Peter Gabriel - Der Mann für die kleinen Epen
Patrick Holenstein - Peter Gabriel hat in Zürich mit einer farbenfrohen und musikalisch hochwertigen Show in zwei Teilen überzeugt. Dabei verwandelte er seine Songs richtig exzessiv in kleine Epen.
Heroes von David Bowie eröffnete schliesslich das Konzert. Die Songs im ersten Teil der Show wurden in der gleichen Reihenfolge gespielt, in der sie auch auf Scratch My Back sind. Peter betonte eingangs, dass die CD als Einheit funktioniere und man sie daher ohne Unterbruch spielen werde. Die clever inszenierte Lichtshow und das grossartige New Blood Orchestra verschmolzen buchstäblich mit Peter Gabriel. Dieser sang sich behände durch den ersten Teil des Programms. Nur gelegentlich stahlen ihm die Projektionen und Farbspiele die Aufmerksamkeit, etwa als auf drei grossen Screens, hinter dem Orchester, drei Menschen zu sehen waren. Nichts besonderes eigentlich, doch im Vordergrund der Bühne hob und senkte sich ein zweiter Screen, der waagerecht über die ganze Bühne reichte und etwa ein Drittel der Höhe ausmachte. Darauf waren Röntgenbilder zu erkennen, wie man sie von Kontrollstellen auf Flughäfen kennt. Gabriels Kritik am gläsernen Menschen? Zu dem Zeitpunkt war das Konzert schon im vollen Gange und hatte mit Listening Wind von den Talking Heads einen ersten Höhepunkt erreicht. Hervorzuheben ist vielleicht, dass Scratch My Back live einiges intensiver klingt als in der Studioversion.
Das Orchester spielte souverän und auch Gabriel sowie seine beiden Backgroundsängerinnen enttäuschten in keiner Sekunde. Viel zu schnell war der erste Teil des Abends zu Ende. Nach kurzer Pause starten sämtliche Musiker mit San Jacinto in den zweiten Teil des Abends. Gabriel zelebrierte den Song förmlich und begeisterte die 4200 Leute im Hallenstadion restlos. Minutenlang liess er sich dezent feiern, indem er mit einem Spiegel einen Schweinwerfer brach und, einem Leuchtturm ähnlich, einen Strahl über den Köpfen der Zuschauer schwenkte. Es schien, als ob jeder Song noch schöner, noch intensiver und noch grösser wurde. Gabriel ist offensichtlich der Mann für die kleinen Epen. Digging In The Dirt, Mercy Street, Rhythm Of The Heat, welches die Geschichte eines afrikanischen Jungen erzählt, oder Washing Of The Water. Den Abschluss machte aber der Klassiker Solsbury Hill. Jetzt gab es kein Halten mehr und die Leute strömten zur Bühne. Gabriel verabschiedete sich kurz darauf.
Als nach einer Minute ein Post-It auf den Monitoren erschien und drauf ein Stift, von einer unsichtbaren Hand geführt, „Encore?“ schrieb, war klar, dass es noch nicht alles gewesen war. In Your Eyes eröffnete die Zugabe. Aber zum Song des Abends wurde ein Duett. Kath Bush zu ersetzen ist nicht gerade einfach. Ane Brun hat es aber mit Bravour geschafft und gemeinsam mit Peter Gabriel eine wunderschöne Version von Don’t Give Up gesungen. Mehr brauchte es nicht mehr. Das sah auch das Publikum so und belohnte Peter, Ane und das New Blood Orchestra mit begeisterten Standing Ovations.
Sämtliche Bilder sind mit freundlicher Genehmigung von www.konzertbilder.ch