. Und Ska wäre nichts ohne die ganze, unpolitische, Skinheadbewegung in England. Ich kann das alles nicht trennen, all diese Stile hatten einen Einfluss auf mich und ich respektiere sie alle gleichermassen.
Und persönlich? Du hast Wurzeln auf Barbados, lebst aber schon seit über 15 Jahren in der Schweiz. Bist du hier zuhause?Ich fühle mich in mir drin wohl, wo immer ich arbeiten kann. Ich bin dankbar, dass ich Schweizer Bürger sein kann und hier in Ruhe arbeiten kann. Es ist interessant, die vielen verschiedenen Meinungen und Kulturen erleben zu können. Ich bin auf einer Touristeninsel aufgewachsen und bin dankbar, dass ich dort weggekommen bin.
Trotzdem dürfte das Ausland ein Thema sein.Das auf jeden Fall. Aber mir ist es eigentlich egal, wo ich wohnen und arbeiten darf – so lange ich dort wohnen und arbeiten kann.
Mit dem Thema Ausland meinte ich eigentlich, ob du auch dort musikalisch Fuss fassen willst...Das ist weit entfernt, ich spekuliere nicht darauf und konzentriere mich auf die Schweiz. Hier hat es immer noch ein riesiges Potential. Als Musiker kann man in der Schweiz gut leben. Und so wie ich arbeite habe ich keinen Drang, irgendetwas tun zu müssen. Ich habe Kontakte im Ausland, zu Leuten, die bereit sind, mir zu helfen. Aber es ist eine riesige Investition, im Ausland Fuss zu fassen. Man muss über eine grössere Distanz präsent sein. Ich will zuerst in der Schweiz Erfolge aufweisen können und mich etablieren. Dann wird sich die Sache mit dem Ausland von selber ergeben.
William White - Evolution (MUVE) erscheint am 15.02.08