3. April 2008, 14:58 Kolumnen

Ameisen sind staatenbildende Insekten. Weltweit gibt es circa 12.000 Arten, 180 davon leben in Europa. Ameisen leben nicht in Grönland, Island, der Antarktis und Polynesien. Keine Sau weiss wieso. Ein Ameisenstaat kann mehrere Millionen Individuen umfassen, den grössten Teil machen die unfruchtbaren Weibchen aus (so ähnlich wird das zukünftige Europa aussehen). Von den 180 in Europa beheimateten Ameisenarten hat es eine in unsere Wohnung geschafft. Erst krabbelten zwei, drei sechsbeinige Soldaten im Badezimmer herum, die Vorhut eines riesigen Ameisenheers. Ich habe mich kurz in die Ameisenpsychologie eingelesen und geschlossen, dass, wenn ich diesen verflixten Spähern den Garaus mache, die Resttruppe begreift, dass unser Badezimmer gefährliches Terrain ist. Weit gefehlt. Obwohl sie Verluste beklagen mussten (und ich einen Hustenanfall wegen dem heftigen Insektenspray), eroberten sie das feindliche Gebiet. Und plötzlich waren sie überall. Im Wohnzimmer, im Schlafzimmer, im Gang und in meinen Klamotten. Beim Vanilleteetrinken im Rondell spürte ich ein angenehmes Kribbeln unter dem Pullover und stellte mit Entsetzen fest, dass es eigentlich ein unangenehmes Krabbeln war. Während ich über Nietzsche, Marx und Kant philosophierte, spazierte eine Ameise aus meinem Ärmel. Beim Starren auf den Bildschirm trübte eine patrouillierende Ameise auf meinen Brillengläsern den Blick. Beim Sandwich schmieren spähte eine Ameise unter dem Toast hervor. Aber jetzt fahr ich schwere Geschütze auf. Im Blumenladen habe ich mir für faire achtfrankenneunzig Ameisenfallen gekauft (und weil ich schon grad in der Stadt war noch 2 Trägerlibli, ein Top, 2 Pulli und eine Jacke), mit phänomenaler Wirkung, wie die Verkäuferin beteuerte. Jetzt kann ich nur noch warten und zusehen, wie der Ameisenstaat zugrunde geht. Und wenn’s nicht klappt, bleiben mir ja noch Grönland, Island, die Antarktis und Polynesien.

Bildquelle: www.beepworld.de