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31. August 2010, 11:51 Movie

Tanzträume

Gregor Schenker - Vierzig Jugendliche proben ein Tanztheaterstück, Kontakthof von Pina Bausch. Die bedeutende Choreographin, die sich mit ihrem Wuppertaler Tanztheater über Jahrzehnte internationale Annerkennung erarbeitete, brachte das Stück bereits 1978 zur Erstaufführung. 2000 studierte sie...

Vierzig Jugendliche proben ein Tanztheaterstück, Kontakthof von Pina Bausch. Die bedeutende Choreographin, die sich mit ihrem Wuppertaler Tanztheater über Jahrzehnte internationale Annerkennung erarbeitete, brachte das Stück bereits 1978 zur Erstaufführung. 2000 studierte sie es zusammen mit Senioren (weitgehend Tanz-Laien) neu ein (Kontakthof mit Damen und Herren ab 65). Der grosse Erfolg des Projekts inspirierte sie dazu, es beim nächsten Mal grad umgekehrt zu versuchen, also nicht mit Alt-, sondern mit Jungdarstellern (Kontakthof mit Teenagern ab 14). Und die Proben zu eben dieser Version stellen die Grundlage für den vorliegenden Film dar.

Zum Dreh kam es, weil die Journalistin, Publizistin und Dokufilmerin Anne Linsel (die Bausch seit vielen Jahren kennt) auf das Projekt aufmerksam wurde; zusammen mit dem Kameramann Rainer Hoffmann erhielt sie exklusiven Zugang zu den Proben und begleitete die Jugendlichen, die unter der Leitung der Bausch-Schülerinnen Jo Ann Endicott und Bénédicte Billiet ein Jahr lang jede Woche ihre Tanzschritte und Texte einübten. Man kriegt also zu sehen, wie sie die anfänglich ungewohnte Choreographie immer besser beherrschen, wie sie die Kostüme aussuchen oder wie sie allmählich ihre Hemmungen gegenüber den Mittänzern überwinden. Dramatisch wird’s auch, so zum Beispiel, wenn Bausch selbst im Laufe der Proben hinzukommt oder Erst- und Zweitbesetzung festgelegt werden.

Gegengeschnitten werden die Szenen im Probesaal mit Interviews, in denen die Tänzer/innen sowie ihre Lehrerinnen zu Wort kommen und teilweise sehr offen über ihre Gefühle und Gedanken sprechen. Oder ihre Sicht auf die Themen im Stück (Liebe, Sexualität, Geschlechterkampf), die den Schülern teilweise noch etwas fremd sind. Der Film endet am Tag der Aufführung, zum Anlass der Eröffnung des Internationalen Tanzfestivals NRW 2008.

Als Zuschauer wird man ins kalte Wasser geworfen – Tanzträume steigt mitten in den Proben ein, einen erläuternden Off-Kommentar gibt es nicht, selbst mit Hintergrundinfos zum Stück wird gegeizt. Man reimt sich manches aus den Aufnahmen und den Interviews zusammen, aber vieles bleibt rätselhaft, sofern man sich mit der Materie nicht ein wenig auskennt. Trotzdem, auch für den völligen Laien ist der Film nicht uninteressant, aber man muss sich schon drauf einlassen (und Geduld mitbringen). Immerhin macht er Lust darauf, sich Kontakthof mal anzusehen und mit Pina Bauchs Werk zu beschäftigen (sie ist leider ein Jahr nach dem Dreh gestorben, Tanzträume ist ihr letzter Auftritt vor der Kamera).

Fazit: Ein Film, zu dem man nicht ganz so einfach einen Zugang findet – zumindest, wenn einem die Welt des Balletts weitgehend fremd ist. Dennoch, auch wenn man kein Vorwissen oder spezielles Interesse für Tanz mitbringt (und sich somit ausserhalb der wohl angedachten Zielgruppe bewegt): völlig ohne Reiz ist Tanzträume nicht. Und wer sich für Materie interessiert, ist hier sowieso goldrichtig.


Bewertung: 3.5 von 5


  • Titel: Tanzträume – Jugendliche tanzen KONTAKTHOF von Pina Bausch
  • Land: Deutschland
  • Regie: Anne Linsel, Rainer Hoffmann
  • Darsteller: Pina Bausch, Jo Ann Endicott, Bénédicte Billiet
  • Verleih: Filmcoopi
  • Start: 2. September 2010
Fotos von Filmcoopi
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