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18. Februar 2008, 17:50 Movie Music

DVD der Woche: Manufactured Landscapes

Christina Ruloff - Eine gelbe Reihenhausallee bohrt sich in den Horizont. Ein leuchtend oranger Fluss bahnt seinen Weg durch eine leblose graue Landschaft. Eine Welt aus schwarzen Kohlehügeln lagert soweit das Auge reicht. Berge von alten Telefonzifferblättern türmen sich. Auf den Zifferblätter...

Eine gelbe Reihenhausallee bohrt sich in den Horizont. Ein leuchtend oranger Fluss bahnt seinen Weg durch eine leblose graue Landschaft. Eine Welt aus schwarzen Kohlehügeln lagert soweit das Auge reicht. Berge von alten Telefonzifferblättern türmen sich. Auf den Zifferblättern stehen zwei strahlende chinesische Kinder. Der berühmte Fotograf Edward Burtynsky hat sie dorthin dirigiert. Er zieht mit seiner Entourage quer durch China und rund um den Globus, sucht und findet, fotografiert und sammelt das, was er als „Manufactured Landscapes“ bezeichnet – vom Menschen geschaffene, künstliche Landschaften, die mit der Welt, wie sie vor dem Tun des Menschen war, nichts mehr zu tun haben. Burtynskys Bilder sind von einer beeindruckenden und zugleich erschütternden Schönheit. Jeder noch so apokalyptische Müllberg wird zu einem Kunstwerk, wird schön „gemacht“, versichert man alarmierten chinesischen Sicherheitsleuten, die Burtynsky am Fotografieren hindern wollen, um den schlimmsten Image-Schaden zu verhindern.

Edward Burtynsky äussert sich kaum und schon gar nicht politisch zu seinen Bildern. Er glaubt, dass seine Werke mehr Menschen erreichen, wenn sie nicht von irgendeiner Seite für irgendeinen „guten Zweck“ für sich vereinnahmt werden. Wenn er sich tatsächlich äussert, gibt er unverbindliche Plattitüden (à la „Öl ist das Element unseres Jahrhunderts“) von sich. Jennifer Baiwchals grossartig von Peter Mettler aufgezeichneter Dokumentarfilm Manufactured Landscapes zeigt aber, dass Kommentare, Erläuterungen oder gar belehrende Worte völlig unnötig sind: Die Fotografien Edward Burtynskys sprechen für sich. Man begleitet Burtynsky wie er in China und Bangladesh den Weg eines Gebrauchsgegenstandes dokumentiert: Aus Erdöl im chinesischen Niemandsland in Massenproduktion hergestellt, gelangt jegliche Elektronik, nachdem sie im Westen gekauft und verschlissen worden ist, zurück ins Reich der Mitte, wo sie von der ärmsten Landbevölkerung in ihre Einzelteile zerlegt und wieder verwendet wird. Unvorstellbare Massen an Müll sammeln sich in der Landschaft und töten Mensch und Umwelt.

Öltanker werden in Bangladesh von der Bevölkerung von Hand abgearbeitet.

Manufactured Landscapes löst unweigerlich ebenso echtes wie naives Entsetzen aus. Natürlich wissen wir um all diese „schrecklichen Dinge“; wir wissen, dass der Planet mit Lichtgeschwindigkeit auf den in japanischen Mangas so oft zelebrierten Weltuntergang durch Umweltverschmutzung zusteuert und wir wissen auch, dass China mit der billigen Massenware nur die Bedürfnisse des Westens befriedigt. Computer und Waschmaschinen, Coladosen und Sicherungen sorgen dafür, dass sich unsere Welt weiterdreht. Wissen und Sehen sind aber zwei Dinge. Baiwchals Film hält einem den Spiegel vor die Augen und zeigt den Preis für unseren „way of life“, den bislang vor allem die dritte Welt und China berappen. Manufactured Landscapes ist eindrücklich und erschütternd, ohne zu belehren oder zu bedrohen. Kein Wunder hält der Umweltprophet Al Gore grosse Stücke auf Manufactured Landscapes.

Bewertung: 4.5 von 5

Die Kohlenlandschaft, die sogar das offizielle China lieber nicht zeigen möchte, erschreckt.

  • Originaltitel: Manufactured Landscapes
  • Regie: Jennifer Baiwchal
  • Kamera: Peter Mettler
  • Dauer: 86 Minuten
  • Sprache: Englisch mit deutschen und französischen Untertiteln
  • Bonus: Diskussion mit der Regisseurin und Edward Burtynsky, Interview mit Kameramann Peter Mettler, Fotogalerie mit Kommentaren von Edward Burtynsky
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