Magazin durchsuchen

Neuste Blogs

14. November 2010, 23:27 Konzert Music

Review: Lady Gaga @ Hallenstadion, 14. November 2010

Eray Müller - students.ch besuchte Lady Gaga im ausverkauften Hallenstadion Zürich und begutachtete das von ihr selbst als „Freakshow“ angekündigte Konzert. Ganz unrecht hatte sie nicht. Bereits vor dem Konzert machte sich das „Freakige“ auf der Bühne bemerkbar, als die New Yorker B...

students.ch besuchte Lady Gaga im ausverkauften Hallenstadion Zürich und begutachtete das von ihr selbst als „Freakshow“ angekündigte Konzert. Ganz unrecht hatte sie nicht. Bereits vor dem Konzert machte sich das „Freakige“ auf der Bühne bemerkbar, als die New Yorker Band Semi Precious Weapons den Abend eröffnete, eine Mischung zwischen 30 Seconds To Mars und Scissor Sisters. Ob sie gefallen oder nicht, eines muss man ihnen lassen, sie erfüllten ihre Aufgabe und heizten das Publikum auf. Dann ertönten einige Michael-Jackson-Songs während der Umbauphase. Musikalisch sicher nicht das Schlechteste am Abend.

Um 20.35 Uhr begann das Intro, eine moderne Diashow mit Countdown. Die Fans waren schon nicht mehr zu stoppen, bevor es überhaupt erst losging. Wer etwas anderes als eine minutiös durchgeplante Show erwartete, war fehl am Platz. Jeder Schritt und jede Handbewegung sassen. Die mit übergrossen Schulterpolstern ausgestattete Lady Gaga unterteilte ihre Show in vier Acts: City Act, Subway Act, Forest Act und Monster Ball Act. Jeder Act wurde optisch entsprechend umgesetzt. Los ging es mit Dance In The Dark, welchen sie hinter dem weissen Vorhang als Schattenspiel performte. Dann wollte sie das Auto reparieren, das rauchend auf der Bühne stand. Sie klappte die Motorhaube hoch, darunter versteckte sich ein Keyboard, auf welchem sie das Intro zu Just Dance spielte. Erinnerungen an RTL2 kamen hoch. Dann folgte eine Aerobic-Stunde auf dem Catwalk, welcher weit ins Hallenstadion ragte. Lady Gaga freute sich nach einem „Gruzi, Zurich“ über die „Normalen“ im Hallenstadion und bezeichnete sie als „kleine Monster “, die Freaks seien draussen, sagte sie. Wie man’s nimmt.

Der erste Act war rasch beendet. Überbrückt wurde die kurze Umbaupause mit einem eher unappetitlichen Video. Ob das wirklich sein muss, sei dahingestellt. Nun ja, man wusste ja, worauf man sich bei Lady Gaga einlässt. Der zweite Act war der Subway gewidmet. Das rauchende Auto war verschwunden und machte einem U-Bahn-Wagen Platz, in welchem die zahlreichen Tänzerinnen und Tänzer sich mehr oder weniger rhythmisch bewegten. Love Game erinnerte wieder an den Big-Brother-Sender. Musikalisch gab es nicht viel auszusetzen, die wichtigen Parts sang Lady Gaga sogar live. Dass nicht alles hundertprozentig live sein konnte, versteht sich bei den aufwändigen Tanzeinlagen und Choreografien von selbst, das war auch nicht weiter schlimm. Die wenigen Instrumente, die zu sehen waren, erinnerten an Figuren von H.R. Giger. Aber bei Lady Gaga geht es sowieso nicht um die Musik per se, sondern um die Inszenierung. Und diese hat sie im Griff. Ob als emanzipierte Frau oder als kleines, scheues, verstörtes Mädchen, Lady Gaga hat immer etwas zu bieten. Vor allem der Aufruf, alles zu verschmähen, das einem das Gefühl gibt, schlechter als die anderen zu sein, kam gut an. „Fühlt euch wie ein Superstar, denn als Superstar wurdet ihr geboren!“

Klein-Madonna widmete Boys Boys Boys den „Schwulboys“ im Publikum und führte auf englisch, auf deutsch und auf französisch weiter durch ihre Freakshow. Sie arbeite bereits an ihrem neuen Album, verriet sie: „It’s way better than the shit I’m playing tonight.“ Irgendwie sympathisch, diese kleine irre Frau. Bei Telephone scharrte Lady Gaga ein Dutzend Tänzer um sich und brachte die Stimmung auf ein nächstes Level. Unglaublich, wie das abging. Es folgte ein weiterer von gefühlten zwanzig Kostümwechseln und das Gägeli nahm am Flügel Platz, um Speechless anzustimmen. Sie widmete den Song „allen Musikkritikern, welche Popmusikerinnen als falsche Schlampen bezeichnen, die nicht live singen können.“ Die Ballade zeigte, dass sowohl musikalisch als auch stimmlich mehr in der zierlichen Frau mit der grossen Klappe steckt, als angenommen wird. Da übertrifft sie sogar das Original Madonna um Längen.

Dann folgte mit You And I ein neuer Song, eine Pianoballade mit grandiosem Gitarrensolo. Nach den zwei eher langsamen Songs ging es mit So Happy I Could Die wieder ab. Erneut gerieten die Fans in Ekstase, als Lady Gaga auf der Plattform über ihren Köpfen schwebte. Weiter ging es mit dem Forest Act. Der U-Bahn-Wagen war verschwunden und ein Wald mit skurrilen Bäumen wurde auf die Bühne gezaubert. Die Lady wurde ihrem Namen mehr als nur gerecht. Bei der Bandvorstellung konnten die Musiker ihre wahren Künste zeigen. Diese Showeinlage hätte ein wenig kürzer ausfallen können. Ein weiteres Highlight war Alejandro, welches von einer Geigerin begleitet wurde. Nach dem Little-Monsters-Manifesto folgte Pokerface, welches von den Fans bereits erwartet wurde. Sitzplätze wurden zu Stehplätzen und der Boden bebte. Zum letzten Mal fiel der Vorhang und der letzte Act wurde aufgebaut, der Monster Ball Act. Ein furchterregendes, riesiges Monster, das Fame-Monster, wurde zum Leben erweckt. Und Lady Gagas Brüste fingen Feuer, das ist doch einmal etwas anderes. Madonna hätte das nicht besser gekonnt. Mit Paparazzi und Bad Romance fand ein grandios und eindrücklich inszeniertes Musical nach zwei Stunden ein Ende.

Genau so vielfältig wie die Show war, so durchmischt war auch das Publikum. Gaga Ladies, Perückentragende, Perückenlose, Hetero-, Homo-, Bi- und Metrosexuelle, alle waren sie hier. Auch die Autofans von der Automesse, die nebenan stattfand, versammelten sich scharweise. Was Lady Gaga schafft, ist nicht selbstverständlich. Man kann sich über die Musik streiten, aber wer so viel Erfolg hat und Anerkennung findet, kann nicht alles falsch gemacht haben. Den 13'000 Besuchern gefiel’s, sie befolgten die Befehle der Diva und klatschten, tanzten und sangen lauthals mit.

Morgen Montag tritt Lady Gaga nochmals im Hallenstadion Zürich auf. Für das Konzert gibt es noch wenige Restkarten an der Abendkasse und an den Ticketcorner-Vorverkaufsstellen.

Bilder gibt es bei usgang.ch.

Weitere Informationen:
Lady Gaga Official

Kommentare
Login oder Registrieren