Musik, so schön, wie eine Seifenblase: Coco Rosie in der Roten Fabrik
Patrick Holenstein - Coco Rosie malen in der Roten Fabrik poetische Klangbilder und verzaubern das fast volle Lokal durch ihre extrem packenden und vielseitigen Songs. Ein Karussell dreht sich unermüdlich auf der Leinwand. Es passt zur Musik, die an diesem Abend oft herrlich verspielt wirkt. Bereits...
Ein Karussell dreht sich unermüdlich auf der Leinwand. Es passt zur Musik, die an diesem Abend oft herrlich verspielt wirkt. Bereits mit den ersten Klängen gelingt es Coco Rosie einen in den Bann zu ziehen. Der hypnotische Gesang, flankiert von einer irisch anmutenden Flöte, das immer wieder kräftig pumpende Schlagzeug und die feinen Klavierfäden, welche die Strukturen umgarnen, das alles ist schon früh da. Coco Rosie vergeuden keine Zeit und öffnen ihr Klanguniversum schon in den ersten Sekunden sperrangelweit.
Vielleicht trifft der Vergleich zu Alice im Wunderland ein wenig zu. Hier würden die Casady-Schwestern Synonym stehen für das weisse Kaninchen, denn sie locken einen sofort in eine fremde Welt, eine Welt, die zwar im ersten Moment unwirklich und fremd wirkt, die man aber doch nicht so schnell verlassen möchte. Dadurch wird man als Konzertbesucher wohl zu Alice, und irgendwo hinter den beiden Schwestern sitzt der verrückte Hutmacher – zumindest trägt der Musiker einen schrägen Hut - und bearbeitet sein Instrument. Aber wieder weg von Literaturklassikern und zurück zur Musik. Coco Rosie verstehen es meisterlich, fast schon poetische Klangbilder zu schaffen. Dafür nutzen sie Einflüsse aus aller Herren Länder. Gelegentlich wecken sie Assoziationen zu den Schlangebeschwörern Indiens, oder sie verschleppen einen ins Frankreich des angehenden 20. Jahrhunderts, also zu Vaudeville und Variete, lassen an Opernsängerinnen denken und gelegentlich glaubt man Fetzen von alten Kinderliedern zu erhaschen. Allerdings beherrschen sie auch die „normalen“ Klänge, zum Beispiel ein einsames, aber effektives Klavier, sensibel und schön.
Zu den Stärken der Band gehört sicher, dass sie aus all den verschiedenen Ingredienzien, aus allen Stilen und Instrumenten, so stilsicher ihre Songs weben, dass keine Facette zu viel ist, sondern man einfach zuhören will. Schön gezeigt haben das zwei junge Konzertbesucherinnen, die vom sphärischen und hippiesken Sound berauscht, kleine Seifenblasen in die Luft gepustet und sich an den zerbrechlichen Gebilden erfreut haben. Es war faszinierend zu sehen, welche Breite an unterschiedlichen Klängen die Band ausgepackt hat und wie elegant Coco Rosie die verschiedenen Elemente zu einem Ganzen verstrickt haben, das ähnlich schillernd und oft so zerbrechlich schön war, wie die Seifenblasen. Die beiden Casady-Schwestern haben in der Roten Fabrik ihren Ruf als zwar schräge, aber auch atemberaubend gute Band klar bestätigt.